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Im Tal der Schmetterlinge

Titel: Im Tal der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Anderson-Dargatz
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anschließend sind Valentine und dein Vater in die Stadt gefahren und haben DeWitt, dem damaligen Polizisten hier in der Gegend, von ihrem Fund berichtet, der daraufhin den Armeestützpunkt in Vernon anrief. Dann sind sie zurück nach Hause gefahren und haben zu Mittag gegessen. An diesem Nachmittag kreuzten drei Soldaten bei uns auf, und Valentine, Gus, mein Vater und ich führten sie den Berg hinauf. Einer der Männer war stark beleibt, muss ein Schreibtischhengst gewesen sein. Er schaffte es gerade mal bis zum Bach, bevor er nach nur einem Viertel der Strecke aufgab und sich erschöpft hinsetzte. Die anderen beiden zerrten den Ballon aus dem Baum und zerlegten ihn. Sie behielten jedoch den Metallring von der Unterseite, mit all den Drähten. Einer der Männer nannte das Gebilde den Kronleuchter, wahrscheinlich weil es vom Ballon herabgehangen hatte, als er am Himmel schwebte. Dann warfen sie den Rest auf einen Haufen und jagten alles in die Luft. Gütiger Himmel, das war vielleicht ein Lärm! Die Explosion brachte Häuser zum Erbeben, die viele Meilen entfernt standen. Mein Vater fiel zu Boden und hielt sich weinend den Kopf.«
    Meine Mutter starrte mich mit gespenstisch weit aufgerissenen Augen an, so dass das Weiße ihrer Augen hervorstach. »Oh, Kat, es war schrecklich, ihm zusehen zu müssen! Mein Vater glaubte, wieder im Krieg zu sein, mitten im Kampfgeschehen zu stecken. Er konnte nicht gehen, so stark zitterte
er. Aber diese verdammten Armeeleute haben ihn nur ausgelacht. Valentine, dein Vater und ich mussten ihn ohne ihre Hilfe den Berg hinunterschleppen, während er schreiend um sich schlug. Als wir ihn schließlich nach Hause brachten, machte ihm meine Mutter zur Beruhigung Fudge, wie so oft, wenn er aufgeregt war. Der Mann liebte Süßigkeiten. Sobald er sich wieder gefangen hatte, ging Valentine übers Feld nach Hause, und Gus zog sich in die Hütte zurück, in der damals die Lohnarbeiter wohnten, um ein Nickerchen zu machen.«
    Sie blickte zu den Bergen. »Später an jenem Abend hat mich mein Vater zuerst nicht bemerkt, als ich seine Tasse auffüllen wollte. Ich muss ihn wohl erschreckt haben, denn er hat mir die Teekanne aus der Hand geschlagen. Kochendes Wasser spritzte auf mein Kleid und ergoss sich über den Boden. Sein Gesicht war leichenblass, und seine Augen quollen vor Todesangst heraus. Er schlotterte fürchterlich. Dann schnappte er sich seine Winchester vom Gewehrständer über der Tür und zielte damit auf mich. Ich bin überzeugt, dass er in dem Moment nicht den blassesten Schimmer hatte, wer ich war. Meine Mutter baute sich zwischen mir und der Waffe auf und flüsterte: ›Sag kein Wort, geh ganz langsam in dein Zimmer und pack deine Sachen.‹ Während ich gehorchte, konnte ich hören, wie sie sehr leise mit ihm redete und ihn beruhigte, so wie sie es immer tat. Sobald ich mit meiner Reisetasche heraustrat, hatte sie ihre auch bereits gepackt. Mein Vater lag auf seinem Bett. Sie sagte: ›Lass uns gehen‹, und führte mich die Straße hinab. Doch wir hatten noch nicht einmal das Tor erreicht, als mein Vater uns einholte, mit dem Gewehr auf uns zielte und uns befahl, stehen zu bleiben.«
    Meine Mutter drehte sich zu mir um. »Genau dieses Szenario
hatte meine Mutter bei jedem Fluchtgedanken längst vorausgeahnt. Das Gewehr. Als meine Mutter nicht augenblicklich stehen blieb, feuerte mein Vater einen Schuss über ihren Kopf ab. Gus kam in seinen langen Unterhosen aus seiner Hütte gerannt, um nachzusehen, was los war, und auch Valentine hastete bereits übers Feld auf uns zu. Er wusste, wozu mein Vater fähig war. Da richtete mein Vater die Waffe auf Gus. Oh! Ich kann mich an diesen Abend erinnern, als wäre es gestern passiert. ›Wenn du jemanden erschießen willst, dann erschieß mich‹, rief Valentine ihm zu. Mein Vater richtete das Gewehr nun auf Valentine, und ich konnte sehen, wie er tatsächlich darüber nachdachte, ihn zu erschießen. Valentine hat sich jedoch nicht einschüchtern lassen und ist weiter mit ausgestreckten Händen auf ihn zugegangen. In dem Moment schlüpfte meine Mutter heimlich hinters Haus und lief rüber zu den Petersons, um Hilfe zu holen. Ich war wie erstarrt und hatte schreckliche Angst. Mir blieb nichts anderes übrig als hilflos zuzuschauen. Gus ist ebenfalls auf meinen Vater zugegangen, mit ausgestreckten Händen, genau wie Valentine, und mein Vater schwenkte das Gewehr zurück auf Gus, dann auf Valentine und wieder auf Gus. Die ganze Zeit über wich

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