Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)
Männer wie verrückt hinter mir her gewesen, und, offen gesagt, ich hatte sie meinerseits großzügig und oft recht wahllos konsumiert. Später hatte ich dann meine Jugend und Attraktivität leider ausschließlich an Garrett, diesen selbstverliebten Blender, verschwendet, und jetzt, mit zweiunddreißig, war ich schon fast überzeugt gewesen, meine Blüte hinter mir und mich überdies durch meine unglückliche Beziehung und die Trennung in eine verhärmte Person mit heruntergezogenen Mundwinkeln verwandelt zu haben. Anscheinend war das nicht der Fall. Ich konnte spüren, wie sehr sich Matthew in diesem Augenblick zu mir hingezogen fühlte. Was immer vorher gewesen war, was immer nachher sein würde, in diesen Minuten im Auto verblasste Vanessa fast bis zur Unkenntlichkeit. Matthew war einfach ein Mann, und ich war einfach eine Frau, und wir hatten beide eine starke Sehnsucht nach Liebe, vor allem, da war ich mir, auch was ihn betraf, ganz sicher, nach körperlicher Liebe. Er war zu wohlerzogen, um beim ersten Date von sich aus auch nur eine Andeutung in dieser Richtung zu machen, aber ich wusste, dass ich bloß das mindeste Entgegenkommen hätte signalisieren müssen, und er wäre mit in meine Wohnung gekommen. Was mich zurückhielt, war die Furcht. Die Furcht vor dem nächsten Morgen. Ich glaubte zwar nicht, dass seine Gefühle nur auf den Abend, den Mondschein und den Alkohol zurückzuführen waren – obwohl gerade Letzterer sicher erheblich geholfen hatte, ihn zu entspannen –, aber ich konnte mir vorstellen, dass ihn im nüchternen Tageslicht seine Schuldgefühle gegenüber Vanessa wie Raubtiere, die in der Ecke gelauert haben, anspringen würden. Das wollte ich mir ersparen. Eines immerhin hatte ich aus dem ganzen jahrelangen Desaster mit Garrett mitgenommen: Ich würde nie wieder sehenden Auges etwas tun, was mich unglücklich machte. Ich würde darauf achten, dass es mir gut ging.
Ich lehnte mich zu ihm hinüber und drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. »Danke, Matthew. Für den schönen Abend.«
Er stieg mit aus und begleitete mich zur Haustür. Dort nahmen wir uns einen Moment lang in die Arme.
»Sehen wir uns morgen?«, fragte er. »Oder wird dir das zu viel?«
»Ich freue mich«, sagte ich. Ich rannte die steile Treppe geradezu hinauf, ich musste irgendwohin mit meiner Energie und meinem Glücksgefühl. Oben blinkte der Anrufbeantworter. Es war schon wieder Garrett, der mit inzwischen ausgesprochen beleidigt klingender Stimme monierte, dass man mich ja überhaupt nicht mehr daheim antraf, auch nicht zu sehr später Stunde.
Ich tat etwas, was noch bis vor Kurzem ganz undenkbar gewesen war: Ich unterbrach seinen Sermon, indem ich mitten in sein Lamentieren hinein die Austaste drückte.
Ich schnitt ihm einfach das Wort ab. Er interessierte mich nicht.
Er war Lichtjahre weit weg.
7
Es war Freitag, und er durfte schon um drei Uhr Schluss machen. Er hatte einen Job in einem Copyshop in der Dimond Street gefunden. Ryan wusste, er konnte froh sein, dass ihm jemand Arbeit gab – trotz seiner Haftstrafe, trotz der schweren Körperverletzung , die an ihm klebte wie ein schlechter Geruch. Sein Bewährungshelfer, Melvin Cox, eine etwas penetrante Frohnatur mit unerschütterlichem Idealismus, hatte ihm den Job besorgt und ihn am vergangenen Dienstag sogar selbst dorthin begleitet. Er stellte fest, dass es zwischen Ryan und Dan, dem Betreiber des kleinen Kopiergeschäftes, in dem auch Zeitschriften und Zigaretten verkauft wurden, auf Anhieb »supergut klappte«, eine euphorische Ansicht, die weder Dan noch Ryan teilten. Eigentlich konnten sie einander auf den ersten Blick nicht leiden, aber Dan schien der Ansicht zu sein, dass er seinen Angestellten nicht unbedingt mögen musste, um seine Dienste in Anspruch zu nehmen, und Ryan wusste, dass er ohnehin keine Wahl hatte. Sein Weg zurück ins Leben führte nur über eine Arbeit, das hatten sie ihm im Gefängnis immer wieder gesagt, das war auch Aaron, sein Anwalt, nicht müde geworden zu wiederholen, und Melvin Cox blies in das gleiche Horn. Abgesehen davon begriff Ryan die Notwendigkeit auch selbst. Er wusste eines: Er wollte nie wieder ins Gefängnis. Lieber sterben. Daher durfte er nie, niemals mehr auch nur in die Nähe irgendwelcher kriminellen Machenschaften gelangen, was wiederum hieß, dass er von nun an seinen Lebensunterhalt auf ausschließlich ehrliche Weise verdienen musste.
Er hatte schnell verstanden, dass Dan ihn keineswegs aus
Weitere Kostenlose Bücher