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Im Taxi - unterwegs in Kairo

Im Taxi - unterwegs in Kairo

Titel: Im Taxi - unterwegs in Kairo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chalid al-Chamissi
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sich dann nicht einmal mehr die Reichen leisten können.
    Ich lud in einem Internetcafé illegal kopierte Programme auf meinen Computer, denn die Preise für die Originalsoftware waren unverschämt hoch. Dann ging ich hinaus auf die Kasr-al-Aini-Strasse, um ein Taxi zu suchen.
    Ich stand auf dem Gehweg, als ein Schuhputzer auf mich zukam und fragte: »Schuheputzen gefällig, Bey?«
    Â»Ich warte auf ein Taxi.«
    Â»Es ist zwei Uhr nachmittags, da werden Sie so schnell keins finden. Lassen Sie mich erst mal Ihre Schuhe putzen, und dann besorge ich Ihnen ein Taxi. Schauen Sie mal, mein Herr, Ihre Schuhe sind wirklich schmutzig.«
    Â»Okay, dann machen Sie schon!«
    Â»Wohin wollen Sie denn?«
    Â»Nach Samâlik.«
    Â»Können Sie mich mitnehmen? Gott wird es Ihnen vergelten.«
    Â»Klar, warum nicht?«
    Â»Gott schütze Sie. Haben Sie Kinder?«
    Â»Ja, ich habe drei.«
    Â»Bingo, so viele habe ich auch. Einer ist im zweiten Studienjahr an der Ashar-Universität, aber leider ist er nach Tanta gegangen. Meine Tochter ist auf der Sekundarschule, und der Dritte im Bunde ist in der neunten Klasse.«
    Â»Die sind älter als meine, dafür sehen Sie aber noch ganz schön jung aus.«
    Â»Ich bin fünfundvierzig Jahre alt und habe mit einundzwanzig geheiratet. Gott sei’s gedankt, Er hat mich reich beschenkt, und die Kinder entwickeln sich prächtig. Sie sind fleissig und gehören zu den Besten. Das Einzige, was mich ärgert, ist, dass der Grosse wegen seiner Zensuren nach Tanta gehen musste. Aber in einem Jahr kann er nach Kairo wechseln.«
    Er holte ein Foto von sich und seinen drei Kindern heraus. Die Aufnahme sah neu aus. Alle lächelten breit. Der Vater stand in der Mitte und hatte seinen Arm um die Schulter seines ältesten Sohnes gelegt, der rechts von ihm stand. Zu seiner Linken stand seine Tochter, die er ebenfalls im Arm hielt. Der Jüngste stand vor dem Vater, sein Bruder und seine Schwester hatten jeweils eine Hand auf seine Schultern gelegt.
    Â»Dieses Foto hat mein Bruder gemacht. Der lebt seit fast zwanzig Jahren in Saudi-Arabien.«
    Â»Ein schönes Bild, Gott beschütze Ihre Kinder!«
    Â»Danke. Gott ist offenbar zufrieden mit mir. Alles ist perfekt. Die Kinder wachsen und gedeihen. Was will man mehr?«
    Â»Ah, da kommt ein Taxi. Samâlik! Samâlik! … Kommen Sie mit?«
    Â»Ja, natürlich. Das hatten wir doch so vereinbart.«
    Â»Genau.«
    Wir stiegen in das Taxi, ich setzte mich neben den Fahrer, er nahm hinten Platz und hielt das Schuhputzzeug auf dem Schoss. Der Fahrer sah ihn voller Verachtung an und fragte mich dann: »Gehören Sie zusammen?«
    Â»Ja, wir gehören zusammen.«
    Â»Was soll das heissen: zusammen? Nein, jeder muss seinen Teil bezahlen.«
    Â»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir zusammengehören.«
    Â»Dann kriege ich sieben Pfund.«
    Â»Ich verbitte mir diesen Ton!«
    Â»So bin ich nun mal: unverschämt. Was geht Sie das an?«
    Mit einem Mal stieg der Schuhputzer aus. Ich folgte ihm, aber er rannte mitten in den dichten Verkehr hinein und reagierte nicht auf meine Rufe. Dann war er im Gedränge verschwunden.
    Â»Haben Sie denn gar keinen Anstand?«, fauchte ich den Fahrer an.
    Seltsamerweise antwortete er nicht. Er fuhr weg, und ich beschloss, zu Fuss nach Samâlik zu gehen. Als ich ankam, waren meine Schuhe schmutziger als zuvor.

31
    Wenn die Strecke sehr kurz ist, versuche ich erst gar nicht, ein Gespräch mit dem Fahrer anzufangen. Diesmal war ich in der Strasse der Arabischen Halbinsel in Muhandissîn eingestiegen, um zum Libanonplatz zu fahren. Das dauert höchstens drei Minuten.
    Der Fahrer hörte »Erinnerst du dich noch« von Umm Kulthûm. Auch das war ein Grund für mein Schweigen: ich wollte dem Lied lauschen. In Taxis läuft nämlich selten gute Musik.
    Doch der Fahrer liess mich nicht in Ruhe und stellte mir eine höchst seltsame Frage: »Wissen Sie, was die schlimmste Sache der Welt ist?«
    Erst dachte ich, er macht Spass, sah dann aber, dass er ernst dreinschaute. Ich überlegte kurz und sagte dann: »Wenn Ägypten gestern gegen die Elfenbeinküste verloren hätte?« Es war der Tag nach dem Finale der Afrikameisterschaft, das Ägypten zu Hause gegen die Elfenbeinküste nach Elfmeterschiessen gewonnen hatte.
    Â»Nein, es gibt etwas viel Schlimmeres.«
    Â»Was denn?«
    Â»Wenn sich

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