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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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geworden? Ihr habt euch benommen wie übermütige Kinder, die Gefahren nicht einschätzen können. Die Berge sind kein Spielplatz!«
    »Aber es war doch zu schaffen«, erklang Sylvains Stimme in seinem Rücken. »Ich bin problemlos hinübergekommen.«
    Achim wirbelte herum. »Du hältst besser das Maul!«, schrie er. »Wenn du nicht mit dem Irrsinn begonnen hättest, wäre Moon gar nicht erst auf die Idee gekommen, aus der Überquerung einen Wettkampf zu machen. Und als der Herr wirklich Mut hätte beweisen können, stand er nur wie ein Ölgötze am sicheren Ufer und wartete, bis ich kam, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Entschuldigung, falsches Bild: um den zweiten Idioten aus dem Wasser zu ziehen.« Achim war so erregt, dass es ihm die Stimme verschlug. Heftig nach Luft ringend, drehte er sich um und stapfte davon. Er musste jetzt allein sein, bis seine Wut verraucht war, sonst würde er die beiden verprügeln. Verdient hatten sie es.
    In den nächsten Stunden bekamen Sylvain und Moon kaum die Zähne auseinander. Sie vermieden alles, was Achim reizen konnte, kümmerten sich um das Trocknen der Kleidung, suchten und fanden Moons Tasche in einer flachen Bucht jenseits der Stromschnellen und trotteten nun in sicherem Abstand hinter Achim den Berg empor. Miteinander sprachen sie allerdings auch nicht, sondern beäugten sich mit scheelen Blicken. Achim hatte keine Ahnung, was in der Stunde seiner Abwesenheit zwischen ihnen vorgefallen war, und es interessierte ihn nicht. Auch wenn sein Ärger langsam verflog und er sich eingestand, dass er ebenfalls nicht vor Leichtsinnigkeit gefeit war, so saß ihm der Schreck noch immer in den Gliedern.
     
    Durch den Zwangsaufenthalt am Fluss erreichten sie Moons Dorf erst lange nach Einbruch der Dunkelheit. Moons Verwandte schliefen schon, doch nachdem er sie herausgeklopft hatte, verwandelte sich der Hof in einen Jahrmarkt. Brüder und Schwestern, die Mutter und der Vater, die Großeltern – alle eilten mit Kerzen in der Hand von hier nach dort, liehen Decken bei den Nachbarn, entfachten ein Küchenfeuer und tischten den Überraschungsgästen ein mitternächtliches Dhal Bhat auf. Alle schwatzten aufgeregt durcheinander, und Achim fühlte eine altbekannte Faust sein Herz zusammendrücken, als er die unverkennbare Freude bemerkte, mit der Moon in den Schoß der Familie zurückfand. Sie hatten ihn offensichtlich genauso vermisst wie er sie, und trotz der ärmlichen Umgebung, trotz ihres harten Lebens beneidete Achim sie um den Zusammenhalt ihrer Großfamilie.
    Sobald sie aufgegessen hatten, zeigte Moons Vater Achim und Sylvain ihre Unterkunft, einen winzigen Raum in dem niedrigen, aus zwei Zimmern bestehenden Nebenhaus. Eine Außentür führte direkt auf die Veranda, die Wände waren aus groben Holzplanken gefügt, und durch die offenen, weder durch Glas oder Stoff geschützten Fensteröffnungen drang die Nachtkälte hinein. Trotzdem wickelte sich Achim erleichtert in seine kratzige Decke. Als Matratze diente, wie überall in den Bergen, lediglich eine kaum fingerdicke Strohmatte, doch es störte ihn nicht.
    Er war fast eingeschlafen, als sich Sylvain räusperte. »Bist du noch sauer auf mich?«, fragte er kleinlaut.
    »Ein bisschen.« Achim war froh, dass die Dunkelheit sein Grinsen verbarg. Sylvain sollte sich ruhig noch ein wenig mit seinem schlechten Gewissen herumplagen, bevor er ihm morgen früh offiziell Absolution erteilte. Ihm und Moon.
    Nach drei ruhigen Tagen rüsteten sie erneut zum Aufbruch. Ihr Gepäck war leicht, doch das änderte sich, als Moons Vater jedem von ihnen einen Wollumhang aufdrängte.
    »Mann, ist der schwer.« Sylvain faltete ratlos das unförmige braun-graue Gewebe auseinander. Im Grunde waren es nur zwei rechteckige, an zwei Seiten übereck zusammengenähte Bahnen. Moons Vater nahm Sylvain das Ding wieder ab und stülpte es ihm über den Kopf. Jetzt fungierte es als vorne offener Umhang mit Kapuze. »Man nennt es Bhakhu«, erklärte Moons Vater. »Die Hirten haben immer solche Umhänge dabei. Sie sind sehr wertvoll, aber ich leihe sie euch gern für eure Wanderung.«
    Achim schüttelte sich vor Lachen. »Sylvain, du siehst aus wie Rumpelstilzchen.«
    Sylvain zog den Umhang vor der Brust zusammen. »Er ist unglaublich warm«, stellte er fest. »Dafür scheint ein Schaf seine gesamte Wolle hergegeben zu haben.«
    »Hat es auch«, sagte Moons Vater. »Der Bhakhu wird euch schützen, wenn schlechtes Wetter kommt. Noch ist die Zeit der Schneestürme

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