Im Tal der Mangobäume
Outback. Gelegentlich nahm sich einer ihrer Viehhüter einen unbezahlten schwarzen Jungen als Partner, und Slim hatte nichts dagegen. Zusätzliche Hilfe war nie verkehrt. Lena behielt den Jungen dann scharf im Auge, denn ihr war klar, dass es sich in Wirklichkeit um ein schwarzes Mädchen handelte, eine junge Aborigine-Frau in schäbiger Männerkluft, das Haar kurz geschoren, das Gesicht schüchtern unter einem Schlapphut verborgen. Was diese Männer taten, um Gesellschaft zu haben, ging sie nichts an, sagte sie immer.
»Aber sie behandeln ihr armes schwarzes Mädchen besser anständig. Sonst gibt’s Ärger!«
Auf diesem Viehtrieb war nur eine Schwarze dabei, Jacky. Nachts schlugen sie und ihr Kerl ihr Lager etwas abseits von den anderen auf, und keiner machte großes Aufheben deswegen.
Während sie darauf warteten, dass der Besitzer der angehenden Viehfarm mit den eigenen Männern erschien, errichteten Slims Männer Zäune, pferchten die Pferde ein und befreiten diese dann von den Fußfesseln, die für den Treck verwendet worden waren. Es war ein Zugeständnis an den Farmbesitzer, der diese Zäune für die eigenen Pferde brauchen würde. Tagsüber war es unter dem opalblauen Himmel noch immer heiß, aber nachts wurde es so kalt, dass sich die Männer daranmachten, eine Schutzhütte aus mit Lehm beworfenem Flechtwerk zu bauen, für die sie alle sehr dankbar waren, als sich die Tage hinzogen und vom Besitzer, bei dem es sich, wie Harry erfuhr, um einen gewissen Mr.Palliser handelte, immer noch nichts zu sehen war.
Slim machte sich Sorgen. »Palliser will hier eine Außenstation gründen. Seine Hauptfarm, Cameo Downs, beginnt siebzig Meilen nordöstlich von hier. Es ist ein großer Besitz, umfasst bereits tausend Quadratmeilen oder mehr. Aber er möchte gern noch die Flussebenen hinzunehmen.«
»Cameo Downs wird jetzt also bis zu diesem Fluss vergrößert?«, staunte Harry. »Wofür braucht dieser Palliser denn nur so viel Land?«
»Um noch mehr Rinder zu züchten!«, erwiderte Lena. »Allerdings sollte er inzwischen hier sein. Komm, ich zeige dir ein paar der Bäume, die sie gekennzeichnet haben. Auf die Art findet Slim diese Siedlungsgrundstücke überhaupt nur im Outback.«
Sie ritten zurück auf die Viehroute, und Lenas scharfes Auge entdeckte die markierten Bäume schon lange vor Harry. Sie deutete auf die ockerfarbenen Ameisenhügel, seltsame Monolithe, die verstreut in der Landschaft standen, manche davon fast zwei Meter hoch. »Auf denen findest du auch Markierungen.«
»Wo hört diese Außenstation denn dann auf?«, wollte er wissen.
»Nun, der Fluss ist die Grenze, und gleich dort drüben, bei der purpurnen Hügelkette, hat Palliser laut Slim dann Einhalt geboten. Das ist seine andere Grenze.«
Harry sah hinüber. »Wem gehört die andere Seite?«
»Wer immer sie markiert und sich darauf ansiedelt«, erwiderte sie. »Andererseits«, setzte sie leise hinzu und deutete mit dem Kopf zu der Hügelkette, »vielleicht auch nicht. Wir drehen besser um.«
Erst da sah Harry die drei Aborigines. Sie standen erhöht, gleich über ihnen. Ihre Körper waren so bemalt, dass sie in der Gruppe struppiger Gummibäume, in der sie standen, kaum auszumachen waren.
»Wir gehen leise davon.« Lena wendete ihr Pferd in Richtung des Lagers. »Erschreck sie nicht. Zeig ihnen, dass wir ihnen nichts Böses wollen. Reite einfach den Weg zurück.«
Harry fragte sich, was sie drei bärtigen Männern Böses antun konnten, wo Lena und er doch auf der Suche nach Markierungen ohne Gewehre losgezogen waren. Slim und ein paar Buschveteranen ermahnten immer alle, nie ohne Flinte loszuziehen, hauptsächlich wegen der Schlangen und anderer Buschgefahren, darunter auch den Wilden, wobei Harry Letzteres stets ein wenig übertrieben gefunden hatte.
Seitdem er mit der Schule fertig war, hatte er ständig mit Schwarzen zu tun gehabt. Als einfacher Farmgehilfe hatte er sich Arbeiten mit Aborigine-Jungen geteilt, und auch auf den großen Farmen, auf denen er, als er älter war, als Viehtreiber gearbeitet hatte, hatte es Aborigines gegeben, von denen sich viele als erstklassige Treiber und Reiter erwiesen hatten. Er hatte ihre Familien kennengelernt, ihre Stämme, hatte sich mit ihnen das Essen geteilt und am Lagerfeuer gesessen. Ihm war klar, dass ihnen übel mitgespielt wurde, und er hatte Verständnis für ihre Probleme. Sogar zu Korroboris war er eingeladen worden, und er hatte diese sehr genossen. Derart an die Gesellschaft Schwarzer
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