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Im Tal des Schneeleoparden

Im Tal des Schneeleoparden

Titel: Im Tal des Schneeleoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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schlimmen Erinnerungen zu verarbeiten, und an jenem Abend wusste sie plötzlich, dass es so weit war. Sie nahm Sylvain bei der Hand, führte ihn aus dem Restaurant, in dem sie mit einer Gruppe anderer Hippies zusammengesessen hatten, und durch die dunkle Jhochhen Thole in Richtung des Hotels. Er sagte kein Wort, lediglich in seinen Augen spiegelte sich Verwunderung über ihren plötzlichen Sinneswandel.
    In ihrem Zimmer angekommen, sank Bärbel der Mut. Während Sylvain einige Kerzen mit Wachs auf dem Fensterbrett befestigte, stand sie unschlüssig in dem kleinen Raum und spürte Panik in sich aufsteigen. Sobald das Kerzenlicht den Raum in eine verwunschene Höhle verwandelt hatte, trat Sylvain zu ihr und schloss sie in die Arme. »Du musst nichts tun, was du nicht willst. Ich habe Geduld.«
    Bärbel atmete tief durch. Ich aber nicht, dachte sie. Es wird nicht besser, wenn ich noch länger warte. Sie drückte sich fester an ihn, spürte seine Erektion erwachen und ließ ihre Hände seinen Rücken hinunterwandern und dann in seine Hose gleiten. Er stöhnte auf, und im nächsten Moment zerrte er an ihrer Bluse. Küssend zogen sie sich aus, sie spürte nur noch Sylvains heiße, glatte Haut und ihr eigenes Verlangen nach mehr, mehr, immer mehr von ihm, nach seinen Händen auf ihren Brüsten und ihren Händen auf seinem Rücken, seinem Hintern, seinen Hüften. Er kam, bevor sie noch Zeit hatten, sich auf die Matratze fallen zu lassen.
    Dann lagen sie nebeneinander auf dem Bett und bewunderten sich gegenseitig. Bärbel hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und streichelte mit den Fingerspitzen ihrer freien Hand über seine Brust. Er war sehr dünn, aber sehnig, und viel kleiner als die meisten Männer, die sie kannte und vor deren körperlicher Stärke sie zurückschreckte. Sylvain wirkte dagegen elegant wie ein Elf, ein schwarzhaariger Elf mit weißer Haut dort, wo er sie vor der Sonne verborgen hielt. Sie ließ ihre Hand tiefer gleiten und strich über das schwarze Schamhaar, hielt kurz zögernd inne und umfasste dann entschlossen seinen Penis. Bärbel fühlte sich wie eine Entdeckerin, als sie ihn dabei beobachtete, wie er immer größer und steifer wurde, sich wie ein eigenständiges, warmes Lebewesen in ihrer Hand wand und pochte.
    »Lass ihn los«, flüsterte Sylvain in ihren Nacken, »jetzt bist du an der Reihe.« Sanft drückte er sie auf den Rücken und beugte sich über sie, bedeckte ihr Gesicht und ihren Hals mit Küssen. Bärbel spürte die Spitze seines Penis an ihrem Bauch, an ihren Oberschenkeln, und dann war es doch sie, die ihn führte, ihn zu sich zog, auf sich zog, in sich zog, und es war das Schönste, was sie je erlebt hatte.
     
    In den nächsten Wochen schwebte Bärbel wie auf Wolken. Sylvain und sie waren unzertrennlich. Er hatte ihre Alpträume in Träume verwandelt, die sich Nacht für Nacht in die Wirklichkeit verwandelten und auch am Tag nichts von ihrem Zauber verloren. Hand in Hand erkundeten sie die Stadt mit den niedrigen, dunklen Läden voller Saris und verzierten Süßigkeiten, Bronzegöttern und Blecheimern. Sie verirrten sich im Gassengewirr, stolperten in die Intimität der Hinterhöfe, in denen die Bewohner der hohen Häuser ihre Wäsche wuschen und Gemüse putzten, Kinder rund um die Schreine tobten und gelbe Hunde, ungerührt von dem Trubel, in der Sonne dösten. Sie erreichten den Stadtrand, erschauderten beim Anblick der brennenden Scheiterhaufen im affenverseuchten Tempelkomplex Pashupathinats und teilten sich einen Joint mit einem hageren Asketen, der auf einem weißen Schrein thronte, die zwei Meter langen, ascheverschmierten Haarwülste um sich drapiert wie ein Fächer. Sie wanderten durch die Felder, winkten den Bauern zu und tätschelten Wasserbüffeln mit abenteuerlich verdrehten Hörnern die weichen Schnauzen. Die Tage waren warm und strahlend, kaum eine Wolke zeigte sich am Himmel, und gegen die Nachtkälte des einsetzenden Winters schützten sie die dicken Wände ihres Zimmers und ihre leidenschaftliche Liebe. Weihnachten kam und verging, ohne dass die versammelte Hippiegemeinschaft es sonderlich zur Kenntnis nahm, und auch Bärbel wischte den Gedanken an das Fest mit Leichtigkeit beiseite. Die erzwungen feierliche Atmosphäre zu Hause war ihr schon immer ein Greuel gewesen.
    Dafür freute sie sich umso mehr auf den Silvesterabend. Schon im letzten Jahr im Foelkenorth hatte sie ausgelassen gefeiert, froh, den erstickenden Tentakeln ihrer Familie entschlüpft zu sein,

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