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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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müder und kränker. Scheiß drauf, was hatte er schon noch zu verlieren? »Dom, hör mal. Das, was heute Morgen passiert ist …« Er holte tief Luft und seufzte.
    In seinem Zelt drehte Phil sich zur Seite, den Rücken der offenen Klappe zugewandt. Hutch war gerade damit beschäftigt
Wasser für den Kaffee zu kochen, aber Luke spürte, dass die Anspannung für ihn beinahe unerträglich war.
    »Es tut mir leid, Kumpel. Wirklich, das ist mein Ernst. Die Sache heute Morgen. Das war einfach … völlig daneben.«
    Eine ganze Weile antwortete Dom nicht. Und mit jeder Sekunde Schweigen wurde die dicke Luft im Lager noch undurchdringlicher. Als er reagierte, klang seine Stimme ganz ruhig. »Das stimmt. Aber deine Entschuldigung kannst du dir in den Arsch schieben. Ich will nichts davon hören. Wenn es nicht unmittelbar mit unserem Überleben zu tun hat, dann möchte ich kein einziges Wort mehr mit dir wechseln bis wir wieder zu Hause sind.«
    Luke warf Hutch einen Blick zu. Der verzog das Gesicht und machte nervöse Mundbewegungen, während er so tat, als würde das Kaffeekochen seine ganze Aufmerksamkeit beanspruchen.
    Luke wurde heiß, die Hitze breitete sich in seinem ganzen Körper aus. Er fühlte sich benommen und erstickte an seinen Gefühlen. Schon wieder. Selbstmitleid. Wut. Bedauern. Genau die gleichen beschissenen Emotionen wie sonst auch. Sein Hals wurde enger, als würde er anschwellen, sein Mund verkrampfte sich, er hatte den Geschmack von Eisen am Gaumen. »Das geht schon in Ordnung.«
    »Ganz bestimmt geht das in Ordnung. Und ich schwör dir, wenn du jemals wieder gegen einen von uns die Hand erhebst, dann wirst du es ewig bereuen.«
    Hatten sie sich eine Strategie zurechtgelegt, mit der sie gegen ihn vorgehen wollten? Hatten sie über ihn gesprochen? Natürlich. Als er vorausgelaufen war. Die letzte Kraft, die ihnen noch zum Diskutieren verblieben war, hatten sie ganz bestimmt für dieses Thema verwendet.
    »Als ob du immer alles richtig machen würdest.« Jetzt sprach er wieder, ohne seinen Kopf einzuschalten. Es brach immer aus ihm hervor, wenn er gekränkt wurde, dann konnte er sich nicht
mehr unter Kontrolle halten. Und ehrlich gesagt, passierte ihm das so gut wie jeden Tag in der Londoner U-Bahn und dann regelmäßig bei seiner Arbeit im Secondhand-Schallplattenladen.
    »Hä? Hab ich dich etwa provoziert? Zu dem, was du gemacht hast? Hatte ich das verdient? Du bist ja ein Psychopath.«
    »Dom«, sagte Hutch mit ernstem Unterton.
    »Lass gut sein, Luke«, sagte Phil. »Lass einfach. Du hast dir genug geleistet für einen Tag.«
    »Leck mich.« Das war ausgesprochen, bevor er auch nur den Bruchteil einer Sekunde darüber nachgedacht hatte.
    »Jetzt geht es schon wieder los«, sagte Dom.
    Luke atmete tief durch. Hielt inne. Sah die Spitze seiner Zigarette an. »Du machst dich über mich lustig, seit wir in London zusammengekommen sind. Glaubst du, es macht mir Spaß, ständig das Opfer deiner Witze zu sein?«
    »Ach, du armes Würstchen. Wie traurig.«
    »Jetzt fängst du wieder damit an. Du putzt mich runter. Warum ?«
    »Lass es, Luke«, sagte Hutch, und er klang sehr müde dabei.
    »Warum? Warum ist es euch immer zu anstrengend zuzuhören, wenn ich etwas sagen will? Ist das, was ich sage, denn immer total unangebracht oder dumm?«
    »Vielleicht«, entgegnete Dom.
    Luke ignorierte diese Bemerkung. Er wusste, dass es ein Versuch war, sich an ihm für die Erniedrigung durch die Faustschläge zu rächen. »Ich frage mich, wie wir überhaupt jemals befreundet sein konnten.«
    Dom lenkte nicht ein. »Jedenfalls sind wir es nicht mehr. Du musst dich also nicht weiter quälen.«
    Und plötzlich bereute Luke keinen einzigen Schlag, den er Dom verpasst hatte. »Was zum Teufel tue ich dann eigentlich hier mit euch? Das frage ich mich seit dem Moment, als ihr in meiner Wohnung aufgekreuzt seid.«

    Dom stützte sich auf den Ellbogen, so dass Luke sein breites flaches Gesicht inmitten des dunklen Zelteingangs sehen konnte. »Vielleicht hättest du da mal besser was gesagt und uns mit deiner Anwesenheit während der letzten Tage verschont.«
    Luke lachte laut auf. »Vergiss doch mal, was heute Morgen passiert ist, auch wenn ich mittlerweile das Gefühl habe, du hast es verdient. Aber das nur nebenbei. Lassen wir das mal weg. Und sag du mir mal, was dein Problem ist. Dein Problem mit mir. Na los, sag es uns!«
    »Luke«, schrie Hutch ihn an.
    »Nein. Lass mich.« Luke sah wieder zu Dom und sprach langsam weiter:

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