Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
dann eingesperrt zu haben, weil er Matthew um eine erhebliche Geldsumme hatte erpressen wollen. Wegen einer anderen Straftat war er verhaftet worden, noch ehe er Kontakt hatte aufnehmen können, und war für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis gewandert. Da er sofort nach seiner Festnahme in Untersuchungshaft gekommen war, hatte er Vanessa nicht mehr freilassen können. Er hatte es nicht gewagt, sich irgendjemandem anzuvertrauen, nicht einmal seinem Anwalt.
An dieser Stelle war Matthew klar geworden, wie Vanessa gestorben war. Er war aufgestanden und hatte das Zimmer verlassen, gefolgt von Max. Der Mann von der psychologischen Opferbetreuung wollte ihm folgen, doch ich hielt ihn zurück. Ein bisschen kannte ich Matthew inzwischen.
»Lassen Sie ihn. Er will jetzt allein sein.«
Am Montagabend bekamen wir Bescheid, dass es sich bei der Toten zweifelsfrei um Vanessa handelte. Sie war anhand ihres Gebisses identifiziert worden.
Jetzt war Dienstag. Der 12. Juni. Mein Geburtstag. Aber niemand hatte daran gedacht, auch Matthew nicht, obwohl wir einander irgendwann einmal unsere Geburtsdaten genannt hatten. Aber Männer können sich so etwas ohnehin schlecht merken, und Matthew stand natürlich völlig unter Schock. Ehrlich gesagt, sogar ich hatte es ve rgessen. Erst als mir morgens in der Redaktion die Kollegen gratulierten, fiel es mir ein. Zum Glück wussten durch die Zeitungen alle, was los war. Niemand erwartete, dass ich groß feierte oder wenigstens den obligatorischen Sekt ausgab, wie es sonst üblich war. Man behandelte mich wie ein rohes Ei. Ich schleppte mich irgendwie durch die Stunden, aber am frühen Nachmittag ging ich zu der stellvertretenden Chefredakteurin und bat sie, mir für den Rest des Tages und den Rest der Woche freizugeben.
»Ich kann mich kaum konzentrieren. Und ich habe das Gefühl, jede Minute für meinen Freund da sein zu müssen.«
Sie verstand das völlig. »Natürlich. Wir kommen hier schon klar.«
Im Prinzip kamen sie überhaupt nicht klar, seitdem Alexia fehlte, aber das hing nicht von meiner Anwesenheit ab. Alexia hatte den Laden zusammengehalten, ohne sie bröckelte alles auseinander. Ich hoffte und wünschte, dass dies auch Ronald Argilan auffallen würde. Möglicherweise nützte das Alexia nichts mehr, aber wenigstens begriff er vielleicht im Nachhinein, wie bitter unrecht er ihr getan hatte.
Ich eilte sofort nach Hause, weil ich bei Matthew sein wollte. Auch er ging vorerst nicht zur Arbeit. Aber als ich in meiner Wohnung ankam, fand ich nur einen Zettel vor, der auf der Küchentheke lag.
Ich bin daheim. Wir telefonieren, ja? Alles Liebe, Matthew.
Ich wollte nicht mit ihm telefonieren. Ich wollte zu ihm.
Ich duschte rasch und zog mich um. Als ich gerade fertig war, klingelte es an der Haustür. Es war Inspector Morgan, die zu Matthew wollte, einfach nur, um nach ihm zu sehen, und ich erklärte ihr, dass er in seinem Haus in Mumbles sei.
»Ich möchte auch zu ihm«, sagte ich. »Ich habe das Gefühl, er sollte jetzt nicht allein sein.«
»Kommen Sie«, sagte DI Morgan, »ich fahre Sie dorthin.«
Im Auto fragte ich sie, ob es etwas Neues gebe, vor allem auch im Hinblick auf Alexia. Sie zögerte. »Leider gibt es noch immer keine Spur von Ryan Lee. Wir fahnden jetzt landesweit nach ihm, und er geht uns garantiert demnächst ins Netz, aber …«
»… aber ob das schnell genug ist für Alexia …«, vollendete ich den Satz.
»Zwei Polizisten vernehmen ständig die junge Frau, bei der Lee nach seiner Haftentlassung gewohnt hat«, sagte Morgan. »Die Frau, der gegenüber er alles zugegeben hat und die daraufhin die Höhle gesucht und Dr. Willard gefunden hat. Jede Kleinigkeit, an die sie sich vielleicht erinnern kann, ist wichtig. Sie liebt Ryan Lee, aber sie ist dermaßen entsetzt über das alles, dass sie mit uns absolut kooperiert. Lee hat ihr gegenüber mehrfach beteuert, nichts mit Alexia Reece zu tun zu haben. Er konnte sich selbst nicht erklären, weshalb die Umstände ihres Verschwindens seine eigene Tat offenbar kopierten. Er fasste das alles als eine Art Verschwörung gegen sich auf.«
»Eine Verschwörung?«, wiederholte ich verwirrt.
Morgan warf mir einen kurzen Blick zu. »Lee stand unter erheblichem Druck. Dieser Kredithai, der Geld von ihm wollte, war nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wieder an ihn herangetreten.«
Sie hatte uns davon bereits berichtet. Als sie uns darauf vorbereitete, dass man Vanessa wahrscheinlich gefunden hatte, dass sie das Opfer
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