Im Taumel der Sehnsucht
sein Geld pfeifen, und er war beinahe geneigt, ihr das abzunehmen. Wußte sie vielleicht gar nicht, was er ihr zu bieten hatte? Er konnte nicht ernsthaft glauben, daß ihr materielles Glück wirklich so vollkommen gleichgültig war. Schließlich war sie eine Frau! Allerdings schien sie in diesem Spiel zwischen Mann und Frau weit geschickter und gerissener zu sein, als die meisten anderen. Und weit sturer, was das betraf. Nun, so schnell gab er nicht auf! Wie schwierig sich dieser >Wettstreit auch gestalten mochte, er würde als Sieger hervorgehen. Ob sie wohl wußte, was ihr bevorstand? Mit wem sie sich eingelassen hatte? Nein, wohl kaum. Plötzlich spürte er, daß er die Stirn runzelte. Hastig setzte er eine gleichgültige Miene auf, damit niemand auf die Idee kommen konnte, er käme mit seinen Gedanken - oder gar mit seinen Gefühlen! -nicht zurecht.
Caroline hatte behauptet, sie wolle einen Mann, der rücksichtsvoll und aufmerksam war. Bradford wußte, daß niemand ihm diese Eigenschaften zuschreiben würde. Nicht nur einmal hatte er belauscht, wie man ihn hinter seinem Rücken als kalt und skrupellos bezeichnete. Rücksichtsvoll? Er wußte nicht einmal genau, was dieses Wort bedeutete. Nun, er würde es schon herausfinden. Wenn sie Rücksicht haben wollte, dann, in Gottes Namen, sollte sie sie bekommen.
»Ah, da bist du ja, Tochter.« Carolines Vater unterbrach Bradfords Grübeleien. Sie waren nur ein paar Schritte in den Ballsaal hineingegangen, als der Earl mit ihnen zusammentraf. »Liebes, es ist nicht gerade sehr höflich, einfach so zu verschwinden.«
»Entschuldige bitte, Vater«, antwortete Caroline zerknirscht. Rasch stellte sie sich auf Zehenspitzen und küßte ihn auf die Wange. »Ich habe mich ... äh, davontragen lassen«, fügte sie mit einem Blick auf Bradford hinzu.
»Ja, nun, das ist verständlich«, sagte ihr Vater versöhnlich. »Das erste Mal auf einem großen Ball... Amüsierst du dich gut?«
Caroline wußte, was von ihr erwartet wurde. »Es ist traumhaft, Vater. Ich habe so viele interessante Leute kennengelernt.«
Die Zuneigung, die Caroline für ihren Vater empfand, war so deutlich spürbar, daß Bradford nicht anders konnte, als die beiden um ihr besonderes Verhältnis zueinander zu beneiden. Allerdings fand er die Beziehung auch verwunderlich, denn er hatte erfahren, daß Braxton seine Tochter vor vierzehn Jahren in die Kolonien geschickt und sie bis vor ein paar Wochen nicht mehr wiedergesehen hatte. Ganz offensichtlich hatte die lange Trennung Carolines Liebe zu ihrem Vater nicht vermindert, und das war in Bradfords Augen wirklich überaus ungewöhnlich.
»Ich wußte, daß es dir gefallen würde. Und Sie, Bradford?« Der Earl strahlte. »Unterhalten auch Sie sich gut?«
Bevor Bradford antworteten konnte, fuhr Braxton schon fort. »Sie haben heute abend mit Ihrem Erscheinen für ziemliches Aufsehen gesorgt. Normalerweise machen Sie sich doch auch nichts aus solchen gesellschaftlichen Ereignissen, nicht wahr?«
»Ja, ich war bisher sehr nachlässig in meinen Pflichten«, erwiderte Bradford. »Aber ich bin willens, mich zu ändern. Der heutige Abend war für mich sehr ... anregend.« Er warf Caroline einen knappen, süffisanten Blick zu. »Bislang habe ich mich prächtig amüsiert!«
»Ah, da kommen der Marquis und Charity.« Der Earl winkte seinem Schwager und seiner Nichte, wartete, bis sie sich zu ihnen gesellt hatten, und fragte dann an Bradford gewandt: »Sie erinnern sich an den Marquis of Aimsmond?«
Caroline entging nicht, wie formell ihr Vater mit einem Mal klang. Zudem hörte sie einen Hauch von Ehrerbietung aus seiner Stimme heraus, woraus sie schloß, daß Bradford der wichtigste von all diesen hochrangigen Gentlemen um sie herum war. Irgendwie kam ihr das ein wenig albern vor; immerhin war Bradford weit jünger als ihr Vater oder ihr Onkel.
Bradford nickte, um den anderen zu bedeuten, daß er sich durchaus an den Marquis erinnern konnte. Es war das knappe Nicken eines Mannes, der sich seines hohen Rangs bewußt war und wußte, was sich gehörte. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Aimsmond.«
»Das kann ich zurückgeben«, sagte der Marquis mit einem Lächeln. Dann wandte er sich an Carolines Vater. »Unser Gastgeber hat uns gebeten, auf ein Wort zu ihm zu kommen.«
»Natürlich«, antwortete der Earl. »Ich bin gleich zurück, Caroline.«
»Mit Ihrer Erlaubnis«, warf Bradford ein, »würde ich gerne Caroline dem Earl of Milfordhurst vorstellen. Ich bringe
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