Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
befangen. Zum Glück redete Alexia immer so viel, dass keine unangenehmen Gesprächspausen entstanden. Ken servierte einen wunderbaren Nachtisch, dann tranken wir Kaffee im Wohnzimmer vor dem Kamin und plauderten noch ein wenig. Schließlich sah Matthew auf seine Uhr.
    »Halb zwölf«, sagte er. »So leid es mir tut … aber ich hatte einen sehr harten Tag.«
    »Ich auch«, schloss ich mich an. Mir war aufgefallen, dass Ken inzwischen sehr müde aussah, und selbst Alexia war ruhiger geworden. »Mein letzter Bus fährt sowieso in fünfzehn Minuten.«
    »Sie sind mit dem Bus gekommen?«, fragte Matthew überrascht.
    »Ich habe mein Auto verkauft«, erklärte ich. »Ich hatte den Eindruck, es hier nicht zu brauchen, na ja, und überhaupt …« Ich ließ den Satz in der Luft hängen. Es war nicht der richtige Moment, es zur Sprache zu bringen, aber man verdiente lausig bei Healthcare , und letztlich war mir mein Auto daher einfach zu teuer geworden. Selbst Alexia als Chefredakteurin wurde so schlecht bezahlt, dass sie und ihre Familie sich nur dieses winzige H äuschen leisten konnten und einander darin fast tottrampelten. Ich wusste, dass Alexia nach einem anderen Arbeitsplatz Ausschau hielt, auch deshalb, weil sie immer wieder Probleme mit dem Eigentümer des Zeitungsverlages hatte, zu dem Healthcare gehörte, aber da sie sich im Rang nicht verschlechtern, also direkt als Chefin eingestellt werden wollte, sahen ihre Chancen nicht gut aus. Auch ich würde dort nicht alt werden, so viel war gewiss, aber da ich bloß für mich zu sorgen hatte, konnte ich gelassener sein. Ich hatte beschlossen, innerlich zur Ruhe zu kommen, meine Trennung zu verarbeiten und dann Ausschau nach einem neuen Job zu halten.
    »Ich fahre Sie gerne nach Hause«, bot Matthew an.
    Alexia bekam sofort glänzende Augen. Das lief ganz nach Plan.
    »Das ist wirklich nett von dir, Matthew«, sagte sie, ehe ich antworten konnte. »Da freut sich Jenna, nicht wahr?«
    »Nur wenn es kein Umweg für Sie ist«, sagte ich. »Ich wohne gleich am Victoria Park. Wo wohnen Sie?«
    »In Mumbles drüben. Aber …«
    »Das ist nicht gerade bei mir um die Ecke.«
    »Aber von hier aus spielt es überhaupt keine Rolle«, sagte Willard. »Es macht mir absolut nichts aus.«
    »Natürlich fährt Jenna mit dir«, sagte Alexia. »Ehe sie jetzt auf den Bus wartet und dann noch ganz allein durch die Finsternis läuft. Mir wäre es eine Beruhigung!«
    Damit war das klar.
    Matthew fuhr einen großen, schwarzen BMW , ein Auto, das Geld verriet, ebenso wie seine Adresse. Mumbles. Ein kleiner Ort westlich von Swansea, traumhaft schön am Meer gelegen. In der Schule hatte ich einmal von Mumbles gehört, weil es von dort nach Swansea hinüber Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die weltweit erste Eisenbahn zur Beförderung von Passagieren gegeben hatte – damals noch von Pferden gezogen.
    Wir sprachen wenig auf der Fahrt durch die nächtliche Stadt. Einmal drehte ich mich um und sah die karierte, ziemlich fusselige Wolldecke, die auf dem Rücksitz lag.
    Matthew hatte meinen Blick bemerkt. »Die Decke meines Hundes. Max.«
    »Sie haben einen Hund?«
    »Einen altdeutschen Schäferhund. Mit sehr langen Haaren.«
    »Können Sie ihn mit an Ihren Arbeitsplatz nehmen?«
    »Zum Glück ja. Eigentlich nehme ich ihn überallhin mit. Nur heute Abend … Nun ja, dieses enge Haus mit den vielen Menschen … Max nimmt viel Raum ein, und nachdem ich dort schon immer das Gefühl habe, die Ellbogen anziehen und mich irgendwie kleiner machen zu müssen, wollte ich nicht für noch mehr Masse sorgen, indem ich einen riesigen Hund mitschleppe.«
    Ich verstand, was er meinte. »Ken und Alexia müssten unbedingt umziehen. Aber es scheitert offensichtlich am Geld. Bei Healthcare bekommt man einen Hungerlohn, auch als Chefredakteurin.«
    »Und bis Ken etwas mit seinem Buch verdient, wird es dauern«, meinte Matthew. »Aber insgesamt nehmen sie das alles, glaube ich, ziemlich gelassen.«
    Wir waren vor dem Haus angekommen, in dessen Dachgeschoss sich meine kleine Wohnung befand. Matthew fuhr in eine Parkl ücke und hielt an. »Da sind wir «, sagte er.
    Ich wandte mich ihm zu. Im Schein der Straßenlaternen sah ich sein blasses Gesicht. Dunkle Augen, dunkle Haare. Ein Typ, der wahrscheinlich leicht und schnell bräunte. Doch jetzt war er geradezu fahl, und schon vorhin am Tisch waren mir die Schatten unter seinen Augen aufgefallen. Er sah nicht einfach nur wie jemand aus, der lange nicht mehr an die frische

Weitere Kostenlose Bücher