Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual

Titel: Im tiefen Wald - Nevill, A: Im tiefen Wald - The Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
Vom Netzwerk:
er, so schnell er konnte, zu der Stelle, von wo das Geräusch gekommen war. Es geschah völlig unbewusst, instinktiv, der Impuls dazu schien aus einem roten Mahlstrom zu kommen, der in seinen Ohren schäumte und dröhnte. Er sprang über schlüpfrige Stämme und brach geräuschvoll durchs Dickicht. »Wo bist du, du Scheißkerl!«
    Er konnte nichts entdecken. In der Ferne wurden die Schreie von Dom und Phil immer lauter und panischer. Sie wollten, dass er zurückkam, dass er aus seinem Wahn zu ihnen zurückfand.
    »Komm schon, komm schon. Hol mich doch«, sagte er mit gesenkter Stimme, und jedes Wort klang härter als das vorherige. Er sprach zu den stillen Bäumen, den nassen Gräsern, dem
toten Holz und dem fußtiefen Laub, das den Boden bedeckte, zu den Pilzen und Stacheln, dem schattigen Licht, dem fernen Nebel über den grünlich verfärbten Steinbrocken, hinter denen sich dieses grässliche unnatürliche Ding versteckt hielt. Denn nur jetzt, in diesem Zustand, war er in der Lage, den Anblick eines Dings zu ertragen, das so etwas mit einem Menschen tun konnte. Jetzt und zu keinem anderen Zeitpunkt. Dies also ist der Ort, sagte er zu sich selbst, an den man zurückkehren muss; hier finde ich etwas Unbekanntes in mir, wenn die Zeit zum Sterben gekommen ist. Hier draußen. Es wird nicht leicht werden für diesen Menschenjäger, denn er würde sich nicht still und schnell ergeben. Das schwor er bei diesem ältesten Wald, den es in Europa noch gab.
    Nachdem er eine lange Weile vollkommen still gestanden hatte, ging er mit festen Schritten zurück zu den anderen.

33
    »Was hast du gesehen, Dom? Was hast du gesehen?«
    Luke keuchte, während er sprach. Sein ganzer Körper bebte, während das Adrenalin aus seinen Muskeln wich.
    Dom und Phil wagten nicht, sich ihm zu nähern. Mit vom Schock verzerrten Gesichtern starrten sie diesen verrückten Fremden an, genau wie die Menschen in der U-Bahn-Station, nach seiner ersten gewaltsamen Auseinandersetzung. Wie jene, die aus den offenen Waggontüren und durch die gelben Fenster den Irren angeglotzt hatten, der gerade einen ihm Unbekannten verprügelt hatte. Dom und Phil kannten ihn eigentlich kaum. Was weiß man schon von jemandem, abgesehen von sich selbst? Lukes Gedanken waren von einer Klarheit, wie er es kaum mehr als ein Dutzend Mal in seinem Leben erfahren hatte. »Was ist zu euch reingekommen, Dom? Was hat euch im Zelt überfallen ?«
    Dom schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, verdammt. Es war vollkommen dunkel.«
    »Denk nach. War es groß? So riesig wie ein Bär? Lief es auf allen vieren wie ein Hund?«
    Dom schaute ihn fassungslos an, er rang nach Atem. Seine Augen wirkten viel zu groß. »Groß. Es stank. Wie … wie ein nasses Tier, aber schlimmer.«

    »Hat es Geräusche gemacht?«
    »Ich weiß nicht …« Er verzog gequält das Gesicht und bedeckte unwillkürlich die Ohren mit den Händen. »So wie ein Hund, wenn er sich was geschnappt hat. Oh, Jesus. Ich will das nicht … Es hat ihn gepackt.«
    Luke nickte und reckte sich. Er sah über die Schulter in den Wald hinein, während seine Brust sich hob und senkte, hob und senkte.
    »Ein Bär. Es ist ein großer Bär«, sagte Phil, dessen Gesichtszüge noch immer völlig entgleist waren. In seinen roten Augen standen Tränen. »Oder eine große Katze. Solche Tiere entkommen manchmal aus Privatzoos. Vielleicht auch ein … ein Wolf.«
    »Wir müssen es herausfinden. Wir müssen so viel wie nur möglich darüber herausfinden.« Luke blickte Dom an und dann Phil, er senkte seine Stimme und flüsterte: »Es hat uns den ganzen Tag verfolgt. Und es wollte, dass wir Hutch finden. Es hat das alles arrangiert. Tiere … tun so was nicht.«
    »Was … soll das …?«, fragte Phil, der seine Stimme genauso wenig unter Kontrolle hatte wie sein Gesicht. Angesichts dieses irrwitzigen Schreckens wirkte er völlig entgeistert.
    »Es jagt uns schon seit drei Tagen. Vielleicht seit dem Moment, wo wir diesen Wald betreten haben. Am ersten Tag sollten wir dieses Tier oben im Baum finden.« Luke zündete sich eine Zigarette an, mit Bewegungen wie in Zeitlupe, er wirkte unglaublich ruhig und gefasst. »Und dann dieses Haus. Das komische Ding auf dem Dachboden. Diese verfluchte Kirche. Das, was du auf dem Friedhof gesehen hast. Das hängt alles irgendwie zusammen.«
    Dom und Phil standen dicht nebeneinander und ließen ihre Blicke die ganze Zeit durch den Wald streifen, der sich endlos weit um sie herum erstreckte.
    »Ach, komm

Weitere Kostenlose Bücher