Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
und quer durch die Halle ging. Er inspizierte die Balken aus Metall und den Boden, der zum Teil betoniert war. Dann kletterte er eine Leiter hinauf, die an der Wand lehnte, um die Dachsparren zu begutachten. Dabei ließ er die Fässer und die zur Weinherstellung benötigten
Geräte außer Acht, da diese nicht zu seinem Fachgebiet gehörten. Danach gesellte er sich zu Carla.
»Derjenige, der das Haus gebaut hat, hat erstklassige Arbeit geleistet. Das Gebäude scheint in einem ausgezeichneten Zustand zu sein. Die Materialien sind von bester Qualität und halten ewig. Ich denke nicht, dass Sie Probleme mit der Struktur haben. Aber Sie sollten einen Weinbauspezialisten kontaktieren, der sich mal die Geräte für die Weinherstellung ansieht.«
»Angie hat sich bereits darum gekümmert. Sie kennt jemanden in der Forschungsabteilung, der sich die Sache morgen anschaut.«
Er musterte sie nachdenklich. »Ich nehme an, dass Sie es ernst damit meinen, das Weingut neu zu starten, und nicht nur im Cottage wohnen wollen?«
Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, aber sie antwortete ihm trotzdem. »Völlig ernst.«
»Glauben Sie, das wird den Stenmarks gefallen?«
Sie hätte Anstoß an seiner Neugier nehmen können, aber sein Gesichtsausdruck und die Art und Weise, wie er sich um alles kümmerte, gab ihr zu verstehen, dass sein Interesse aufrichtig war. »Wahrscheinlich nicht.« Ihre Antwort war ehrlich. »Sie haben bereits verkündet, dass ich hier nicht willkommen bin.« Sie zuckte die Schultern, um anzudeuten, dass die Meinung ihrer Verwandten nicht wichtig war. »Unser Leben ist sehr schwer, seitdem mein Mann gestorben ist. Wir können kaum die Rechnungen bezahlen, weil meine Karriere als Lehrerin beschränkt ist. Ich betrachte das Weingut als Möglichkeit, das zu bekommen, was ich in Christchurch nicht bekommen kann. Dad hat es wohl behalten, um uns drei finanziell abzusichern.«
»Aber Sie könnten ein großes Risiko eingehen.«
Carla schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln. Sie blickte zu
ihm auf - eine ziemliche Entfernung, weil er so groß war - und betrachtete sein Gesicht. »Das weiß ich.« Über den Risikofaktor hatte sie viele Stunden lang nachgegrübelt. »Ein großer Gewinn, nicht nur in finanzieller Hinsicht, verlangt ein großes Risiko. Das bedeutet drei bis fünf Jahre harte Arbeit für Angie und mich, aber wenn die Weinstöcke wieder Ernten hervorbringen, wird unser Leben garantiert angenehmer sein.« Sie lächelte erneut, fast träumerisch. »Das ist ein Ziel, auf das man sich freuen kann.«
»Da haben Sie recht«, sagte Paul mit einem Nicken und fragte dann: »Wollen Sie weiterhin den Namen Krugerhoff benutzen? Vielleicht wäre es Zeit, das Weingut umzubenennen.« Er hielt einen Moment inne, um seine Gedanken zu ordnen. »Vielleicht ein Name, der mehr australisch und nicht so deutsch klingt; die anderen Weingüter heißen Jacob’s Creek, Jackson’s Landing, Bethany Wines, es gibt so viele davon. Wenn neue Besitzer ein bereits existierendes Weingut übernehmen, denken sie sich oft einen neuen Namen aus.«
»An einen Namenswechsel habe ich noch gar nicht gedacht.« Vielleicht wäre das sinnvoll. Ein neues Projekt, ein neuer Name. Paul hatte recht. Sie würde mit Angie darüber reden und ihre Meinung zu diesem Thema hören.
»Die Menschen im Valley kennen diesen Ort unter dem Namen Krugerhoff, aber das Weingut hat nie einen Jahrgangswein vermarktet oder eine einzige Flasche Wein verkauft.«
»Das stimmt.« Aus Neugier warf sie ihm einen fragenden Blick zu. »Haben Sie einen Vorschlag?«
»Mhm, lassen Sie mich darüber nachdenken.« Sein kantiges Gesicht, das nicht unbedingt attraktiv war, in dem jedoch eine natürliche Stärke lag, bekam einen versonnenen Ausdruck. Er schaute einige Sekunden lang auf Carlas rotes
Haar hinab. Dann schweifte sein Blick über die wild wuchernden Weinstöcke, die bereits ihre Blätter abwarfen. Dort, wo der Fluss durch das Grundstück floss, standen einige hohe Gummibäume. Es war bereits später Nachmittag, und das Buschland und der Himmel hatten eine leichte aprikosenfarbene Tönung. »Wie wär’s mit Hunter’s Crossing ? Ihr Nachname ist Hunter, und der Fluss kreuzt zweimal Ihr Grundstück. Wie gefällt Ihnen der Name? Nein«, fuhr er rasch fort, ehe sie ihm eine Antwort geben konnte, »noch besser, was halten Sie von Sundown Crossing ?« Er grinste zufrieden. »Einen australischer klingenden Namen werden Sie kaum finden.«
Carlas Blick schweifte zu den
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