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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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größenwahnsinnig. Natürlich hätte auch ich es nicht gekonnt, aber damals war ich fest davon überzeugt.«
    »Was hat Mami denn in Sylvain gesehen? Warum hat sie ihn vorgezogen?«
    Er lachte wieder, herzlich diesmal. »Warum wohl?«, sagte er, und, als Anna nur fragend die Brauen hob, fuhr er fort: »Weil Sylvain ein großartiger Kerl war. Meistens ernst und in sich gekehrt, aber er konnte auch witzig sein. Ein kluger Mensch mit Prinzipien, für meinen Geschmack allerdings ein wenig zu moralisch. Zudem sah er blendend aus, jedenfalls wenn man auf halbe Portionen steht. Ich nehme an, dass dies für deine Mutter sehr wichtig war: Sylvain machte ihr keine Angst. Er war einer dieser zarten Tänzertypen und konnte kaum über die Tischkante gucken. Ich dagegen war ungefähr einen Kopf größer als deine Mutter, und muskulös war ich damals schon. Ich hatte manchmal den Verdacht, dass ich auf Babsi einschüchternd wirkte, auch wenn das ganz und gar nicht in meiner Absicht lag. In mir hat sie den Freund gesehen, aber ganz sicher nicht den zukünftigen Ehemann.« Er erhob sich. »Möchtest du noch einen Whisky?«
    »Ja, gern. Entschuldige mich für einen Moment, ich muss mal ins Bad.« Anna drückte ihm das schwere Glas in die Hand und nahm sich einen Kerzenleuchter. Es gab noch immer keinen Strom.
    Als sie zurückkam, stand Achim mit dem Rücken zum Raum und blickte aus dem Fenster. Etwas verwundert bemerkte Anna, wie er die Hand hob und eine Bewegung machte, als wolle er jemanden verscheuchen. Sie trat an das zweite Fenster, konnte auf der dunklen Straße aber niemanden entdecken.
    »Wem hast du gewunken?«
    Achim fuhr herum. »Hast du mich erschreckt! Ich habe dich nicht kommen hören. Da war niemand, warum fragst du?«
    »Es schien mir, als hättest du jemanden verjagen wollen.«
    »Nicht jemanden, sondern etwas. Böse Erinnerungen. Andererseits bist du hier, um sie zu hören, also sollte ich sie wohl eher anlocken.« Er reichte Anna ihren Whisky und setzte sich. »Es wird nicht leicht werden, aber ich gebe mir Mühe. Frage einfach nach, wenn du das Gefühl hast, ich unterschlage dir Details.«
    »Danke, das werde ich tun.« Anna druckste herum, dann nahm sie sich ein Herz. »Bevor du fortfährst, würde ich dir tatsächlich gern eine Frage stellen. Es ist mir ein wenig unangenehm.«
    »Worum geht es denn?«
    »Um die Drogen. Du hast wirklich mit Drogen gehandelt?«, fragte sie kleinlaut.
    »Ach Gott, ja, aber das ist schon eine Ewigkeit her, und es war damals auch etwas anderes. Drogen gehörten bei uns Hippies einfach dazu, es wurde mit Haschisch, LSD und Pilzen experimentiert. Nun, und ich war halt einer von den vielen, die für Nachschub sorgten. Ich hätte es dir verheimlichen können, aber warum sollte ich? Es gehört zu meinem Leben, und ich schäme mich auch nicht dafür. Zugegeben, ich habe Geld damit verdient, aber reich geworden bin ich ganz sicher nicht. Es langte gerade fürs Benzin und einen dringend nötigen Beitrag zum Leben auf dem Foelkenorth. Außerdem habe ich immer die Finger von harten Drogen gelassen, sowohl beim Verkauf als auch beim Konsumieren. Zum Glück, du hast Anita ja vorhin gesehen. Es ist ein Wunder, dass sie noch lebt. Ein Wunder, dem ich sentimentaler Trottel nachhelfe, indem ich sie immer wieder aus dem Sumpf ziehe und ihr Zimmer und ihr Essen bezahle.«
    »Das disqualifiziert dich weder als sentimental noch als Trottel. Ich finde es großartig, dass du sie unterstützt«, sagte Anna. »Entschuldige, dass ich dieses Thema angesprochen habe, aber es war mir wichtig.«
    »Das ist in Ordnung. Du musst schließlich wissen, mit wem du es zu tun hast. Aber wie gesagt, urteile nicht zu hart, es waren andere Zeiten.«
    Anna nickte. »Das ist mir mittlerweile auch klargeworden. Hast du überhaupt Lust, noch weiterzuerzählen, oder ist es schon zu spät?«
    »Gerade halb elf«, stellte Achim mit einem Blick auf seine Armbanduhr fest. »Ich gehe selten vor Mitternacht ins Bett, im Gegensatz zum Rest der Stadt. Wie steht es mit dir?«
    »Ich bin hellwach.«
    »Na dann. Ich nehme an, Ingrid hat dir schon alles über die Fahrt berichtet?«
    Anna nickte. »Sicher nicht alles, aber du kannst sie gern auslassen.«
    »Gut, dann springe ich gleich nach Kathmandu. Oder Delhi? Ich weiß noch genau, wie mies ich mich fühlte, als diese Bayern, ich habe ihre Namen vergessen, mit Ingrid, Marten und Mauro auf der Rückbank nach Süden abgehauen sind. Mit Marten und Mauro verband mich nichts, aber Ingrid

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