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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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Wahnvorstellungen eines überreizten Gehirns.
    Der Bärtige schaute Tolik mit weit aufgerissenen Augen an. Offenbar hielt auch er ihn für verrückt.
    Im Tunnel waren plötzlich Schritte zu hören. Das rhythmische Knallen von Stiefeln.
    Vorsichtig spähte der Bärtige hinaus und wandte sich zu Tolik um.
    »Sie sind da.«
    Dann stürmte er in den Tunnel hinaus. Eine Gewehrsalve krachte, und man hörte, wie ein Körper zu Boden fiel.
    Tolik wurde klar, dass er in der Falle saß . A nstatt den Bärtigen über die neuesten Geschehnisse auszufragen, hätte er sich lieber vom Acker machen sollen. Jetzt war es zu spät. Er konnte nur noch abwarten und darüber spekulieren, wer ihn wohl töten würde. Wahrscheinlich Grischa, der Anführer des Trupps. Der hatte jetzt keine Angst mehr vor Vögeln und war für immer geheilt von seiner Platzangst. Der Supermann würde gewiss nicht lange fackeln und einen dicken Schlussstrich unter das Leben seines ehemaligen Freundes ziehen.
    Tolik fand sich damit ab, dass er nun sterben würde. Er hörte bereits den Atem seines Henkers, der sich der Tür des Betriebsraums näherte. Gleich würde ihn der brutale Blick von Grischas Eiswürfelaugen treffen.
    Doch es war nicht Grischa, der zur Tür hereinkam. Sondern eine in Lumpen gehüllte alte Frau. Sie nahm Tolik bei der Hand.
    »Komm mit. Bei mir bist du in Sicherheit.«
    Draußen wartete ein kleiner Junge. Er lächelte munter und hielt Tolik eine gebratene Ratte unter die Nase.
    »Iss!«
    Tolik wehrte die ausgestreckte Hand ab, doch der Junge ließ sich nicht abwimmeln. Immer wieder landete die Ratte an Toliks Lippen. Der Junge begann auf einmal rapide zu wachsen, bis er mit dem Kopf an die Tunneldecke stieß. Toliks Widerstand war vergebens. Im blieb nichts anderes übrig, als den ekligen Kadaver hinunterzuwürgen.
    »So ist’s brav. Und jetzt noch ein Löffelchen.«
    Tolik stellte plötzlich fest, dass er auf dem Boden lag. Über ihn beugte sich Mamotschka . A us einer Schüssel schöpfte sie irgendeine Brühe und hielt sie Tolik an den Mund.
    »Iss, Soldat. Du musst essen, damit du wieder zu Kräften kommst.«
    Gehorsam schluckte Tolik das Zeug hinunter. Zu seiner Überraschung schmeckte es: eine Pilzsuppe, wie er sie noch nie gegessen hatte. Er nahm noch einen weiteren Löffel, dann noch einen und noch einen, bis die Schüssel leer war. Mamotschka stellte sie auf dem Boden ab und legte Tolik die Hand auf die Stirn.
    »Das Fieber ist weg. Du bist über den Berg, Soldat.«
    »Wo bin ich?«
    Tolik setzte sich auf. Er befand sich in einem winzigen Raum und war mit einer alten, löchrigen Decke zugedeckt. Eine Petroleumlampe spendete Licht. Draußen vor der halb offen stehenden Tür brannte ein Feuer, über dem ein rußiger Kessel hing.
    »Wo? In meiner Höhle. Wir sind in einem Seitentunnel nicht weit von der Majakowskaja .«
    »Von der Majakowskaja ? Und wie bin ich hierhergekommen?«
    »Ganz einfach . A uf allen vieren.«
    Mamotschka hatte ihn auf dem Gleis gefunden . V erwahrlost, schmutzig und barfuß. Er hatte vom Untergang der Metro fantasiert, grundlos geheult und inständig darum gebeten, am Friedhof der Lubjanka neben Kolja verscharrt zu werden.
    Waren also doch keine Gemos im Anmarsch und in der Metro noch alles beim Alten?
    Es sah ganz so aus. Bis jetzt jedenfalls.
    Tolik fing zu lachen an – genauso krampfhaft und überdreht wie Sergej, nachdem ihm Korbut etwas ins Essen gemischt hatte.
    Mamotschka schaute ihn besorgt an und legte ihm abermals die Hand auf die Stirn.
    »Keine Sorge«, winkte Tolik ab, nachdem er wieder zu Atem gekommen war. »Alles … Alles in Ordnung. Hören Sie zu, Mamotschka … So darf ich Sie doch nennen, nicht wahr?«
    »Untersteh dich. Ich bin Klawdija Igorewna«, erwiderte die Frau streng. »Gott bewahre, dass du Mamotschka in die Arme läufst.«
    Tolik musterte Klawdija Igorewna. Bei ihrer letzen Begegnung hatte alles an ihr viel unheimlicher gewirkt: die Narbe im Gesicht, die eingefallenen Augen, das graue Haar. Nun saß eine ganz gewöhnliche Frau vor ihm – wenn auch ausgezehrt und todunglücklich. Ihrem Sohn hatte er damals einen Ring Wurst geschenkt. Zum Dank hatte sie ihm das Leben gerettet.
    Die Frau stand auf und kramte in einer Ecke des Zimmerchens in einem Haufen Klamotten. Sie suchte ein labbriges Sweatshirt, abgetragene Jeans und Schuhe ohne Schnürsenkel heraus und legte die Sachen neben Tolik auf den Boden.
    »Da. Du kannst dich jetzt anziehen«, sagte sie und verließ diskret den

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