Im Taumel der Sehnsucht
keinen Zweifel, daß alle männlichen Gäste an diesem Abend starke Konzentrationsprobleme bekommen würden.
Caroline ignorierte Bradford während des ganzen Essens. Statt dessen plauderte sie mit Paul Bleachley, neben dem sie saß, und Milford, den man ihr gegenübergesetzt hatte. Bradford hatte sich den Stuhl rechts von ihr genommen. Sie blickte nicht einmal in seine Richtung.
Bradford konnte es nicht leiden, wenn man ihn ignorierte. Er rührte sein Dinner kaum an, obwohl die Kommentare über das Essen im allgemeinen ausgesprochen positiv waren. Mit einiger Befriedigung stellte er fest, daß Caroline auch nicht viel zu sich nahm.
Die ganze Zeit über kämpfte er gegen das Bedürfnis an, seinen Rock auszuziehen und ihn Caroline über die Schultern zu legen. Zähneknirschend schwor er sich, Nigel Crestwall zu einem Haufen Knochen zusammenzuschlagen, wenn er weiterhin so lüstern in Carolines Ausschnitt starrte.
Als das Dessert serviert war, fand Bradford, daß er genug Geduld aufgebracht hatte. Anfangs hatte er vorgehabt, ganz langsam vorzugehen, ihr Zeit zu geben, ihn zu akzeptieren, sich schrittweise an die Tatsache zu gewöhnen, daß sie ihm gehören würde. Nun gestand er sich ein, daß er in diesem Stil nicht weitermachen konnte. Es war an der Zeit, mit Caroline ein ernstes Gespräch zu führen, und je eher desto besser.
Caroline versuchte, sich auf Milfords Bemerkungen über die Oper, zu der sie nach dem Essen alle fahren würden, zu konzentrieren, aber ihre Aufmerksamkeit wurde immer wieder von Loretta Kendall, Franklins Frau, abgelenkt. Die rothaarige Frau führte sich in ihrer Bewunderung für Bradford einfach unmöglich auf, und Caroline wußte, daß sie etwas ganz und gar Grauenvolles machen würde, wenn Loretta nicht bald mit dem albernen Geplänkel aufhören würde. Einen Moment gab sie sich genüßlich der Phantasie hin, Loretta >zufällig< eines der Himbeertörtchen in den Ausschnitt zu schleudern. Weiß Gott, das Kleid war tief genug ausgeschnitten, um einem ganzen Kuchen Platz zu bieten!
Schließlich war das Dinner vorbei, und die Ladies standen auf und verließen den Speisesaal. Die Männer würden bleiben, um einen Drink zu nehmen, doch Bradford brach ausnahmsweise die Tradition. Er war nicht in der Stimmung, belanglos mit irgend jemandem zu plaudern. Und so folgte er Caroline, berührte sie am Ellenbogen und bat um ein Wort unter vier Augen. Er benahm sich absichtlich höchst korrekt, da Lady Tillman und Loretta Kendall sie beobachteten.
Caroline nickte kurz. »Wenn es wichtig ist«, sagte sie säuerlich. Sie ging voran und führte ihn ins Arbeitszimmer ihres Vaters im ersten Stock, während sie innerlich noch immer über den lüsternen Blick kochte, mit dem Loretta Bradford abschließend bedacht hatte.
»Bitte lassen Sie die Tür offen«, sagte Caroline hochnäsig.
»Was wir zu besprechen haben, ist privat«, sagte Bradford barsch, knallte die Tür zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. »Kommen Sie her.«
Caroline runzelte die Stirn über seinen Tonfall. Was nahm er sich heraus? Ihr Befehle entgegenzuschleudern .. . Frechheit! Hielt er sie für ein Dienstmädchen?
Und sie hatte auf einen perfekten Abend gehofft! Perfekt mißlungen war wohl die bessere Bezeichnung, und dabei hatten sie noch nicht einmal die Hälfte überstanden. Noch mußte sie die Oper ertragen. Wenn ihr Temperament mit ihr durchging, dann war dies allein Bradford zuzuschreiben. Zuerst kam der arrogante Kerl über eine Stunde zu spät, dann kritisierte er ihr herrliches Kleid, und nun besaß er auch noch die Dreistigkeit, sie herumzukommandieren.
Als Reaktion auf seinen Befehl lehnte Caroline sich gegen die Schreibtischkante und verschränkte die Arme vor dem Körper. »Nein, ich denke nicht!«
Bradford holte tief Luft. Er lächelte, aber das Lächeln war gezwungen. »Caroline, Liebes. Erinnern Sie sich daran, mir vorgeworfen zu haben, ich wüßte nicht, wann man mich beleidigt?«
Caroline nickte. Die Frage an sich und die Sanftheit seiner Stimme brachte sie vollkommen aus dem Gleichgewicht. »Ja, natürlich erinnere ich mich daran«, sagte sie lächelnd.
»Nun, dann werfe ich Ihnen im Gegenzug vor, daß Sie offenbar nicht wissen, wann Sie sich fürchten sollten.«
Carolines Lächeln schwand. Alarmiert weiteten sich ihre Augen, als Bradford nun langsam auf sie zukam. »Ich habe keine Angst«, log sie.
»Oh, aber das sollten Sie«, flüsterte Bradford.
Sie hatte nicht die kleinste Chance. Bevor sie sich
Weitere Kostenlose Bücher