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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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aus. Sein Brustkorb bewegte sich auf und ab. Hutch hörte, wie er an seinem Inhalator sog.
    »Was ist denn?«, fragte Dom flüsternd.
    Hutch hielt den Kompass hoch, schräg vor Doms schweiß-überströmtes rotes Gesicht. Nordwest. Am liebsten hätte er laut aufgeschrien. Sie waren schon wieder in die falsche Richtung gelaufen. Sie waren abgebogen und zurück in den Wald gelaufen. Tiefer hinein, statt auf den Waldrand zu. Sie waren ganz allmählich vom Kurs abgekommen, so sachte, dass es sich nicht wie eine Richtungsänderung angefühlt hatte. Aber seit wann? Und wie hatte das nur passieren können? Er hätte es doch merken müssen. Hätte er nicht Doms schnaufende, unkoordinierte Last an seiner linken Seite gehabt, wäre er vielleicht aufmerksamer gewesen.
    »Das ist nicht gut.« Er schüttelte den Kopf.
    »Was denn?«
    »Die Richtung, in die wir gehen.« Er schob Dom von sich und gab ihm einen Klaps. »Mist.«

21
    Zuerst dachte Luke, es sei ein Felsbrocken natürlichen Ursprungs. Solche massiven Steinblöcke, die plötzlich inmitten der grünen Landschaft auftauchten und manchmal recht hoch aufragten, hatten sie auf ihrem ersten Tag der Wanderung gesehen. Aber nachdem er einmal um den riesigen Stein herumgegangen war und den Efeu ein Stück zur Seite geschoben hatte, sah er die verwitterten Runen. Sie bedeckten eine ganze Seite des Felsens und wurden von einer ovalen Umrandung eingefasst, in der sich eine dicke Schicht versteinerter Flechten festgesetzt hatte.
    Er ging in die Hocke, wippte vor und zurück und reckte sich, um durch das dichte Gestrüpp zu spähen, dass den Felsblock umgab. Zwischen dem Wirrwarr der abgestorbenen Äste und dem ein Meter hohen Unkraut, das es bedeckte, konnte er noch einen aufrecht stehenden Steinquader erkennen, der ungefähr vier Meter von dem ersten entfernt war, und dann noch einen weiteren dahinter.
    Er trat ein Stück zurück, senkte den Blick tiefer und bemerkte, dass man den Pfad, der sich zwischen den drei Steinen hindurchwand, kaum aufrecht beschreiten konnte.
    Er versuchte dennoch, ein Stück weiterzugehen, aber sein Rucksack wurde sofort von einem Ast aufgespießt, und er kam nicht voran. Er stieß einen Fluch aus und ging wieder rückwärts.
Dann nahm er seinen Rucksack ab und stöhnte auf, als das ganze Gewicht hinter ihm auf den matschigen von feuchten Blättern übersäten Boden fiel.
    Auf allen vieren kroch er nun vorwärts, durch den Tunnel aus Gestrüpp, der sich über dem Pfad geformt hatte. War das wirklich der Weg? Ja. Er streckte eine Hand aus und strich mit den Fingerspitzen über den Rand der Furchen, die von den Wagenrädern stammten. Irgendwelche kleineren Tiere mussten diesen Tunnel durch ihr ständiges Hin-und-her-Huschen angelegt haben. Er legte sich auf den Boden, robbte ein Stück voran und spürte die kalte Feuchtigkeit der Erde unter seinem Bauch und seinem Brustkorb.
    Er würde so weit wie möglich hindurchkriechen, um herauszufinden, ob das Gestrüpp sich irgendwo auflockerte. Aber das wäre dann auch der letzte Versuch, den er machen wollte, weiter in diese Richtung zu kommen. Sie waren jetzt vier Stunden lang seit dem Sonnenaufgang unterwegs und dem Waldrand noch kein Stückchen näher gekommen. Wenn er herausgefunden hatte, dass der Pfad zwischen diesen aufragenden Steinen zu Ende war, würde er zurückgehen und den anderen erklären, es sei Zeit den letzten Ausweg ins Auge zu fassen. Seinen Plan. Seine Idee. Sie könnten jetzt längst schon vier Stunden auf diesem Weg sein. Und sogar der Lahmste von ihnen wäre vor Sonnenuntergang aus dem Wald heraus, wenn es ihnen gelänge, den Weg zu finden, auf dem sie am Vortag in den Wald hineingegangen waren.
    Nachdem er acht Meter auf dem Bauch vorangekrochen war, wurde es mit einem Mal heller und er konnte einen größeren Bereich übersehen. Er hatte das Ende des natürlichen Tunnels erreicht und konnte jetzt sogar den Kopf heben.
    Er richtete sich auf, völlig durchnässt und schlammbesudelt, und brach durch das Geäst am Ende des Durchschlupfs. Er musste die Beine hoch anheben, um über dorniges Gestrüpp zu
steigen, und betrat einen Flecken, wo die größeren Bäume zurückwichen und der Wald heller war. Hier wucherten auf einer Art Lichtung niedrigere Büsche und Zwergbirken.
    Der Regen fiel dicht, und es sah aus, als würden silbrige Pfeile herabschießen von einem Himmel, dessen gezackte Umrisse oben zwischen dem feuchten Blätterwerk auszumachen war, das die Lichtung nicht ganz bedeckte. Es war

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