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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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sich davor hin und senkte den Kopf.
    Als er die bittere salzige Sauce bis zum letzten Rest vertilgt und sogar vom Rand des Tellers abgeleckt hatte, hörte er ein anschwellendes Stimmengewirr und lautstarkes Hin- und Herlaufen aus dem Stockwerk unter ihm.
    Aufgeregte Stimmen. Schreiende und kreischende Stimmen, die den Gesang von Black-Metal-Musik imitierten. Grollend und gurgelnd, bevor sie in schrille Falsetttöne ausbrachen. Er fragte sich, ob sie wohl auf diese Art miteinander kommunizierten
oder sich einfach nur gegenseitig übertreffen wollten, wie Kinder es tun. Fenris war der Lauteste. Luke bezweifelte, dass der Junge überhaupt in der Lage war, längere Zeit zu schweigen. Seine dümmlichen Ausrufe wurden untermalt von Lokis dröhnendem Bariton. Vielleicht imitierte das Mädchen ja dieses schakalartige Bellen und wetteiferte mit Fenris darin. Es dürfte wohl kaum die alte Frau sein, die ihre Stimme derart entstellte. Und warum trugen sie ihre Schuhe im Haus, fragte er sich, um sich gleich darauf idiotisch vorzukommen angesichts der Abwegigkeit dieser Frage. Aber das ständige hohle Stampfen ihrer Füße auf dem Holzboden konnte einen schon verrückt machen, es war höllisch laut. Er zuckte zusammen, seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Es schüchterte ihn ein, und er hatte Angst, sie könnten lärmend die Treppe hinauftrampeln und erneut in sein Zimmer eindringen.
    Auch mit den Möbeln gingen sie nicht gerade zimperlich um. Holzstühle, jedenfalls nahm er an, dass es Stühle waren, wurden ständig laut auf dem Fußboden herumgeschoben. Es klang, als würden sämtliche Möbel im Erdgeschoss umgeräumt oder umgeworfen, als würden dort unten Sachen zerschlagen. Er fragte sich, wer wohl diese alte Frau war. War sie mit einem aus dieser Band namens »Blood Frenzy« verwandt? Er hätte gerne gewusst, warum sie den jungen Leute erlaubte, sich so wild aufzuführen.
    Auf einmal ärgerte er sich darüber, dass er nicht gefragt hatte, warum er hier festgehalten wurde und wer die alte Frau war. Er hätte auch noch eine Menge anderer Fragen stellen können, die er unbedingt beantwortet haben wollte. Ihm wurde eiskalt. Waren diese Jugendlichen etwa die Mörder seiner Freunde? Waren sie hinter ihnen her gewesen, hatten sie sie gejagt? Sie zur Strecke gebracht. Diese drei, der Wolf, der Teufel und das Feuer?
    Nein, das passte nicht zusammen.
    Luke hatte ihren Verfolger, ihren Mörder, nicht gesehen, aber was er erahnt und gespürt hatte, war viel zu flink und zu lautlos
für ein menschliches Wesen gewesen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese geschminkten Jugendlichen in der Lage waren, eine derart bestialische Durchtriebenheit an den Tag zu legen. Außerdem ging von ihnen nicht diese unnatürliche Präsenz aus, die sie sogar bis in ihre Träume verfolgt hatte. Dieses Ding. Luke schlug die Hände vors Gesicht und schnappte nach Luft, als ihn eine erneute Panikattacke erfasste.
    Das Krachen und Kreischen der Jugendlichen dröhnte durch das Haus, als sie nach draußen gingen. Auf dem Gras war das Getöse nicht mehr so laut zu hören. Nur dieses idiotische Geschrei wollte einfach nicht aufhören.
    Luke ging durch das Zimmer zu dem kleinen Fenster. Er bemerkte die schwarzen Nägel oder Drahtstifte, die rechts neben dem Fenster aus der Wand herausragten. Über dem Bett waren rechteckige helle Flecken zu sehen. Dort hatten Bilder oder Ähnliches gehangen, und jemand hatte die Sachen abgenommen. Das ist kein gutes Zeichen, dachte er, auch wenn er nicht erklären konnte warum. Er schob den ausgeblichenen zerfledderten Vorhang zur Seite und sah aus dem Fenster.
    Draußen wurde es dunkel, aber der Himmel war noch hell. Er schätzte, dass es ungefähr acht Uhr sein musste. Ein orangefarbener Glanz fiel aus einer offen stehenden Tür oder einem Fenster direkt unter ihm.
    Von seinem kleinen Fenster aus konnte er beobachten, wie die Jugendlichen dort draußen einen Scheiterhaufen anzündeten.
    Schwärzliche Holzbalken waren ungefähr sieben Meter vom Haus entfernt auf einer Grasfläche, die sich bis zum Waldrand erstreckte, aufrecht gegeneinander gestellt worden. Dazwischen und darum herum lagen übereinandergeschichtete Äste und gebündelte Zweige. Ein roter Plastikkanister mit Benzin war ebenfalls im dunkelgrünen Gras zu sehen, das schon lange nicht mehr gemäht worden war. Rund um den Scheiterhaufen waren die langen Halme plattgetreten.

    Auf der Wiese wuchsen einige wenige Obstbäume. Gegenüber dem Haus stand ein

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