Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
hat er sich im Schlafzimmer an die Wand genagelt. Direkt über dem Kopfende des Betts. Zur zweifelhaften Belustigung seiner Gespielinnen. Und Sie reden von Idealen.«
Unterdessen hatte Korbut die Infusion installiert und schob den Ständer neben Toliks Bett.
»So ist das, junger Mann«, seufzte er und stach ihm die Kanüle in di e Vene. »Aber reden wir lieber von Ihnen. Interessante Geschwüre haben Sie da. Besondere Geschwüre. Wie ist das passiert? Ein Giftgasangriff? Sind Sie zwischen die Fronten geraten? Für das Experiment könnte das insofern problematisch sein, als möglicherweise nicht alles so läuft wie geplant. Für mich als Naturwissenschaftler wäre das sogar interessant. Der Austausch der DNA -Abschnitte könnte bei Ihnen völlig unvorhersehbare Folgen haben. Ständige Halluzinationen oder Visionen zum Beispiel . V ielleicht können Sie dann ja die Zukunft vorhersagen, wenn Sie nicht gerade zu einem totalen Idioten mutieren. Oder Sie werden ein Supermann! Ja, mein Freund, Sie könnten ein richtiger Supermann werden. Nicht nur was die schiere Körperkraft anbelangt. Ihr entscheidender Trumpf wird darin bestehen, dass Ihnen radioaktive Strahlung nichts anhaben kann! Und Sie könnten diesen Vorzug an Ihre Nachkommen vererben! Denn was ist der Mensch anderes als eine Gendatenbank? Eine Box mit Gameten – unseren Geschlechtszellen. Möglicherweise gelingt es mir, so eine Art neuen Adam aus Ihnen zu machen. Den Stammvater einer neuen Rasse. Sie scheinen von dieser Perspektive nicht besonders begeistert zu sein . A ber machen Sie sich keine allzu großen Sorgen. Das sind alles nur Träume eines ehrgeizigen Wissenschaftlers, der nicht mehr ganz richtig im Kopf ist. Wahrscheinlich wird alles viel prosaischer enden. Ihre chemische Anomalie könnte dazu führen, dass der Genmodifikator bei Ihnen nicht mehr bewirkt als simpler Traubenzucker. Und dann … Also wenn es mit dem neuen Adam nichts wird, dann werden Sie Bekanntschaft mit unserem Heizer machen. Tja, Freundchen, Heizer – das ist zu allen Zeiten ein gefragter Beruf . A ls Onkel Fedja in Pension gegangen ist, hat er – wenn man so will – seinen unbezahlbaren Erfahrungsschatz weitergegeben. So hat er der neuen Generation beispielsweise beigebracht, wie man einem verurteilten Volksfeind einen Tennisball in den Mund stopft. Das ist sehr praktisch . V ersuchen Sie mal, den dann selbst wieder rauszubekommen, haha. Man darf dem Delinquenten dann nur nicht in den Hinterkopf schießen. Der Ball könnte sonst besudelt werden oder gar kaputtgehen. Und heutzutage werden Tennisbälle ja nicht mehr hergestellt. So … Schön locker lassen den Arm. So ist’s prima.«
Tolik spürte, wie flüssiges Eis und flüssiges Feuer Tropfen für Tropfen in seinen Körper sickerten . V erdammtes Gift! Sein Organismus musste sich unbedingt gegen den Eindringling wehren! Einmal hatte er es immerhin schon geschafft, der teuflischen Chemie zu widerstehen.
Die Umrisse der Dinge im Raum verschwammen. Das Licht der Lampe über ihm wurde unerträglich grell. Tolik zwang sich, die Augen offen zu halten, solange es ging . A ls er nicht mehr konnte und unwillkürlich die Lider schloss, versuchte er, sich auf etwas Wichtiges zu konzentrieren. Doch worüber lohnte es sich nachzudenken?
In diesem Augenblick schaute sie ihm in die Augen. Das Mädchen mit den grauen Augen und dem roten Kopftuch.
Sein Engel.
»Rette mich«, flüsterte Tolik tonlos. »Hol mich hier raus. Zieh mich aus dem Abgrund, in den dieser Wahnsinnige mich hineingestoßen hat…«
Der Chemiecocktail wirkte. Er durchströmte die Adern und bahnte sich seinen Weg zum Gehirn. Um den Probanden zu »perfektionieren«. Um ihn ein für alle Mal zu verändern.
Tolik schwebte durch den leeren Raum und sah ein rotes Kopftuch. Doch sosehr er sich mühte: Er konnte sich nicht mehr erinnern, wem es gehörte.
Seine Arme fühlten sich bleiern an, und seine Muskeln krampften sich zusammen, als stünde er unter Strom. Was geschah mit ihm?
Tolik schlug die Augen auf. Er hing über einem Abgrund und krallte sich mit den Händen an der Abbruchkante des Betonbodens fest. Drei Meter vor ihm befand sich ein riesiger Ofen. In dessen glühendem Schlund stocherte ein manierlicher Greis mit einem riesigen Schürhaken herum: Onkel Fedja – ein Urgestein der Lubjanka.
Tolik versuchte, sich hochzuziehen . A ls es ihm gelungen war, sich mit den Ellbogen abzustützen, schaute er zurück. In der riesigen Grube unter ihm türmte sich ein Berg
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