Im Taumel der Sehnsucht
Earl los, um den zukünftigen Gatten ihrer Tochter zu suchen. Sobald er zurückkehrte und Caroline und Charity Nigel Crestwall vorstellte, empfand Caroline noch etwas anderes für Rachel... tiefes Mitleid nämlich.
Nigel Crestwall besaß die Augen eine gerissenen Fuchses. Die Blicke, die er Caroline zuwarf, waren nur als lauernd zu bezeichnen. Caroline fühlte sich in seiner Gegenwart ausgesprochen unbehaglich und war froh, als Rachel so lange greinte, bis er endlich mit ihr tanzte.
Der Marquis wirkte inzwischen sehr erschöpft, und Caroline schlug vor, daß sie zum Dessert in den Speisesaal zurückkehren sollten. Sobald sie saßen, trat Viscount Claymere an den Tisch und flehte ziemlich theatralisch, sich doch zu ihnen setzen zu dürfen. Anschließend wollte Terrence St. James vorgestellt werden, und auch er ließ sich an ihrem Tisch nieder.
Caroline war es bald leid, wie die beiden jungen Männer regelrecht um ihre Aufmerksamkeit kämpften. Als sie zufällig aufblickte, entdeckte sie Bradford, der sie quer durch den Raum beobachtete. Eine Frau, die wahrhaft umwerfend aussah, wie Caroline zähneknirschend anerkennen mußte, hing an seinem Arm und schaute bewundernd zu ihm auf.
Bradford hielt ein Weinglas in seiner Hand und hob es nun in einer Geste, die sowohl einen Gruß als auch einen Toast bedeuten konnte. Sie nickte und wollte die Geste gerade erwidern, als der Viscount sich vorbeugte und ihr das Glas versehentlich aus der Hand schlug. Der Champagner ergoß sich über das Tischtuch, und der Viscount überhäufte sie augenblicklich mit flehentlichen Bitten um Vergebung. Caroline blieb nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und sich die Tirade anzuhören.
Als er endlich fertig war und Caroline wieder zu Bradford hinübersehen konnte, erkannte sie auf den ersten Blick, daß die kleine Szene ihm viel Spaß gemacht hatte. Sein Grinsen ging von einem Ohr zum anderen.
Caroline lächelte unwillkürlich zurück. Dann schüttelte sie leicht den Kopf und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Gesprächen um sie herum zu. St. James ergriff immer wieder ihre Hand, die auf dem Tisch lag, und sie zog sie immer wieder weg.
Als der Abend sich schließlich dem Ende zuneigte, umarmte Caroline ihren Onkel und versprach ihm wohl zum zehnten Mal, daß sie übermorgen zum Tee kommen würde. Dann verabschiedeten Charity und sie sich von verschiedenen Leuten und bedankten sich beim Duke of Ashford für diesen wunderbaren Abend.
»Was hatte Bradford denn mit dir zu besprechen?« fragte Caroline ihren Vater, nachdem dieser geduldig Charitys Beschreibung des Abends über sich hatte ergehen lassen.
»Er will dir morgen einen Besuch abstatten«, verkündete ihr Vater. Er hörte sich sehr selbstzufrieden an. »Ich sagte ihm, daß er schon der fünfte sei, der mich um diese Erlaubnis gebeten habe.« Er lachte leise in sich hinein. »Das gefiel ihm überhaupt nicht, das kann ich euch sagen.«
»Bradford stellt Caroline nach«, bemerkte Charity.
»Ich nehme an, der größte Teil von Londons männlicher Bevölkerung ist seit heute auf der Jagd«, erwiderte der Earl. »Aber deine Cousine ist nicht die einzige, die das Interesse geweckt hat. Ich habe eine Flut von Anfragen deinetwegen, Charity.«
»Im Ernst?« Charity schien von dieser Nachricht nicht sonderlich begeistert.
»Ja. Und wir müssen die Einladungen morgen gemeinsam durchgehen. Ich schätze, ihr beide werdet eine Menge Blumen und Briefe bekommen. Allerdings ist es 'zig Jahre her, daß ich jemandem den Hof gemacht habe, und so könnte es durchaus sein, daß sich die Gepflogenheiten ein wenig geändert haben. Es ist nicht gerade einfach, mit den aktuellen Gebräuchen auf dem laufenden zu bleiben, wißt ihr.«
Während ihr Onkel fortfuhr, über die Gentlemen zu reden, die sich um ihre Gunst bemühten, wurde Charitys Miene immer alarmierter. Caroline fing ihren Blick ein und schüttelte leicht den Kopf, um ihr zu bedeuten, ihren Mund zu halten. Sie wollte ihrem Vater nicht die Freude nehmen, die er über den Ansturm der Verehrer empfand. Sobald sie allein waren, würde sie mit Charity ein langes Gespräch führen.
Charity begriff und nickte. Caroline versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was ihr Vater sagte, aber ständig tauchte Bradfords Bild vor ihrem inneren Auge auf. Plötzlich dachte sie an Clarence, ihren Bostoner Verehrer. Sie stellte ihn im Geiste neben Bradford und stöhnte auf. Der Vergleich war lächerlich. Clarence war noch ein Junge, Bradford
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