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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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die Hand eines jungen Mannes hielt, der einen Stuhl dicht an sie herangezogen hatte und so aussah, als habe er seit mindestens vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen. Vivian trug ein sehr kurzes geblümtes Sommerkleid, das fleckig und zerknittert war. Um ihr linkes Knie war ein Verband gewickelt, ebenso um ihr linkes Handgelenk. Auf ihrer Stirn klebte ein großes Pflaster. Im Wesentlichen schien sie mit Schrammen und Zerrungen davongekommen zu sein, aber ihre Psyche würde lange mit dem Erlebten zu kämpfen haben. Inspector Morgan konnte das an ihren starren Augen mit den übergroßen Pupillen erkennen.
    »Mrs. Cole? Ich bin Detective Inspector Morgan. Mein Kollege Detective Sergeant Jenkins.«
    »Guten Tag«, sagte Vivian leise.
    Morgan wandte sich an den jungen Mann. »Sie sind …?«
    Er erhob sich und streckte ihr die Hand hin. Sie zitterte etwas. »Newland. Adrian Newland. Ich bin Vivians Freund. Sie hat mich angerufen, kaum dass sie hier im Krankenhaus war. Ich bin von Pembroke Dock gekommen, gerast wie der Teufel.« Auch seine Stimme zitterte jetzt. »Ich war außer mir vor Sorge. Ich konnte sie nicht erreichen …«
    »Das waren zwei furchtbare Tage für Sie beide«, sagte Morgan mitfühlend, »und ich hoffe sehr, dass es Ihnen bald gelingt, diesen Schrecken zu verarbeiten.«
    »Wie geht es Harry?«, fragte Vivian.
    »Mit ihm ist alles in Ordnung«, beruhigte Morgan. »Er wurde befreit und in die Ambulanz gebracht, aber er konnte sie bald schon wieder verlassen. Ich habe mit ihm bereits gesprochen. Er ist natürlich auch noch sehr geschockt, aber ansonsten geht es ihm gut.«
    »Und … Ryan?«, fragte Vivian leise.
    »Sie bereiten ihn gerade auf eine Operation vor. Er hat sich alles Mögliche gebrochen, aber er schwebt wohl nicht in Lebensgefahr.«
    »Wir sind gegen diesen Baum gekracht«, sagte Vivian. »Ich habe die Kurve nicht geschafft. Die Polizei war hinter uns, und Ryan wollte, dass ich in den Wald abbiege, aber ich war zu schnell, deshalb ist der Wagen geschleudert …« Sie fing an zu weinen.
    »Sie sind eine sehr gute Autofahrerin«, tröstete Morgan, »und Sie haben Großartiges geleistet. Sie beide haben den Unfall überlebt und werden wieder gesund. Sie können stolz darauf sein, wie sehr Sie bei alldem die Nerven bewahrt haben.«
    »Von mir aus hätte der Typ gerne sein beschissenes Leben verlieren können«, sagte Adrian wütend. »Hoffentlich bleibt ihm wenigstens eine schöne Querschnittslähmung oder etwas in der Art!«
    »Adrian!«, mahnte Vivian. Sie wischte sich die Tränen ab. »Es ist so viel passiert«, flüsterte sie.
    »Ich weiß«, sagte Morgan. »Und wir lassen Sie auch gleich wieder in Ruhe. Aber es gibt da ein großes Problem. Sie wissen, dass Ryan Lee in Verdacht steht, eine Frau entführt zu haben, zum zweiten Mal nach drei Jahren, und es gibt die Hoffnung, dass diese Frau noch lebt. Wir müssen sie finden, damit sie nicht dasselbe Schicksal erleidet wie Vanessa Willard. Verstehen Sie?«
    Vivian nickte. »Ja.«
    »Ich kann Lee jetzt nicht vernehmen, deshalb muss ich an Sie appellieren: Können Sie sich erinnern, ob Ihnen Ryan Lee während Ihrer gemeinsamen Flucht oder auch schon vorher in jenem Haus irgendeinen Hinweis gegeben hat, wo sich das Versteck dieser Frau befinden könnte? Vielleicht war es eine ganz beiläufige Bemerkung?«
    Vivian schüttelte den Kopf. »Er hat mehrfach gesagt, dass er mit dieser zweiten Entführung nichts zu tun hat. Vanessa Willard damals hat er gekidnappt, aber er wollte nicht, dass sie stirbt. Es war ihm wichtig klarzustellen, dass er kein kaltblütiger Killer ist.«
    Adrian gab einen verächtlichen Laut von sich. »Welch eine Heuchelei!«
    »Nein«, sagte Vivian, »das war keine Heuchelei.«
    »Sie halten seine Aussagen für wahr?«, fragte Morgan interessiert.
    »Irgendwie schon. Ich meine … ich habe Nora immer geraten, sich auf keinen Fall mit ihm einzulassen, und letztlich hatte ich damit recht, aber …«
    »Ja?«, fragte Morgan, als sie stockte.
    »Er ist kein schlechter Mensch«, sagte Vivian, und es war deutlich, dass sie ihren Freund dabei nicht anzusehen wagte. »Ich glaube nicht, dass er … eines vorsätzlichen Mordes fähig wäre.«
    Adrian neigte sich zu Inspector Morgan hin. »Stockholm-Syndrom«, flüsterte er.
    Morgan verließ sich jedoch lieber auf ihren eigenen psychologischen Instinkt. »Sie meinen also, dass er tatsächlich nicht weiß, wo sich Alexia Reece befindet?«
    »Ich glaube, er würde eine Tragödie wie die

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