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Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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»So ungefähr, so ungefähr. Reicht’s jetzt nicht langsam mit diesen Vagheiten? Deshalb sitzen wir doch jetzt hier im Dreck mit einem blutbesudelten Zelt. Noch mehr solche vagen Ideen, und wir sind bald alle tot.«
    Phil schnappte panisch nach Luft.
    Luke musterte Dom genauer und unterdrückte den heftigen Drang, sich einfach allein auf den Weg zu machen. Er hielt kurz inne, um seine Gedanken in eine vernünftige Ordnung zu bringen. »Es ist längst zu spät, um unsere Spuren zurückzuverfolgen bis dorthin, wo wir hier reingekommen sind. Also haben wir keine andere Wahl mehr, als Richtung Süden zu gehen. Wir müssen einfach versuchen, an der schmalsten Stelle des Waldes direkt durchzubrechen. Genau das wollte Hutch auch tun.«

    Phil blickte Dom an. »Uns bleibt nichts anderes übrig. Ich werde jedenfalls nicht hierbleiben und auf Hilfe warten.«
    Luke schaute auf seine Uhr. »Heute hätten wir Porjus erreichen sollen. Morgen Abend sollten wir eigentlich zurück in Stockholm sein. Und einen Tag später zu Hause.« Er sah die anderen beiden an und merkte, dass in seiner Stimme kein bisschen Hoffnung mitschwang. »Wie lang wird es dauern, bis jemand merkt, dass bei uns was schiefgelaufen ist, und er die Behörden alarmiert? Wartet irgendjemand zu Hause bei euch auf einen Anruf heute Abend? Oder Morgen?«
    Weder Phil noch Dom wagten, ihm ins Gesicht zu sehen. Beide blickten zu Boden und sahen auf eine Weise betroffen aus, die nichts mit ihrer Erschöpfung, der Kälte oder dem Schlafmangel zu tun hatte. Es war, als hätten sie auf einmal verstanden, welche Konsequenzen die neuesten Hiobsbotschaften hatten.
    Hutch hatte erzählt, dass die beiden von ihren Frauen getrennt lebten, aber Luke fragte sich, was das genau bedeutete. Hatten sie wegen der Kinder dennoch weiterhin täglich Kontakt zu ihren Ehefrauen? Verlangte man von ihnen, dass sie zu einer bestimmten Zeit wieder zurück waren, um ihre väterlichen Pflichten zu erfüllen? Von ihm erwartete jedenfalls niemand, dass er sich zurückmeldete. Mit Charlotte hatte er sich etwa einen Monat lang, und das auch nur sporadisch, getroffen. Sein Vorgesetzter bei der Arbeit würde versuchen, ihn auf dem Handy zu erreichen, wenn er Montag nicht im Laden erschien. Aber bis dahin waren es noch vier Tage. Und wenn er nicht zur Arbeit kam und ein paar Tage lang unerreichbar blieb, würde sich deswegen keiner seiner Kollegen an die Polizei wenden. Er bezweifelte sehr, dass sein Chef etwas anderes tun würde, als einen neuen Verkäufer einzustellen, wenn er länger als eine Woche nicht erschien. Seine Eltern würden sich vielleicht nach einigen Monaten des Schweigens Sorgen machen. Und seine wenigen Freunde in London würden sich fragen, ob er einfach nur für eine gewisse
Zeit abgetaucht war. Es war nicht anzunehmen, dass sie sehr bald etwas Wirkungsvolles in die Wege leiteten, um ihn zu finden. In letzter Zeit verbrachte er des Öfteren Monate, ohne einen von ihnen zu treffen. Sie hatten alle viel zu tun und lebten in verschiedenen Gegenden der Stadt. Und er stand niemandem mehr so nahe, dass derjenige ihn vermissen würde. Das war ihm, wenn er ehrlich war, auch klar. Am ehesten kam seine Mitbewohnerin infrage. Sie hatten zwar wenig miteinander zu tun, und sie wohnte erst seit sechs Monaten dort, aber sie kümmerte sich während seiner Abwesenheit um den Hund. Sie war sicherlich die erste Person, die sich fragte, wo er eigentlich blieb. Vermutlich ungefähr eine Woche nach seiner versprochenen Rückkehr. Aber bei wem würde sie sich melden? Wen kannte sie schon? Sie würde Nachrichten auf seinem Handy hinterlassen und dann vielleicht im Plattenladen nachfragen, falls sie sich überhaupt an den Namen erinnerte. Und das alles auch nur, weil sie keine Lust hatte, seinen Hund zweimal am Tag Gassi zu führen.
    Die Gedanken machten ihn trübsinnig und schließlich sogar wütend auf sich selbst. Wenn man in dem Alter keinen Lebenspartner hat und keine Karriere, wer interessiert sich dann schon für einen? Genau darum war es ihm doch immer gegangen: Sich von jeder Verantwortung zu befreien, so dass er tun und lassen konnte, was er wollte. Das hatte er jetzt tatsächlich erreicht, das war mal sicher. Luke lachte laut auf.
    »Was?«, fragte Dom. »Was?« Mit neugierigem Unterton, weil er wissen wollte, was Luke ausgeheckt hatte.
    Luke warf seine Zigarette ins Gebüsch. »Ich hab nur ein paar Sachen abgehakt. Es könnte tatsächlich Monate dauern, bevor meine Familie oder meine Freunde

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