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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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gierig nach der vergifteten Luft. Die anderen waren bereits bewusstlos geworden.
    In Toliks Kopf braute sich eine Gewitterwolke zusammen . V or diesem Hintergrund erschien ein phosphoreszierendes Zifferblatt. Es hatte keine Teilstriche, dafür einen Zeiger, der wie verrückt rotierte. Dann begann sich der Raum zu drehen, das Zifferblatt erlosch, und alles versank in Dunkelheit.

8
    ANGRIFF DER VÖGEL
    Diesmal lie f Tolik nicht zu Fuß durch einen Tunnel, sondern flog mit einer Taschenlampe in der Hand direkt unterhalb der gewölbten Decke entlang. Die Örtlichkeiten waren ihm vertraut . A n dieser Stelle zum Beispiel, wo das Kabel von der Decke hing, hatte er bemerkt, dass mit Grischa irgendwas nicht stimmte.
    Es war vergleichsweise angenehm, sich durch einen Tunnel zu bewegen, den man schon kannte. In einem vertrauten Tunnel fühlte man sich einfach sicherer als in einem fremdem. Nur dass diese Sicherheit oft trügerisch war …
    Tolik erinnerte sich an jedes kleinste Detail. Jeder Schimmelfleck, jeder Riss in der Wand und jedes hervorstehende Stück Betonstahl waren für ihn wie Wegweiser. Die Dinge haben ein Gedächtnis.
    Und hier, etwa fünfzig Meter weiter, nach der nächsten Biegung, hatten sie diesen rätselhaften, unvollständigen Warnhinweis gesehen. Gleich würde er im Lichtkegel auftauchen. Da …
    Als Tolik die Stelle anleuchtete, fiel ihm vor Schreck die Lampe aus der Hand. Mit einem metallischen Klirren schlug sie unten auf einer Schiene auf. Das Licht erlosch. Offenbar war das Glas gesprungen. Tolik landete auf dem Gleis, kniete sich auf den Boden und tastete fieberhaft zwischen den Schienen und Schwellen umher . A ls er die Taschenlampe gefunden hatte, schüttelte er sie ein paarmal, und sie ging prompt wieder an. Genauer gesagt: Sie verströmte jenes kalte, phosphoreszierende Licht wie das Zifferblatt, das er in seiner Ohnmachtsvision gesehen hatte.
    Da sich seine Augen bereits an die Dunkelheit gewöhnt hatten, genügte dieses schwache Licht, um zu erkennen, was ihn zuvor so überrascht hatte. Er stieg wieder zur Tunneldecke auf und berührte die Aufschrift mit dem Finger. Die riesigen Buchstaben, die sich über die gesamte Höhe der Wand erstreckten, waren diesmal nicht mit einer rußenden Fackel, sondern mit einer fettigen Grafitpaste geschrieben worden. Diese glänzte im Licht der Lampe so frisch, als wäre sie gerade erst aufgetragen worden: »Hüte dich …«
    Plötzlich spürte Tolik mit jeder Körperfaser ein seltsames Vibrieren in der Luft. Die Lampe flackerte und erlosch abermals. Gleichzeitig rollte eine Welle chaotischer Geräusche durch den finsteren Tunnel: Unzählige Flügel flatterten plötzlich umher, kleine Körper stießen mit dumpfem Schmatzen zusammen, markerschütternde Schreie gellten. Nun kam ihm der Tunnel überhaupt nicht mehr bekannt vor.
    Wahrscheinlich waren es Vögel oder Fledermäuse, doch ohne Licht konnte man nichts erkennen. Di e Viecher hatten sich wohl die ganze Zeit in Lüftungsschächten versteckt. Ob sie im Dunklen sehen konnten? Natürlich konnten sie, denn sie waren tot.
    Kann man sich etwas Beklemmenderes vorstellen als einen stockdunklen Tunnel, in dem tot e Vögel herumfliegen? Vor denen kann man sich nicht so einfach davonstehlen. Sie kennen kein Pardon.
    Vermutlich waren in diesem Moment Tausende entzündeter, rot umrandeter Augen au f Tolik gerichtet. Kleine, böse Augen, die ihn gierig anstarrten, um ungeschützte Stellen an seinem Körper auszumachen. Und Tausende spitzer, gebogener Schnäbel – bereit, sich in sein Fleisch zu bohren. Und Rache zu nehmen für die Qualen, die di e Vögel erlitten hatten, als an der Ochotny-rjad-Straße noch Geflügel verkauft wurde und man Enten, Hühnern und Gänsen vor den Augen der Kundschaft den Hals umdrehte.
    Was waren das für Vögel, die in diesem Tunnel lebten? Wie konnte man diesem tödlichen Strom von Leibern entkommen?
    Tolik ließ unwillkürlich die Lampe fallen, landete auf dem Gleis und begann zu laufen. Während sein Gehirn noch nach einem Ausweg suchte, traten seine Beine bereits in Aktion. Mit riesigen Sätzen rannte er durch die undurchdringliche Finsternis. Dabei hörte er den Tunnelwind rauschen. Den Tunnelwind? Nein – das war der riesige Schwarm Vögel, der ihn jagte und unerbittlich näher kam! Das Geräusch ihrer Flügel war kein richtiges Rauschen, sondern eher ein schauderhaftes Zischen: »Du entkomms-s-st uns nich-cht! Wir kriegen dich-ch!«
    Das Geräusch war so unerträglich, dass sich

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