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Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
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gegenüber, atemlos, die Hände an den Seiten herabhängend, und beobachteten meinen Vater und Mrs. Simms beim Tanzen. Da deutete Jude mit den Armen eine Walzerbewegung an. »Sollen wir?«
    Ich blickte zu Lillian hinüber. Sie sah in die andere Richtung und plauderte mit Ruth Samuels, die auf ihrer Farm Bio-Karotten anbaute. »Hätte Lillian nichts dagegen?«
    Er zuckte mit den Achseln, legte eine Hand um meine Taille
und führte mich über die Tanzfläche. Während wir uns drehten, betrachtete ich über seine Schulter hinweg die Nachbarn, die ich schon mein ganzes Leben kannte und die Dosenbier und Wein aus Plastikbechern tranken und sich durch den Lärm anschrien. Mr. Simms, der aufgrund seiner Arthritis nicht mehr ohne Schmerzen tanzen konnte. Sandra Henderson, die mir in der fünften Klasse einmal einen Zettel mit Schwertransporter auf den Rücken geklebt hatte. Onkel Dan, der Bruder meiner Mutter, der mit gerötetem Gesicht und vom Kokanee-Bier beschwipst über den Tisch hinweg Mrs. Randalls anflirtete. Er zwinkerte mir verschwörerisch zu, als er mich dabei ertappte, wie ich in seine Richtung sah.
    Judes Wange streifte meine. »Du riechst nach Keksen«, sagte er. »Nach Vanille.«
    Die Stelle an seiner Schulter, an der ich ihn hielt, war feucht vom Schweiß. Seine Hand lag heiß in meiner. Ich spürte seine Männlichkeit gegen meinen Oberschenkel schwellen, bevor Jude einen Schritt zurückging, um etwas Raum zwischen uns zu bringen.

11.
    ES GAB EINEN Grund, weshalb ich Fudge so liebte: wegen des köstlichen Gefühls, wenn ich den kleinen Ball bei der Zubereitung im kalten Wasser zwischen meinen Fingern hin- und herrollte, wegen der weichen, klebrigen Konsistenz zwischen meinen Zähnen. Dem ersten süßen Bissen. Sobald der Teig fertig war, stellte ich die Pfanne in das mit kaltem Wasser gefüllte Spülbecken und fügte anschließend die Butter und die Vanille hinzu, bevor ich alles verrührte. Wenn die Karamellmasse plötzlich eindickte, heller wurde und ihren Glanz verlor, gab ich sie in eine eingefettete Pfanne.
    Ich schaute noch einmal nach Jeremy und dann nach Ezra, um sicherzugehen, dass beide fest schliefen, holte rasch Judes Kiste, den Fudge und den großen braunen Umschlag mit den Unterlagen meines Großvaters, schlüpfte aus der Haustür und folgte dem Pfad über die Felder. Ein Wasserbomber, der wohl gerade die Nachtschicht hatte, flog mit einem lauten Dröhnen tief über meinem Kopf hinweg. Doch das Feuer breitete sich weiterhin aus, fraß sich durch die Schutzvorrichtungen, die die Feuerwehrleute um den Brandherd gelegt hatten, kam immer näher den Berghang hinab.
    Judes Schuppen mit dem Brennofen befand sich neben seiner Werkstatt, war offen geschnitten und erinnerte mich
an die Großküchen in Nationalparks. An drei Seiten konnten große Garagentüren geöffnet werden, um die Luft ungehindert hindurchfließen zu lassen. Auf den Regalen standen glasierte Töpfe und Vasen, bereit für den Raku-Brand. Einige fertige Teile thronten bereits auf den obersten Regalen.
    In dem offen stehenden Brennofen schienen die Keramikgefäße durchsichtig zu werden, während die Glasur auf der Oberfläche verschwamm. Mit einer geschwärzten Zange packte Jude eine der Vasen und trug sie zu einem galvanisierten Mülleimer. Er hatte ein flammenfestes rotes Nomex-Hemd an und schwere Kevlar-Handschuhe, die ihm bis zu den Oberarmen gingen. Eine Stoffmaske hing um seinen Hals, die er jedoch beim Arbeiten nicht benutzte. Sein Haar war zerzaust wie eh und je, aber in letzter Zeit hatten sich graue Strähnen hineingeschlichen.
    »Hat dir schon mal jemand gesagt, welch verblüffende Ähnlichkeit zwischen dir und Harrison Ford besteht?«
    Er wirbelte grinsend herum. »Nur du.« Er zog ein weiteres Gefäß aus dem Brennofen, stellte es in einen Mülleimer und stopfte Zeitungspapier hinein, während Flammen über seine behandschuhten Hände leckten. »Ich hatte nicht geglaubt, dass du kommen würdest. Ich meine, wie hätte ich annehmen können, dass du kommst? Aber hier bist du.«
    »Es hat ein bisschen gedauert, bis ich wieder einen klaren Kopf hatte. Ich habe gerade Fudge gemacht.«
    »Du hast mitten in der Nacht Fudge gemacht!«
    »Und du arbeitest am Brennofen, obwohl wir jederzeit evakuiert werden könnten!«
    »Was sollen wir denn auch sonst tun? Unser Leben auf Eis legen? Meine Schwester hat mich gestern aus Vancouver angerufen, und ich habe ihr erzählt, dass ich gerade Linguini
auf dem Herd habe, und sie fragte

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