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Im Tal des Vajont

Im Tal des Vajont

Titel: Im Tal des Vajont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauro Corona
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wenigstens noch so sehen konnte, denn wenn der Käse erst Würmer gekriegt hätte, wäre das Kind von ihnen zerfressen worden, und dann hätte ich nicht einmal mehr sein Gesicht sehen können, denn von den Würmern zerfressen, wären nur noch die Knochen herausgestanden.
    Als Raggio die Szene sah, rannte er sofort los, um seine Frau auf dem Feld zu erschlagen, und wir mussten ihn zu fünft zurückhalten. Während wir ihn niederhielten und Piare Ciolt de la Spianada ihn mit einem Lederriemen fesselte, den der Priester ihm gegeben hatte, sah er mich mit feuerglühenden Augen an und sagte, ich sei der Vater dieses Kindes im Käse, denn er könne keine Kinder zeugen. Und er schwor und wetterte, dass er, sobald er wieder frei wäre, uns beide, mich und auch sie, umbringen würde. Ab heute, schrie er, müsse ich mich in Acht nehmen, denn sobald er kann, mache er mich fertig. Und er würde auf jeden Fall zu mir ins Haus kommen, und wenn er dazu die Ziegel aus dem Dach reißen müsste.
    Sie trugen ihn heim zu sich, und der Priester folgte ihnen, nachdem er noch einen beauftragt hatte, die Gendarmen zu benachrichtigen. Aber schließlich holte an diesem Tag keiner mehr die Gendarmen, da alle zum Haus von Raggio gingen.
    Während wir alle in Raggios Haus waren, auch ich war den anderen nachgefolgt, kam sie schließlich von der Feldarbeit zurück, mit Spaten und Erdhacke auf der Schulter.
    Der Priester nahm sie zur Seite und sagte ihr, was aus dem Käselaib herausgekommen war und ob sie etwas davon wüsste.
    Und das war dann das Ende von allem.
    Sie wurde hart wie Stein, und für einige Augenblicke schien sie zu einer Mumie erstarrt, während die Augen anschwollen wie die eines Ochsen oder wie die von Raggio. Für einen Augenblick herrschte eine Stille im Raum, die die ganze Welt in Schrecken versetzen konnte.
    Dann explodierte sie.
    Sie begann wie eine Wahnsinnige zu brüllen, dann stürzte sie zum Tisch, riss ein Messer aus der Schublade und musste schließlich von zweien festgehalten werden, dass sie sich das Messer nicht in die Brust rammte. Raggio, quer über die Bank gelegt und wie ein Holzbündel zusammengeschnürt, beobachtete das Schauspiel mit Augen, die noch geschwollener als ihre waren, während sie nur unaufhörlich schrie und heulte, um sich schlug und trat. Sie war weinrot angelaufen und schrie weiter so arg, bis sie schließlich wie tot zu Boden sank. Da legten sie sie ins Bett, und zwei Frauen wachten bei ihr, während draußen in der Stube drei Männer auf Raggio aufpassten, der wie eine Viper zischte, aber kein Wort mehr sagte.
    Die ganze Nacht über wurden die beiden bewacht, die jetzt beide verrückt geworden waren, als wären sie nicht mehr Kinder menschlicher Wesen, sondern des Teufels und des Todes.

Tags darauf wachte sie mit so verlorenem Blick auf, als wäre sie von weither aus einer anderen Welt zurückgekehrt, und solange sie lebte, sprach sie nun kein Wort mehr. Wie eine Schlafwandlerin ging sie umher und sah fast nicht einmal mehr Türen und Stufen, sodass sie sich überall die Nase anschlug. Dann machte sie alles in die Hose, wollte niemanden mehr im Dorf kennen, weder die Freundinnen, die sie besuchen kamen, noch mich oder Raggio. Manchmal weinte sie den ganzen Tag lang still in sich hinein. Dann flossen die Tränen nur so aus ihr heraus wie aus den sieben Quellen des Zemolatals. Sie aß nur noch alle zwei, drei Tage etwas, und dann so wenig, dass es nicht einmal mehr für einen Vogel gereicht hätte, auch wusch sie sich nicht mehr und wollte sich nicht mehr ankleiden. Abwechselnd kamen die Frauen aus dem Viertel, um sie anzukleiden und ihr auf die Beine zu helfen.
    Don Chino Planco meinte, hier sei jetzt nicht mehr die Polizei gefragt, sondern das sei ein Fall für die Irrenanstalt.
    Eines Tages dann fragte mich Don Chino, ob ich nichts von der Sache mit dem Kind gewusst hätte, und ich erwiderte Nein, worauf er mich nur schräg ansah und dann fortging.
    Nachdem Raggio fast eine Woche lang unter Aufsicht gefesselt gewesen war, beruhigte er sich schließlich und spielte wieder den König, als hätte er alles vergessen. In dieser Woche des Gefesseltseins sorgte ich mit drei anderen für sein Essen, brachte ihn in den Stall, damit er seine Bedürfnisse erledigte, und hin und wieder wuschen wir ihn auch wie ein kleines Kind, ließen ihn dabei aber an Händen und Füßen gefesselt, weil er immer wieder böse knurrte. Das Kind wurde inzwischen im Limbus begraben, ein Flecken Erde am Rand, wo die

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