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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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hier war.
    »Wenn Sie gehen, werden Sie doch noch zum Henker«, erwiderte Tolik schmunzelnd. »Sie würden uns dem Hungertod preisgeben. Lassen Sie lieber mal das Futter rüberwachsen.«
    Mit gesenktem Blick schöpfte Jelena die Brühe in die blechernen Schüsseln. Das Zeug schien gar nicht so übel zu sein. Es roch nach Suppe. Oder nach Gulasch? Warum nicht, sie sollten schließlich nicht aufgehängt werden. Korbut hatte Großes mit ihnen vor. Solange sie ihre Mission nicht erfüllt hatten, musste er sie einigermaßen pfleglich behandeln.
    Gierig löffelten die Männer ihre Suppe. Wie lange hatten sie nichts mehr zu essen bekommen? Einen Tag? Oder zwei?
    Während Tolik sie beobachtete, verging ihm der Appetit. Die Szene erinnerte ihn an die Geschichte mit Odysseus und Circe, die den Gefährten des Helden einen Zaubertrank serviert und sie kurzerhand in Schweine verwandelt hatte. In fügsame Schweine …
    Nein, wahrscheinlich trifft Lena überhaupt keine Schuld, dachte Tolik bei sich. Womöglich träumt sie tatsächlich davon, Zugführerin zu werden und im Führerstand jener Dampflok zu stehen, die die verweste Mumie des großen Kommunistenführers zu seiner Endstation bringt – seiner ewigen Ruhestätte im Untergrund. Und deshalb lässt sie sich auf den Härtetest ein, den sich die Genossen mit den Schulterklappen für sie ausgedacht haben.
    Aber was ist das für ein bizarrer Lebenstraum?!
    Tolik schauderte.
    Auf einmal fühlte er sich hundeelend . A lles widerte ihn an. Die duftende Suppe, seine schmatzenden Freunde, seine jugendliche Naivität und die enttäuschten Hoffnungen. Er hatte keine Pistole, um sich eine Kugel in den Kopf zu schießen. Und keine Lampe, um die Finsternis zu vertreiben. Er hatte gar nichts.
    Außer Gumiljow.
    In solch bedrückenden Momenten war der Dichter schon öfter Toliks Rettungsanker gewesen. Und auch jetzt war Gumiljow der Einzige, an dem er sich aufrichten konnte.
    Tolik begann, Gedichte zu rezitieren. Zuerst nur für sich – im Flüsterton, dann immer lauter, sodass es auch die anderen hörten.
    Es war ein seltsamer Auftritt. In dieser Zelle, an deren Wänden das flackernde Licht der Lampen tanzte, erklangen Verse über wundervolle Sonnenuntergänge, über Marmorplatten, die im Licht der untergehenden Sonne glänzen, und über ein Mädchen, das vergeblich nach ihrem Liebsten sucht.
    Mit jeder Strophe wurde Toliks Stimme fester. Die Wände des Verlieses taten sich auf und rückten die blauen Weiten afrikanischer Savannen in den Blick der Gefangenen. Nicht nur Jelena hörte Tolik zu . A uch seine Männer hatten ihre Schüsseln beiseitegestellt und lauschten ergriffen. Tolik rezitierte wie ein Schamane in Trance:
    Morgen treffen wir uns und werden erfahren,
    wer fürderhin herrschen wird hier;
    jene soll ein Stein vor Unbill bewahren,
    aufs goldene Taufkreuz vertrauen wir.
    Di e Verse zogen alle Anwesenden in ihren Bann: Tolik, der seine Melancholie abgeschüttelt hatte und innerlich zu ruhen schien. Seine Kämpfer, die aus der Lethargie erwacht waren und ihre gebeugten Rücken aufgerichtet hatten. Und auch Jelena, die Tolik ununterbrochen ansah und immer näher zum Gitter kam, bis sie schließlich die stählernen Stäbe mit ihren zarten Fingern umfasste …
    Tolik trat vor und berührte ihre Hand. Die junge Frau zuckte kurz, doch sie zog die Hand nicht zurück. Ihre Augen strahlten. So hatte Tolik noch nie jemand angeschaut.
    Dieser Blick würde ihm für immer bleiben. Für immer … Jedenfalls bis morgen. Und wenn Korbut ihn dann tötete – egal ob körperlich oder seelisch – und Tolik die Lider schloss, würde er als Letztes Jelenas Augen sehen – den Blick eines Engels zum Abschied von dieser Welt.
    Die jungen Kerle gafften, knufften sich in die Seite und kicherten wie pubertierende Mädchen. Doch die junge Frau genierte sich nicht. Und Tolik, der seinen Kämpfern unter normalen Umständen ein paar gelangt hätte, nahm ihr Getuschel überhaupt nicht wahr. Er hatte in diesem Moment alles ausgeblendet: seinen Trupp, seine Mission, die Zelle, die Finsternis und die stinkenden Maschinenöllichter . A uch Korbut und Nikita, Nestor und Arschinow – alle waren verschwunden. Für ihn gab es nur noch dieses rätselhafte, bildhübsche Mädchen, diesen Engel aus einer Welt, in der man nicht an Engel glaubte.
    Und nicht an die Liebe.
    »Bravo, bravo!«, applaudierte eine höhnische Stimme. Nikita lehnte am Türstock und klatschte in die Hände. »Phänomenal. Ich bin zu Tränen

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