Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
Magens dabei großflächig über Garretts Hemd und teilweise über seine Jeans. Er bemühte sich krampfhaft, diesen Umstand zu ignorieren und vor allem das Kind nicht einfach wie ein lästiges Insekt abzuschütteln. Da Kayla nicht bereit war, ihn loszulassen, musste er sie in das versiffte Bad tragen, dort ihre Ärmchen von seinem Hals lösen, ihr die Schlafanzughose herunterstreifen und sie auf die Toilette setzen. Er begann sich zu fragen, ob der Alptraum dieses ganzen idiotischen Abenteuers in Swansea eigentlich noch schlimmer werden konnte.
»Weißt du, wo Jenna ist?«, fragte er.
Kayla schüttelte den Kopf. »Wo ist Daddy?«, fragte sie stattdessen.
»Er kommt bald«, versicherte Garrett völlig gegen seine Überzeugung. Er zog sein Telefon aus der Jeanstasche und tippte dreimal die Neun ein. Es half jetzt alles nichts. Er musste die Polizei verständigen. Und den Notarzt.
Hier war etwas Schlimmes geschehen, und irgendwie hing es mit Ken zusammen. Und Jenna war mit Ken unterwegs, seit Stunden überfällig und nicht erreichbar.
Er hatte noch nie so große Angst um sie gehabt.
18
Ich glaube, es war mein Unterbewusstsein, das mir keine Ruhe ließ. Unablässig wollte es mich zwingen, die Augen aufzuschlagen, wach zu werden, einen klaren Kopf zu bekommen. Ebenso hartnäckig wehrte ich mich dagegen. Ich hatte solche Schmerzen, ich bekam schlecht Luft, in meinem Kopf war ein Dröhnen, und die Haut in meinem Gesicht brannte wie Feuer. Ich wollte schlafen. Einfach nur schlafen und vergessen. Bei aller Benommenheit war mir klar, dass Aufwachen bedeutete, mich in einer bedrohlichen, gefährlichen, am Ende sogar ausweglosen Situation wiederzufinden. Ich wollte mich dem nicht stellen. Ich wollte in dem Dämmerzustand verharren, der mir alles Unangenehme fernhielt.
Mir war kalt, und um mich herum war alles nass. Wasser schwappte gegen mein Kinn, gegen meinen Mund. Ich bettete meinen Kopf auf meinen Arm, damit er höher zu liegen kam und ich mich nicht am Wasser verschluckte. Ich lag in einer großen Badewanne, die zu voll und außerdem längst erkaltet war, aber ich konnte sie nicht verlassen. Der Rand war zu hoch. Außerdem war es schön, in dieser Wanne zu schlafen.
Das Wasser erreichte mein Gesicht nach kurzer Zeit erneut, und das war der Moment, da ich mich nicht länger dem Traum von der Badewanne hingeben konnte. Wasser drang mir in Mund und Nase, eisiges, salziges Meerwasser, ich hustete und spuckte und setzte mich auf.
Mach, dass du wegkommst! ,zischte mein Unterbewusstsein.
Ich befahl ihm nicht länger, doch bitte endlich Ruhe zu geben. Ich begriff, dass es womöglich recht hatte.
In meinem Kopf hämmerte der Schmerz, und mein linkes Auge ließ sich nicht öffnen, schien völlig verschwollen und verklebt zu sein. Die ganze linke Gesichtshälfte war taub, aber nur an der Oberfläche. Unter der Haut fühlte es sich an, als sitze kein Knochen mehr an seinem Platz. Mir fiel Kens Faustschlag ein. Langsam kehrten die Bilder zurück, und ich erinnerte mich an mein blitzschnelles Wegducken, das mir vielleicht das Leben gerettet hatte. Trotzdem war ich erwischt worden, und zwar mit einer Heftigkeit, dass ich die Besinnung verloren hatte. Es schien allmählich zu Kens Angewohnheit zu werden, Frauen, die ihm nicht passten, tot oder bewusstlos zu schlagen.
Ich hob vorsichtig die Hand, tastete über meine Wange. Ob etwas gebrochen war, konnte ich nicht feststellen, verschwollen, wund und blutverkrustet war mein Gesicht auf jeden Fall. In Verbindung mit dem zugekleisterten Auge sah ich wahrscheinlich ziemlich ramponiert aus.
Was allerdings nicht meine Hauptsorge war.
Ich schaute mich um. Die Höhle hatte sich inzwischen fast vollständig mit Wasser gefüllt, nach oben hin blieb nur noch wenig Raum. Vom Wind noch zusätzlich aufgepeitscht tobten die Wellen mit einer Macht gegen die Felsen, die mir klarmachte, dass es sinnlos wäre zu versuchen, mich schwimmend zu retten. Ich würde nicht von der Küste wegkommen. Ich würde gepackt und gegen die Klippen geschmettert werden. Die Flut hatte eine ungeheure Kraft, und ich war chancenlos dagegen.
Ich kauerte auf der obersten Felsplatte innerhalb dieses höhlenähnlichen Gebildes, aber das Wasser stieg an mir hinauf, schwappte jetzt im Sitzen bereits an meine Taille. Aufrecht stehen konnte ich hier oben nicht, so viel Platz war nicht mehr da, ehe die schroff gezackte Decke begann. Ich wusste nicht, wie lange es noch dauern konnte, ehe das Wasser die Höhle komplett
Weitere Kostenlose Bücher