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Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Im Tunnel: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Antonow
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und sogar Nestor, zum Henker mit allen, die sich anmaßten, sie könnten über sein Schicksal verfügen. Missionen, hohe Ziele und Ideologien – all das zählte nicht mehr. Jetzt gab es nur noch ihn selbst, die Menschen, die er liebte, und diejenigen, über denen er den Daumen gesenkt hatte. Es gab Feinde, mit denen er eine Rechnung offen hatte. So geht wahre Anarchie!
    Er war nicht länger Kommandeur einer Kampfeinheit, sondern ein Einzelkämpfer, dessen Leben nicht mehr als eine leere Patronenhülse wog. Seine Mitstreiter waren in Monster verwandelt worden oder eingestampft und recycelt wie misslungene Prototypen. Das Mädchen, das er liebte, wurde von einem lüsternen Verräter betatscht.
    Von nun an handelte er nur noch für sich selbst, nicht mehr im Dienste einer abstrakten Menschheit. Der Krieg, den er jetzt führte, war sein persönlicher Krieg, kein heiliger Krieg zum Wohle des Volkes.
    Im Schlepptau von Krabbe sprang Tolik aufs Gleis hinunter und atmete inbrünstig die Tunnelluft ein. Die dünne und feuchte Tunnelluft, die geruchlos war, aber Tausende von Stimmungen in sich trug. Die Luft, die er schon seit seiner Kindheit atmete und die er für den Rest seines Lebens atmen würde.
    Krabbe erahnte Toliks Stimmungslage, hörte mit seinem Genöle auf und schaltete die Taschenlampe ein. Der Lichtkreis tanzte über mäandernde Risse, die die Tunnelwände wie Spinnennetze überzogen. Nun begann der Countdown.

11
    DIE WÜRMER
    Krabbe schaffte es nicht lange, die Klappe zu halten. Höchstens zwanzig Minuten. Dabei schaute er immer wieder verstohlen zu seinem Begleiter und wollte etwas sagen, tat es dann aber doch nicht. Tolik hatte das längst bemerkt, ließ sich jedoch nichts anmerken.
    Das hätte noch gefehlt, dass er mit diesem Banditen einen Smalltalk anfing oder womöglich gar aus dem Nähkästchen plauderte! Bei solchen Typen musste man auf der Hut sein. Für einen Moment nicht aufgepasst – und schon hast du einen Dolch im Rücken oder eine Schlinge um den Hals.
    Schließlich sprudelte es doch aus Krabbe heraus.
    »Du bist doch von der Woikowskaja , Tolik. Du läufst nicht zum ersten Mal durch diese Tunnel und denkst wahrscheinlich, dass du hier jeden Winkel kennst und vor bösen Überraschungen sicher bist. Meine Meinung: Was gestern noch in der Metro war, kann heute schon verschwunden sein. Und morgen taucht irgendwas Neues auf. Damit meine ich jetzt nicht irgendwelche Monster. Sondern Tunnel und Diensträume. Die sind wie Lebewesen, kannste mir glauben. Sie können an einer Stelle verschwinden und an einer anderen wieder auftauchen. Selbst habe ich das noch nicht erlebt, gebe ich zu. Ein Typ namens Mitritsch hat es mir erzählt. Keiner aus unserem Clan. Der Sohn eines Volksfeinds. Ein politischer Gefangener. Er war schon als Kind beim Metrobau dabei, und nachdem sie ihn rehabilitiert hatten, blieb er als Lohnarbeiter. Er konnte mit verbundenen Augen durch jeden Tunnel laufen, hatte aber trotzdem einen Heidenrespekt vor der Metro. Kein Wunder bei den Geschichten, die er erzählt hat . A ls sie den Abschnitt von der Belorusskaja zur Dinamo bauten, sind sie auf einen alten Friedhof gestoßen. Die Knochen standen buchstäblich aus den Wänden raus. Reihenweise. Und prompt sind auf einmal jede Menge Unfälle passiert. Mal geriet einer der Metrobauer unter die Tunnelbohrmaschine, mal bekam einer einen tödlichen Stromschlag. Die Trottel hätten einen Priester rufen und die Gebeine wieder bestatten sollen . A ber nein. Sie haben es sich lieber einfacher gemacht. Sie haben die Gerippe unter Zement und Stahl verschwinden lassen und dachten, damit seien sie die Toten los. Fünfzig Meter weiter – der nächste Friedhof. Und wieder landete alles unter Zement. Mitritsch hatte damals schon geahnt, dass da irgendwas nicht mit rechten Dingen zuging. Er hatte sich genau gemerkt, wie die Knochen am ersten Friedhof angeordnet lagen, und ihm fiel sofort auf, dass es am zweiten Friedhof exakt genauso war . A ls sich nach weiteren fünfzig Metern wieder dasselbe Bild bot, kamen allmählich auch die Chefs ins Grübeln. Trotzdem versuchten sie, das Problem wieder auf dieselbe Weise aus der Welt zu schaffen . V on wegen! Eine Wand stürzte ein und dahinter tat sich ein Seitentunnel auf. Mitritsch hat ihn sich angeschaut. Das Tunnelgewölbe war nicht aus Ziegeln, sondern aus Naturstein gemauert . A lle zehn Meter befand sich eine Nische in der Wand, in dem ein Skelett an einer verrosteten Kette hing . A nstatt sich zu fragen,

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