Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
das alles geblieben? Mama, Papa, Blasen in den Pfützen, die seltsamen Bauernregeln einer untergegangenen Welt, seine Geige …
Das Trio blieb vor einem zerbrochenen, ehemals beleuchteten Straßenschild an einer Hauswand stehen. Der Name war zum Teil noch lesbar: »Twersk… …liza«.
Während sie die Twerskaja-Straße entlanggingen, hörte es tatsächlich zu regnen auf . A n den Gebäuden ringsum hatte sichtlich der Zahn der Zeit genagt.
»Dort vorne ist der Kreml!«, warnte Arschinow mit seiner Gasmaskenstimme. »Dort dürft ihr auf keinen Fall hinschauen! Wir schlagen uns lieber durch kleinere Seitenstraßen durch, sonst geht das noch schief!«
Sie traten durch einen dunklen Torbogen . A rschinow überprüfte seine Granatpistole.
»Hier war früher mal die Staatsduma drin«, erklärte er. »Tagsüber kann man hier nicht rumlaufen. Sonst wachen womöglich die Deputanten auf . A ber jetzt ist es sicher auch nicht ratsam, sich länger als nötig hier aufzuhalten!«
Tolik hätte zu gerne gewusst, was es mit diesen »Deputanten« auf sich hatte. In dem Begriff schwang das harmlose Wort »Mutanten« mit, doch Arschinow schien zu wissen, wovon er sprach. Jetzt war jedenfalls nicht der richtige Zeitpunkt, ihn danach zu fragen.
Das »Nest der Deputanten« war ein grauer, gesichtsloser Kasten. Nachdem die Weggefährten daran vorbeigegangen waren, bogen sie in die nächste Straße ein. Tolik konnte keinerlei Straßenschilder entdecken, doch soweit er sich an Arschinows Karte erinnerte, musste es sich um den Teatralny projesd handeln.
Die Häuser hatten hier wesentlich stärker gelitten als in der Twerskaja-Straße, und es war augenscheinlich nicht der Zahn der Zeit, der sie so verwüstet hatte. Tolik sah die angeschmolzenen Ränder von Ziegelmauern und umgestoßene Laternenmasten.
Sie hatten schon drei oder vier Seitenstraßen passiert, als Arschinow plötzlich den Arm hochriss und das Halt-Zeichen gab. Offenbar hatte er in der nächsten Seitenstraße eine Gefahr entdeckt. Er zog sich einige Meter weit zurück, rannte zum Gehweg hinüber, pirschte sich bis zur Kante des Hauses vor und spähte um die Ecke.
Tolik und Krabbe schlossen sich dem Fähnrich an, der die Taschenlampe ausschaltete und sein Gewehr durchlud. Die Stadt war keineswegs so tot, wie es den Anschein hatte. Es gab außer ihnen noch andere Lebewesen hier.
Tolik folgte Arschinows Blick. In der finsteren Gasse wucherten nicht nur gewöhnliche Sträucher, sondern auch äußerst fremdartige Gewächse. Ihre armdicken, im Mondlicht glänzenden Triebe entsprangen aus Rissen im Asphalt, rankten an den Bordsteinen entlang und bildeten an manchen Stellen riesige Knäuel. Fleischige, lanzettförmige Blätter reckten sich dem Mond entgegen, der wieder zwischen den Regenwolken hervorgekommen war. Obwohl kein Wind ging, schaukelten die Blätter hin und her, als wollten sie die Regentropfen abschütteln . V or dem Hintergrund der verwaisten, zerstörten Stadt wirkten diese Pflanzen gespenstisch . A nsonsten rührte sich nichts in der Gasse, und Tolik konnte nicht nachvollziehen, was Arschinow so aufgeschreckt hatte.
Das, was Tolik für ein Pflanzenknäuel gehalten hatte, bewegte sich plötzlich und sprang mit einem Satz auf die andere Straßenseite. Tolik konnte das Monster nicht richtig erkennen, doch es erinnerte entfernt an eine Kröte, wie er sie aus Büchern kannte.
Plötzlich hallte ein schmatzendes Geräusch durch die Gasse. Die riesenhafte Kreatur trank Wasser aus einer Pfütze. Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, stellte sie sich auf die Hinterbeine und schaute umher. Im Mondlicht schimmerten ihre grünen Augen mit schwarzen, vertikalen Schlitzpupillen.
Die drei wagten kaum zu atmen. Nach einigen Sekunden, die eine gefühlte Ewigkeit dauerten, stieß die »Kröte« sich ab, sprang an die Hauswand, kletterte mit erstaunlicher Behändigkeit durch ein Loch in der Ziegelwand und verschwand aus dem Blickfeld. Man hörte nur noch ein dumpfes Platschen.
Arschinow gab das Zeichen zum Weitermarsch. Es dauerte allerdings nicht lange, bis der nächste Zwischenfall sie zum Halten zwang . A m Ende des Teatralny projesd lief eine Meute von Kreaturen über die Straße, die auf den ersten Blick wie Hunde aussahen.
Doch der erste Eindruck war trügerisch. Im Mondschein leuchtete ein fensterloses Autowrack. Um den Weg abzukürzen, sprang einer der »Hunde« in den Innenraum, kam auf der anderen Seite wieder heraus und verschwand hinter dem nächsten Wagen. Tolik
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