Im Tal der Sehnsucht
deinem Feigling von Bruder …“
„Er ist kein Feigling“, unterbrach sie ihn heftig. „Er wollte den Schmuck selbst zurückbringen.“
Das ignorierte Boyd einfach. „Soll ich dir noch etwas über Robbie sagen?“, fragte er. „Er ist bis über beide Ohren verschuldet.“
„Wirklich?“ Sie war zutiefst erschüttert.
„Wusstest du das nicht?“
„Nun, er erzählt mir nicht alles …“
„Robbie hat sich mit Typen eingelassen, die man nur als Verbrecher bezeichnen kann. Sie haben es genau auf Leute wie ihn abgesehen … reiche Nichtstuer, mit denen sie leichtes Spiel haben.“
„Gütiger Himmel!“ Leona schlug beide Hände vor das Gesicht. „Daran bin ich schuld.“
„Zumindest nicht ganz unschuldig.“ Boyd nickte. „Du deckst ihn seit Jahren. Wo ist er übrigens? Und bitte … lüg mich nicht an.
„Er ist in meinem Zimmer“, sagte sie kleinlaut.
„Hat er sich unter deinem Bett versteckt?“
Sie ignorierte den Spott. „Du weißt doch, warum er in Schwierigkeiten gerät.“ Leona wollte Robbie wenigstens teilweise reinwaschen.
„Soweit ich sehe, hat er eine Identitätskrise.“
„Genau das ist es. Sein Vater hat ihn verlassen, und Dad kann kein Verhältnis zu ihm aufbauen. Er kümmert sich ja kaum um mich, seine leibliche Tochter! Und was Delia betrifft … Schlimmer als eine Rabenmutter. Robbie hat viel gelitten.“
„Red keinen Blödsinn!“, entgegnete Boyd scharf. „Robbie schwelgt in Selbstmitleid, obwohl gut für ihn gesorgt wird. Seine Bezüge sind ausreichend hoch, aber er kauft ein, ohne zu bezahlen. Angeblich studiert er, aber es kommt nicht mehr dabei heraus als ein guter Leichtathlet und mäßiger Polospieler, der ziemlich attraktiv ist und sogar Verstand besitzt. Er kann einem wirklich in der Seele leidtun.“
„Was schlägst du vor?“, flüsterte Leona.
„Na, was wohl? Ich werde ihn brutal zusammenschlagen.“
„Das würdest du niemals tun!“
„Weil es nichts nützen würde.“ Boyd zuckte die Schultern. „Sag Robbie, dass ich ihn morgen früh um Punkt zehn Uhr in der Halle erwarte. Wir werden einen schönen, langen Spaziergang machen.“
„Oh, danke, Boyd!“
„Das ist noch nicht alles“, fuhr er fort. „Was ich vorhin gesagt habe, war ernst gemeint und kein Theater für Jinty. Du wirst eine bezaubernde Braut sein. Meine Braut. Du gehörst zu mir und keinem anderen. Betrachte es meinetwegen als geschäftliche Abmachung. Robbie bekommt eine letzte Chance, und dafür heiratest du mich. Du bist die einzige Frau, die mir gibt, wonach ich mich sehne.“
Je länger Leona zuhörte, desto wütender wurde sie. So wütend, dass sie sogar zu stottern anfing. „W…würdest du mir b…bitte sagen, warum du mich willst?“ Ihre grünen Augen funkelten, und das Blut stieg ihr in die Wangen. Bildete er sich wirklich ein, dass sie diesem absurden Plan zustimmte? Robbie hin oder her … nie im Leben würde sie einen Antrag annehmen, der nicht mehr als ein diktierter Vertrag war. „Glaubst du, du kannst einfach über mich verfügen?“
Statt zu antworten, legte Boyd beide Hände um ihr erhitztes Gesicht und küsste sie so intensiv, dass es fast wehtat. Es war, als wollte er mit diesem Kuss etwas besiegeln.
„Darum geht es“, sagte er dann mit Nachdruck. „Nur darum.“
„Aber das ist Erpressung!“ Ihre Beine drohten nachzugeben. Sie spürte noch Boyds Kuss auf ihren Lippen. Ihre Seele und ihre Sinne verlangten nach ihm, aber es wäre entwürdigend gewesen, kampflos aufzugeben.
„Du hast die Wahl“, sagte er. „Entweder ist Robbie erledigt, oder wir beginnen ein neues Leben.“
Leona fühlte sich immer mehr in die Ecke gedrängt. „Und wenn dein Vater Nein sagt?“
„Mein Privatleben geht ihn nichts an. Ich wähle mir meine Frau selbst aus, und die Wahl ist auf dich gefallen. Ich kenne dich seit deiner Kindheit und verstehe dich besser als jeder andere. Deinetwegen werde ich Robbie aus dem Sumpf herausholen, in den er geraten ist. Er jammert über sein Schicksal und ist im Grunde nur verwöhnt. Damit ist jetzt Schluss.“
Ihr kamen fast die Tränen, so hart und mitleidlos klang dieses Urteil. „Wie lange steht dein Entschluss schon fest?“, fragte sie. Ihr war der schreckliche Gedanke gekommen, dass Boyd sie vielleicht nur benutzte, um alle anderen Verehrerinnen mit einem Schlag loszuwerden.
„Kommt es darauf an? Sagen wir einfach … mit dem heutigen Abend ist die Entscheidung gefallen. Du brauchst mit niemandem darüber zu sprechen, jedenfalls
Weitere Kostenlose Bücher