Im Tal der Schmetterlinge
mein Vater zurück, in Richtung des Hauses, und sie kamen immer näher und näher.«
Meine Mutter drückte ihr Gesicht ins Fell der Katze. »Es war dumm von ihnen, ihn derart in die Enge zu treiben. Mein Vater prallte gegen die Veranda und schoss auf Valentine, verfehlte ihn jedoch. Gus stürzte sich auf ihn, riss Dad zu Boden und trat die Waffe mit dem Fuß weg. Während Gus meinen Vater festhielt, hob Valentine das Gewehr auf und zielte auf ihn, bis die Polizei mit laut heulender Sirene und Blaulicht die Auffahrt heraufgerast kam. Dann verfrachteten sie meinen
Vater ein weiteres Mal nach Essondale. Er war ein Jahr lang fort. Als er zurückkehrte, waren dein Vater und ich verheiratet und Val geboren, und es gab nichts, was er noch dagegen hätte tun können.«
Ich beobachtete Ezra eine Weile, während er einen zweiten Sprinkler in der Nähe des Hauses aufstellte und am Wasserhahn neben den Stufen anschloss. Jeremy trippelte hinter ihm her. »Ich verstehe einfach nicht, weshalb deine Mutter ihn überhaupt geheiratet hat. Er war doch bereits verwundet, als sie sich kennenlernten, nicht wahr?«
Sie nickte. »Ein Teil seines Schädels war von den Granaten weggebombt worden, die ihn zuerst verschüttet und dann wieder freigegeben hatten. Meine Mutter hat mir erzählt, dass kleinere Granatsplitter noch in seinem Gehirn steckten. Ich stellte sie mir wie etwas Lebendiges vor, das ihn von innen auffraß, wie Maden.«
»Warum brachte sie sich dann in diese Lage, in der sie sich ein ganzes Leben lang um einen Mann kümmern muss, obwohl sie weiß, welche Bürde sie auf sich nimmt?«
»Oh, ich weiß nicht, wie viel sie damals wirklich wussten. Sie wussten nicht viel über Gehirnverletzungen und hatten sicherlich nie etwas von Kriegsneurosen gehört. Zur Strafe banden sie die Männer immer noch an Pfosten, in Schussweite des Feindes, damit sie von Kugeln durchsiebt wurden. Man behandelte sie wie Deserteure, Verräter. Doch die Situation an sich war meiner Mutter wahrscheinlich nicht fremd. Ihre Eltern waren in Moms eigener Jugend sehr krank, und sie pflegte die beiden bis zu ihrem Tode. Sie hatte sich so lange um sie gekümmert, dass sie kein anderes Leben kannte. Also gab ihr die Krankheit meines Vaters eine neue Aufgabe. Und dennoch bin ich sicher, dass sie sich unzählige Male wünschte, ihn nicht geheiratet zu haben.«
Ich blickte zu den Rauchwolken, die über die Ptarmigan Hills hinwegfegten. »Denkst du, es war für sie eine Erleichterung, als dein Vater schließlich in den Bergen starb?« Meine Mutter sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Beschwichtigend fügte ich hinzu: »Val hat mir gestern Abend davon erzählt.«
»Was hat dir Val erzählt?«
»Dass er dort oben verschollen ist und nie wieder aufgetaucht ist.« Da sie nichts erwiderte, fuhr ich rasch fort: »Mir geht einfach nicht in den Kopf, warum du geglaubt hast, mich deshalb anlügen zu müssen.«
»Ich wollte an die Zeit nicht erinnert werden. Ich wusste, du würdest Fragen stellen.« Das Kätzchen wand sich in ihren Händen, und sie setzte es sanft auf dem Boden ab. »Noch lange nach dem Verschwinden meines Vaters ging es mir schlecht. Mein Blitzarm tat Dinge, schreckliche Dinge.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
Sie verschränkte die Arme, starrte eine Weile aus dem Fenster und sah Jeremy zu, wie er immer wieder durch die Sprinkleranlage rannte. »Eines Nachmittags kam Val aus der Schule nach Hause, und ich bat sie, den Abwasch zu erledigen, doch sie weigerte sich und sagte: ›Warum machst du’s nicht selbst? Du machst gar nichts mehr im Haushalt!‹ Das war alles. Mein Blitzarm packte Vals Hand, und sie ging in die Knie. Ihre Finger glitten einer nach dem anderen aus meiner festen Umklammerung, bis ich nur noch ihren kleinen Finger hielt und mir dann dabei zusah, wie ich ihn nach hinten bog, so als würde ein Fremder es tun. Auf einmal war ein schreckliches Knacken zu hören, dann ihre Schreie und schließlich dein Brüllen, weil du aus dem Schlaf gerissen worden warst. Gus zog mich fort. Er musste mich von hinten umklammern, damit ich Val endlich freigab.« Sie drehte sich wieder zu mir
um. »Ich habe ihr den Finger gebrochen, Kat. Ich hätte ihr noch viel Schlimmeres angetan, wenn Gus mich nicht zurückgehalten hätte.«
Ich wandte mich ab und schaute aus dem Fenster. Übelkeit stieg in mir hoch. »Großer Gott, Mom!«
»Wenn ich von dir wegging, dann habe ich dich nicht im Stich gelassen. Sondern das waren die Zeiten, in denen ich Angst vor
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