Im Taumel der Herzen - Roman
Julia fort: »Ich werde den Raum in eine schöne Kapelle umgestalten. Sowohl die Arbeiter als auch das ganze Material treffen bereits in den nächsten paar Tagen ein. Es befindet sich doch ein Pastor auf Ihrem Anwesen? Andernfalls könnte ich einen Bischof aus London kommen …«
»Ich verfüge durchaus über einen Pastor«, fiel Milton ihr ins Wort.
»Ausgezeichnet! Ein Punkt weniger, um den ich mich kümmern muss. Damit der Raum auch ja rechtzeitig fertig wird, habe ich so viele Leute eingestellt, dass sie in drei Schichten arbeiten können. Falls die Zeit ausreicht, lasse ich vielleicht auch noch einen Wintergarten anbauen. Keine Sorge, sofort nach der Hochzeit lasse ich den Raum wieder in seinen gegenwärtigen Zustand zurückversetzen.«
»Warum kann die Trauungszeremonie nicht einfach im Freien stattfinden?«, fragte Milton. »Gärten habe ich genug.«
»Aber was, wenn es regnet?!«, rief Julia entsetzt. »Nein, sie muss im Haus stattfinden. Nichts wird mich davon abhalten, genau die Hochzeit zu feiern, von der ich immer geträumt habe!«
Milton betrachtete sie beide nachdenklich. Richard legte seinen Arm noch eine Spur fester um Julias Taille. Falls das für sie nicht Warnung genug war, kündigte spätestens das misstrauische Funkeln in Miltons Augen an, was gleich kommen würde.
»Eine Woche erscheint mir ein wenig kurz, um sich zu verlieben – selbst wenn ihr euch zuvor nicht so viele Jahre gehasst hättet. Welches ist der wahre Grund für euer …?«
»Einen Großteil der Woche haben wir im Bett verbracht«, fiel Richard ihm grob ins Wort, ehe er in ironischerem Ton hinzufügte: »Hast du mir nicht irgendwann einmal gesagt, dadurch würde sich Julias Meinung ändern? Du hast damals zu erwähnen vergessen, dass es bei mir genauso sein würde.«
»Richard!« Julia schnappte nach Luft. Sie war so verlegen, wie sie befürchtet hatte, und zugleich sehr wütend, konzentrierte diese Wut aber auf den Grafen von Manford. »Wir haben es nicht nötig, Ihnen unsere Beweggründe zu erklären. Der einzige Grund für unser Hiersein ist die Hochzeit, aber wenn ich es mir recht überlege, war es mehr der Traum meiner Mutter als mein eigener, die Trauungszeremonie hier abzuhalten. Ich habe mir diesen Traum von ihr einimpfen lassen, weil mir dieses Anwesen als Kind so vornehm erschien, aber ehrlich gesagt kommt Ihr Haus in seinem jetzigen Zustand dafür ohnehin nicht infrage.«
»Wie kannst du es wagen …«, stammelte Milton.
»Die Tapeten blättern ab«, fuhr Julia fort, »die Bodendielen haben Risse, dem Hauptlüster in der Eingangshalle fehlt ein Drittel seines Kristalls, und die Bilderrahmen sind so alt, dass sie schon verrotten. Es wird nicht ausreichen, eine Kapelle zu schaffen, um Willow Woods dafür bereit zu machen, binnen eines Monats Mitglieder der vornehmen Gesellschaft zu beherbergen. Nicht dass ich das nicht fertigbrächte. Alles, was für die Renovierung des Hauses nötig ist, lässt sich vermutlich in den Miller-Kaufhäusern finden. Aber ich bin gar nicht mehr so sicher, ob ich das überhaupt noch möchte. Lass uns doch einfach wieder abreisen, Richard. Das war keine gute Idee.«
»Moment mal, Liebes«, bremste er sie, während er seinen Vater mit einem eigenartigen Blick fixierte. »Du bildest dir doch wohl nicht ein, dass ich ganz freiwillig zu diesem Familientreffen erschienen bin, oder? Sie musste mich erst überreden, und du darfst mir glauben, dass das nicht einfach war. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich nie wieder einen Fuß in dieses Haus gesetzt, und ich habe auch nicht vor, nach der Hochzeit wiederzukommen. Julia hat recht, es war keine gute Idee. Dennoch wird diese Idee bereits in die Tat umgesetzt. Wir haben unsere Hochzeitspläne vor unserer Abreise
aus London öffentlich bekannt gegeben, und Julias Vater hat wahrscheinlich schon die meisten Einladungen verschickt.«
»Die Örtlichkeit der Feier lässt sich durchaus noch ändern«, versicherte Julia ihm.
»Das ist nicht nötig«, erklärte Milton schroff und mit leicht rotem Gesicht, »ihr könnt die Trauungszeremonie gern hier abhalten.«
»Nachdem du gerade die Aufrichtigkeit unserer Liebe infrage gestellt hast?«, wandte Richard sich an seinen Vater. »Ist dir überhaupt klar, wie hartherzig und engstirnig du wirkst, weil du nicht verstehst, wie leicht es für mich war, mich in sie zu verlieben? Nur fürs Protokoll, Vater: Wir sind uns bereits zu Beginn der Londoner Ballsaison über den Weg gelaufen, ohne einander
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