Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga
den Augenbrauen, was sie immer dann tat, wenn sie etwas Besonderes ausgeheckt hatte. »Bis jetzt läuft alles sehr gut.«
»Und die Stenmarks?«
Angie zuckte die Schultern. »Habe kein Sterbenswörtchen von ihnen gehört. Paul sagte, dass sie allen aufgetragen haben, uns das Leben schwer zu machen. Ich habe die meisten Sachen bar bezahlt, denn die Händler wollen nicht, dass Sundown Crossing etwas auf Kredit kauft.«
Carla stieß einen Seufzer aus. »Aber was für einen Grund geben sie an?«
»Dass wir neu und sozusagen noch nicht kreditwürdig sind. Die üblichen Methoden. Rhein-Schloss hat im Valley eine Menge Einfluss, aber es gibt keinen Beweis dafür, dass die Stenmarks dahinterstecken.«
»Das hätten wir uns denken können. Unsere Anwesenheit und was wir hier tun ist eine Blamage für sie.« Carla setzte schnaufend hinzu: »Wir können nur hoffen, dass das Geld ausreicht.«
Wenn Carla schon über den Eingang zum Weingut beeindruckt war, so war sie noch viel beeindruckter, als sie sah, dass die Rebstöcke teilweise auf Vordermann gebracht waren, die Weinkellerei gründlich gesäubert worden war und der Ort nicht nur funktionstüchtig wirkte, sondern wie ein erfolgreiches Unternehmen. Die zu einem Büro umgebaute Garage beherbergte drei Schreibtische und Aktenschränke, alle aus zweiter Hand, und überraschenderweise einen Computer mit Drucker. Danach zeigte Angie ihr den Wohnwagen, in dem die Loongs jetzt lebten.
»Wir haben eine Weile gebraucht, um den geeigneten zu finden. Paul hat uns geholfen. Er hat mich rumkutschiert, damit ich mir einige ansehen konnte.«
Der Wohnwagen war riesig, über acht Meter lang und
zweieinhalb Meter breit mit einem zwei Meter hohen Reisigzaun davor, um die Privatsphäre zu schützen. Kim und Su Lee hatten schon einen Gemüsegarten angelegt, und an der Seite stand Trans Motorrad, über das er ein Segeltuch gebreitet hatte.
»Alle Geräte in der Weinkellerei funktionieren«, sagte Angie. »Der Techniker hat die verschiedenen Maschinenteile überprüft. Der alte Otto hat gute Arbeit geleistet, denn er hat sie ständig gewartet, so dass sie nach der Ernte ohne weiteres in Betrieb genommen werden können.«
Angie hob sich die Weinstöcke für zuletzt auf. So viel war geschafft worden, dass es Carla fast schwindlig war. Von dem ehemaligen Chaos war bereits ein Drittel aufgeräumt, und neue Spaliere waren aufgestellt worden, um die Reben zu stützen. Vier Leute, darunter Kim und Tran, arbeiteten jede Reihe durch, beschnitten die Weinstöcke, entfernten die abgestorbenen Teile und stellten nach Bedarf weitere Spaliere auf.
»Der heftige Regen hat unsere Arbeit verzögert, aber ich nehme an, dass die Reben rechtzeitig zurückgeschnitten und für die Bestäubung im Frühling bereit sind«, erklärte Angie. »Und hinter dem Fluss steht ein Traktor, mit dem noch weitere Flächen gerodet werden können, um neue Reben anzupflanzen. Es wird noch einige Monate dauern, bis das ganze Grundstück bepflanzt ist. Das heißt«, sie wiederholte das, was Carla zuvor bereits gesagt hatte, »wenn das Geld ausreicht.«
»Sobald Sam in der Schule ist, werde ich mich nach einer Stelle als Lehrerin umsehen. Ein kleines Nebeneinkommen würde uns helfen. Wenn wir mehr Geld brauchen, gehe ich zur Bank.«
Angie schüttelte ernst den Kopf. »Ein Darlehen sollte
nur die letzte Möglichkeit sein. Ich möchte, dass wir auf die Beine kommen, ohne uns zu verschulden.«
Carla legte den Arm um Angies Schultern und sagte inbrünstig: »Gott sei gelobt, wenn wir das erreichen.«
Von seinem Aussichtspunkt auf einer Anhöhe über dem Weingut, im hohen Gebüsch versteckt, beobachtete Josh Aldrich durch sein Fernglas, was auf Sundown Crossing vor sich ging. Ob es ihm gefiel oder nicht, er war beeindruckt davon, wie viel diese Eindringlinge in so kurzer Zeit erreicht hatten. Sundown Crossing. Er mochte den Namen, den Carla für ihr Projekt ausgesucht hatte, was ihr langfristig gesehen allerdings nicht viel helfen würde. Sie und diese Angie mochten ja alle möglichen Dinge mit dem Weingut veranstalten, aber der alte Carl wollte unbedingt, dass seine Enkelin scheiterte. Also verschwendeten sie lediglich ihre Zeit und ihr Geld.
Manchmal hatte er den Eindruck, dass das Einzige, was den alten Mann morgens aufstehen ließ, sein Hass war. Jetzt hatte er die Möglichkeit, sein Gift gezielt zu verspritzen. Was eigentlich schade war. Carla war wirklich eine außergewöhnliche Frau. Er glaubte nicht, dass er sich
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