Im Taumel der Herzen - Roman
lassen.
Ironischerweise schreckte ihn nicht einmal der Mann ab, mit dem sie verheiratet war. Ganz im Gegenteil, er machte ihm sogar Hoffnung: Wie konnte sie einen so primitiven Kerl wie James Malory lieben? Richard glaubte einfach nicht, dass sie das wirklich tat. Aus diesem Grund war er fest entschlossen, zu warten, bis sie zur Vernunft kam und diesen Mann verließ. Er wollte sie lediglich wissen lassen, dass er mit offenen Armen auf sie warten würde.
Ohr schüttelte den Kopf. »Schon gut, ich sage nichts mehr – oder doch, eines noch: Ich mag keine Beerdigungen. Sorge dafür, dass ich nicht auf die deine gehen muss!«
Richard verzog das Gesicht. »Auch wenn du und Gabby anderer Meinung seid, würde ich mein Leben wirklich gern bis ins hohe Alter leben, statt ihm von diesem Monstrum ein vorzeitiges Ende setzen zu lassen. Deswegen werde ich auch nicht mehr versuchen, sie ihrem Mann abspenstig zu machen, das schwöre ich dir, Ohr!«
»Dann ist es ja gut. Solange du dich von ihr fernhältst, kann nichts passieren.«
Statt zu antworten, wandte Richard den Blick ab.
»Dachte ich es mir doch! Aber vergiss nicht: Malorys Warnung bezog sich nicht nur auf dreiste Annäherungsversuche. Du sollst dich nicht mehr in ihrer Nähe blicken lassen.«
»Das hat er bestimmt nicht so gemeint. Die meisten Drohungen sind vor allem zur Abschreckung gedacht. Wie viele davon werden wahr gemacht?«
»Das kommt darauf an, wer sie ausspricht. James Malory? Wenn er sagt, er wird dir etwas antun, dann kannst du dein Leben darauf verwetten.«
»Ich dachte, du wolltest dich nicht mehr zu diesem Thema äußern«, murmelte Richard.
Ohr lachte. »Du bist derjenige, der immer noch auf dem Thema herumreitet, mein Lieber. Vielleicht, weil dir jede Vernunft
abhandengekommen ist und du Hilfe brauchst, um zu ihr zurückzufinden?«
War dem so? Richard hatte sich tatsächlich eingeredet, dass er nicht mehr versuchen würde, seine große Liebe aus den Fängen ihres Gatten zu befreien, aber was, wenn es ihn übermannte und er einfach nicht anders konnte? Nein, er war kein Idiot.
»Was steht ihr zwei da herum?«, rief Gabrielle, die gerade mit Drew auf sie zusteuerte. »Ihr hättet längst die Koffer aufladen können. Dann wären wir jetzt bereit zum Aufbruch. Ihr seid uns keine große Hilfe!«
»Wir haben auf deinen Mann gewartet«, gab Ohr zurück. »Der hat mehr Muskeln.«
Gabrielle blickte Drew bewundernd an, dem Ohrs Bemerkung nicht entgangen war. »Oh ja, die hat er«, pflichtete sie ihm grinsend bei.
Normalerweise hätte Drew über die Bemerkung wegen der Muskeln gelacht, doch der Blick seiner Frau ließ ihn stattdessen erröten, was wiederum die anderen zum Lachen brachte. Da nun alle wieder guter Laune waren, schob auch Richard seine Bedenken wegen dieser Reise beiseite. Wenn seine Freunde das nur ebenfalls täten …
5
J ulia Miller wusste, dass der Eden-Ball auf jeden Fall das Ereignis der Saison sein würde. Nicht genug damit, dass alle Geladenen die Einladung angenommen hatten – nein, dem Gedränge nach zu urteilen, das in dem Ballsaal an der Park Lane herrschte, waren zusätzlich eine Menge ungeladener Gäste erschienen. Was zumindest erklärt hätte, weshalb ihre Gastgeberin, Regina Eden, einen so aufgelösten Eindruck machte. Da es sich um einen Maskenball handelte und die meisten Anwesenden hinter ihren aufwendigen Masken nicht zu erkennen waren, konnte sie schlecht mit dem Finger auf jemanden deuten und sagen: »Sie wurden nicht eingeladen, also verschwinden Sie!«
Außerdem war Regina Eden, eine Nichte der vier älteren Malory-Brüder, viel zu nett, um etwas derart Grobes zu tun. Julia wäre da nicht so zart besaitet gewesen, wenn sie als Gastgeberin festgestellt hätte, dass die Speisen und Getränke, die sie für ein gesellschaftliches Ereignis organisiert hatte, aufgrund zu vieler ungeladener Gäste zur Neige zu gehen drohten.
Julia trug an diesem Abend ihre zwei Lieblingsfarben: Ihr neues Ballkleid aus aquamarinblauer Seide war mit einer türkisfarbenen Doppelbordüre besetzt, die durch Silberfäden zusammengehalten wurde. Die Kombination aus Aquamarin und Türkis harmonierte ganz wunderbar mit ihren blaugrünen
Augen: Das Blau wirkte dadurch noch leuchtender, das Grün vertiefte sich, wodurch sich jener Ton ergab, der genau zwischen den beiden Farben lag und Julia so gut gefiel. Bedauerlicherweise musste sie eine Domino-Maske tragen, die ihre Augenpartie zum Teil verbarg, auch wenn diese Sorte Maske von den drei
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