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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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völlig überrumpelte Greta spontan reagierte und ihre Hand schüttelte, war jedoch nicht weiter überrascht, dass sie stumm blieb. Carlas herausfordernder Blick wanderte von einem Stenmark zum anderen, bis er auf ihren Großvater fiel, der mit dem Rücken zu ihr stehen geblieben war. In ihrer Stimme lag ein flehender Unterton, als sie sagte: »Großvater...«
    Carl drehte sich um. Innerhalb von wenigen Sekunden änderte sich sein Gesichtsausdruck von Überraschung zu Verblüffung - die Ähnlichkeit seiner Enkelin mit Anna Louise war unverkennbar. Als er die Kontrolle wiedererlangte, erstarrte sein Gesicht zu einer undurchdringlichen Maske. Seine vor Zorn weit geöffneten blauen Augen, die sich in Carlas Augen widerspiegelten, bohrten sich in ihre. Eine Ewigkeit verging - in Wirklichkeit nur ein paar Sekunden -, während derer er seine Enkelin fixierte. Sein Kopf ruckte ablehnend hin und her - wortlos wies er sie ab.

    » Großvater «, sagte Carla erneut. Diesmal hatte sie nicht den Mut zu lächeln.
    »Wie kannst du es wagen, ihn einfach anzusprechen?«, zischte Lisel sie außer sich vor Zorn an. »Bist du so dickhäutig oder dämlich, dass du nicht erkennst, dass er nichts mit dir zu tun haben will?«
    »Erst wenn mein Großvater mir das selbst sagt, dann glaube ich ihm.« Carla zeigte auf Lisel. »Aber wenn du es sagst, glaube ich dir kein Wort.«
    »Du dumme Kuh. Nennst du mich etwa eine Lügnerin?«
    Paul, der hinter Carla stand, legte besänftigend die Hände auf ihre Schultern, falls es zu einem Handgemenge kommen sollte.
    »Lisel, Carla«, versuchte Luke die beiden Frauen zu beruhigen. »Dies ist weder der Zeitpunkt noch der Ort für eine derartige Diskussion.«
    »Stimmt«, erwiderte Carla. Trotzig hob sie das Kinn, und sie sagte zu Luke. »Nenn mir den Zeitpunkt und den Ort...«
    Jetzt endlich redete Carl Stenmark. »Genug! Auf der Stelle!« Er ließ seinen Blick über Carla schweifen. »Ich weiß, wer du bist. Ein unverschämter Emporkömmling, der sich etwas vormacht. Du glaubst, dass das Barossa Valley dein neues Zuhause ist und du hier willkommen bist.« Seine Stimme, die gebieterisch und laut sein konnte, übertönte alle anderen. »Mein Enkel hält dich für intelligent.« Sein Blick schweifte zu Luke und dann wieder zu Carla. »Ich glaube nicht, dass das stimmt. Ein intelligenter Mensch weiß, wann er vorwärtsgehen oder sich zurückziehen muss, wie man Schadensbegrenzung betreibt und weiter vorankommt.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zeigte er mit dem Zeigefinger auf sie. »Es
wurde bereits angedeutet, dass du im Valley nicht akzeptiert wirst, und es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis dein jämmerliches Unternehmen scheitert und du bankrott bist. Wenn du jetzt gehst, könntest du wahrscheinlich noch einiges retten. Wenn du bleibst, wirst du alles verlieren.«
    »Ganz ruhig, Carl«, mischte Paul sich vermittelnd ein. »Ich finde, das klingt sehr bedrohlich.«
    »Halten Sie sich da raus.« Carl starrte den Architekten herrisch an. »Das geht Sie gar nichts an. Kümmern Sie sich um das, worin Sie gut sind, Paul, den Bau von Häusern und Weinkellereien, und nicht um die Lokalpolitik.«
    »Ich bin die Tochter deines Sohnes Rolfe. Bedeutet dir das denn gar nichts?« Zu ihrer Schande gelang es Carla nicht, den flehenden Ton in ihrer Stimme zu unterdrücken. Sie näherte sich ihrem Großvater, bis sich beide nahe gegenüberstanden. Dann bemerkte sie, dass Paul ihr gefolgt war und dass seine Hände noch immer leicht auf ihrer Schulter lagen. Irgendwie, dachte sie, und der Gedanke bohrte sich in ihr Unterbewusstsein, war es tröstlich, dass er da war und ihr beistand.
    Für einen kurzen Moment konnten Carla und ihr Großvater den Blick nicht voneinander lösen. In den Tiefen seiner Augen sah Carla die Sorgen, den Schmerz, den die Erinnerung mit sich brachte, und die Ungewissheit, und schließlich verzog er den Mund, und seine Augen wurden hart. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Er war größer als Luke und fast genauso groß wie Paul. Eine beeindruckende Gestalt. Seine Gesichtszüge waren wie aus Stein gemeißelt, während er sie unversöhnlich zurückwies.
    »Ich hatte nur einen Sohn«, dröhnte er mit tiefer, strenger Stimme. »Er hieß Kurt. Er ist vor langer Zeit gestorben.« Damit schickte er sich zum Gehen an.
    Über alle Maßen verletzt, schlug Carla auf die einzige
Art und Weise, die sie kannte, zurück, nämlich mit Worten. »Vorhin hast du das Wort jämmerlich benutzt.

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