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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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teuer.«
    »Besser als auf den Straßen von Saigon, hey!«, sagte
Tran amüsiert, stieß Kim in die Rippen und erhielt einen zornigen Blick für seine Bemerkung.
    »Guck, jetzt gehen sie. Die Lichter sind aus«, bemerkte Su Lee. »Vielleicht kommen sie nicht wieder.«
    »Lasst uns das Abendessen bereiten«, sagte Kim.
    Sie marschierten hintereinander her und machten kein Geräusch auf dem verwahrlosten Boden der Weinkellerei, auf dem überall Holzstücke, Metallrohre und rostende Maschinenteile verstreut herumlagen. Tran hatte in der höhlenartigen Weinkellerei eine notdürftige Behausung für sie gezimmert. Mit rostigen Platten aus galvanisiertem Eisen und Holzlatten hatte er einen ungefähr sechs Quadratmeter großen Bereich abgetrennt. Sie schoben eine der Metallplatten zurück, duckten sich und krabbelten in ihre Einraumbehausung.
    Kim und Su Lee sorgten dafür, dass ihr ›Zuhause‹ makellos war. Der Boden wurde täglich gefegt, und die Matten und Decken, auf denen sie schliefen, wurden tagsüber aufgerollt und in eine Ecke gestellt, damit sich keine neugierigen Tiere und Insekten darin einnisten konnten. Ihr Komfort war minimal: ein Petroleumherd, einige Töpfe unterschiedlicher Größe und ein Wok, ein Metallkessel zum Wasserkochen, alte Obstkisten mit Drahttüren, in denen sie die nicht verderblichen Lebensmittel aufbewahrten, und ein kleiner Buddha-Schrein, der ständig mit Blumen und Kerzen geschmückt wurde. Die Kleidung wurde am Ufer des Flusses gewaschen, der sich durch das Weingut schlängelte, und an Seilen zum Trocknen aufgehängt, hoch genug, damit sich die drei ihre Köpfe nicht daran stießen.
    Während Tran die beiden Lampen anzündete, ihre einzige Lichtquelle in der Nacht, nahm Kim ein Holzbrett und begann, Gemüse und Hühnchenfleisch zu zerkleinern, das sie am Nachmittag in Nuriootpa gekauft hatte, um eine
Chinapfanne mit Nudeln zu machen. Su Lee hatte bereits drei Eimer Wasser vom Fluss geholt: einen zum Kochen und zwei zum Waschen.
    »Ich denke, wir gehen woanders hin«, beharrte Tran auf seinem Vorschlag. »Wir können im Winter nicht hierbleiben und uns den Arsch abfrieren. Außerdem gibt es nicht genug Arbeit im Valley, denn die Reben sind alle tot.«
    »Sei nicht so vulgär, Tran Loong«, ermahnte ihn Kim, und ihre dunklen Schlitzaugen blickten Su Lee vielsagend an. Ihre jüngere Schwester sprach nicht so gut Englisch wie sie oder Tran - Schwester Dina in Saigon hatte Kim die Sprache beigebracht -, aber wie die meisten Kinder lernte Su Lee ›schlimme‹ Wörter sehr schnell. »Es wird sehr kalt werden, und vor dem Winter müssen wir uns ein neues Zuhause suchen. Hast du die ganze Zeit wieder an dem Motorrad rumgebastelt?« Kim warf ihm einen giftigen Blick zu. »Geh ins Valley und such dir eine Arbeit.«
    Tran zuckte die Schultern. »Ich brauche Geld für ein neues Ersatzteil. Ich kann es gebraucht kriegen, es kostet nicht viel!«
    Kim hob eine Augenbraue. »Wie viel?«
    »Vierzig Dollar.«
    Auf einigen Weingütern war das beinahe der Wochenlohn für Teilzeit, dachte sie. Sie wusste aus Erfahrung, dass er wahrscheinlich fünf bis zehn Dollar zu den Kosten hinzudichtete, damit er etwas für sich übrig hatte. Sie unterdrückte ein Seufzen. Tran war ziemlich gerissen, wenn es um Geld ging. Sie griff nach dem Geldgürtel, den sie unter dem Rock um ihre Hüften trug, nahm zwei Zwanzigdollarscheine heraus und reichte sie ihm mit der Frage: »Kann das Motorrad mit einem neuen Ersatzteil wieder fahren?«
    »Wahrscheinlich«, sagte Tran zuversichtlich.

    Seit sie herausgefunden hatte, dass ihr Bruder eine Schwäche für Glücksspiele hatte - er war ihrem Vater sehr ähnlich -, trug sie das Geld an ihrem Körper, anstatt es irgendwo zu verstecken, falls er ihre Ersparnisse entdecken und verspielen würde, wie er es schon einmal getan hatte. Trotzdem konnte man Tran vertrauen, denn die meiste Zeit arbeitete er hart. Er war geschickt mit seinen Händen und konnte fast alles bauen. Eine andere Schwäche von ihm war, dass er, der gerade achtzehn war, zur Ungeduld neigte.
    Aber Kim verstand das. Auch sie war einmal achtzehn Jahre alt gewesen, obwohl das schon sehr lange her war. Damals hatte sie auf den Straßen von Saigon gelebt, nachdem sie mit neun Jahren an einen Bordellbesitzer verkauft worden war. Sie war mehrmals aus dem Bordell geflüchtet, doch man hatte sie immer wieder gefunden. Jedes Mal war sie verprügelt und erneut ins Bordell gesteckt worden. Mit siebzehn war sie mit etwas erspartem

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