Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
von Vanessa Willard nicht noch einmal riskieren«, sagte Vivian.
»Das ist ganz schön gefährlich, was du da von dir gibst«, sagte Adrian verärgert. »Gefährlich für Alexia Reece, die womöglich auch irgendwo in einer Holzkiste liegt und darum betet, dass jemand kommt, der sie befreit!«
»Aber Sie haben sich von ihm bedroht gefühlt?«, fragte Morgan, ohne auf Adrians Einwurf zu achten.
Vivian überlegte. Sie schien sich tatsächlich größte Mühe zu geben, alle Fragen so wahrheitsgemäß wie möglich zu beantworten. »Ja. Schon. Und zuerst dachte ich auch, er lügt, wenn er den Mund aufmacht. Ich dachte, er will sich nur reinwaschen. Klar behauptet er, er wollte nicht, dass Vanessa Willard stirbt. Klar streitet er ab, mit Alexia Reece etwas zu tun zu haben. Aber …«
»Ja?«
Sie hob hilflos beide Schultern. »Ich kann es nur wiederholen. Es ist das Bild, das ich von ihm habe, das Gefühl, das sich irgendwann während dieser langen Stunden für mich herauskristallisiert hat: Er ist kein schlechter Mensch. Er ist kein Mörder. Alles das, was geschieht … will er im Grunde gar nicht.«
»Also, dass du nach deiner Freundin Nora nun auch noch auf diesen Schwerkriminellen abfährst, finde ich wirklich das Letzte«, blaffte Adrian. Er hatte einen roten Kopf bekommen vor Wut. »Ich würde wirklich mal gerne wissen, womit er euch Frauen alle einwickelt!«
Vivian fing wieder an zu weinen. Sie war am Ende ihrer körperlichen und seelischen Kräfte.
»Ich kann nur sagen, was ich fühle«, schluchzte sie.
»Das ist völlig in Ordnung«, sagte Morgan, »Sie haben uns sehr geholfen, Mrs. Cole.«
Aber über Vivians gesenkten Kopf hinweg warf sie DS Jenkins einen Blick voller Frustration und kaum verhohlenem Ärger zu. Nichts, nichts, nichts. Praktisch keinen Schritt weiter hatten sie Ryan Lees Festnahme und der Besuch im Krankenhaus gebracht. Ryan war auf absehbare Zeit gar nicht zu vernehmen, und von Vivian wussten sie nur, dass sie ihn im Falle Reece für unschuldig hielt. Was stimmen konnte oder auch nicht. Und falls die junge Frau damit richtiglag, hieß das auch bloß, dass man von vorn anfangen musste. Denn welcher echte Verdächtige blieb ihnen, wenn Lee aus dem Rennen war?
DS Jenkins’ Handy piepste, und er verließ rasch den Raum. Unmittelbar darauf streckte er jedoch schon wieder den Kopf zur Tür herein. »Inspector! Kommen Sie bitte mal?«
Morgan nickte Vivian und Adrian zu und trat hinaus auf den Gang, schloss die Tür hinter sich. »Ja?«
»Die haben auf der Wache einen Anruf bekommen. Von Garrett Wilder. Sie wissen, der Exfreund von …«
»Ich weiß, wer er ist. Und?«
»Er hat eine ziemlich verworrene Geschichte von sich gegeben. Er ist im Haus der Familie Reece, und irgendetwas Schreckliches ist mit den Kindern. Mit Alexia Reece’ Kindern. Und er macht sich größte Sorgen um Jenna Robinson.«
Morgan setzte sich sofort Richtung Ausgang in Bewegung. »Sind unsere Leute …?«
»… auf dem Weg zu den Reeces, ja«, sagte Jenkins und bemühte sich, mit ihr Schritt zu halten.
Morgan stieß die Schwingtür am Eingang des Krankenhauses auf. »Ich fahre. Sie sind immer so langsam, Sergeant!«
Er seufzte. Wenn Morgan so drauf war, hieß fahren bei ihr eigentlich tief fliegen.
Und er hasste es.
17
Garrett, der in der Nacht zuvor auf Jennas unbequemem und für ihn zu kurzem Sofa so gut wie überhaupt nicht geschlafen hatte, war irgendwann eingenickt. Als er aufwachte, wusste er im ersten Moment nicht, wo er sich eigentlich befand, und außerdem tat ihm jeder Knochen weh. Er richtete sich aus seiner völlig verkrampften Haltung auf und unterdrückte dabei einen Schmerzenslaut. Er saß auf einem wackeligen Gartenstuhl aus Metall, und es war ihm ein Rätsel, wie er auf einem so unbequemen Teil hatte einschlafen können. Er erhob sich und versetzte dem Stuhl einen kräftigen Tritt.
Ihm fiel ein, wo er sich befand: im Garten der Reeces, genauer gesagt auf der Terrasse. In Swansea. Wohin es ihn verschlagen hatte, weil er die Beziehung zu Jenna neu hatte aufleben lassen wollen.
Schwachsinn!
Der Stuhl bekam den nächsten Tritt und rutschte über die Steine.
Garrett blickte auf seine Uhr. Es war fast zwölf Uhr. Gegen neun war er hier angekommen und hatte sich auf dieser hässlichen Veranda niedergelassen, und inzwischen waren mehr als drei Stunden vergangen, aber ganz offensichtlich ließ sich niemand hier blicken. Das war ungewöhnlich – ungewöhnlich für Jenna.
Er verließ den Garten durch
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