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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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wurde schwindelig. Bloß nicht in Ohnmacht fallen, die Mutter, deine Mutter braucht dich …
    »Keine Polizei. Bitte, keine Polizei. Alles wird gut. Nur keine Polizei.«
    »Mama … « Alles schien wegzugleiten, die Wände entfernten sich, ihre Mutter, das Chaos. Leah spürte, wie sie an einen verschwitzten, weichen Körper gedrückt wurde, wie das Gewicht ihrer Mutter sie nach unten zog. Ihre Beine gaben nach, und sie ließ sich zu Boden sinken, halb erstickt in Mutters Umarmung.
    Eine Hand streichelte ihren Kopf. Warmer, feuchter Atem hauchte sie an. Ein Lächeln lag in der zittrigen Stimme: »Du hast mich schon so lange nicht mehr › Mama ‹ genannt.«
    Sie bekam keine Luft. Ihre Augen brannten, unfähig, vor ihrer Mutter Tränen zu vergießen. Sie kniff die Lider noch fester zusammen. Sie war stark. Sie hatte alles im Griff, musste es im Griff haben, damit ihre Mutter in einer liebenswerten Verrücktheit leben konnte.
    »Alles wird gut, Leah. Mein Mädchen.«
    »Ja, Mama«, stammelte sie und kauerte sich zusammen, während die Handflächen der Mutter über ihre Wangen fuhren, »alles wird gut.«

9
    Grau war eine schöne Farbe, entschied Leah. Passend zu ihrem Kostüm, das sie im Büro tragen musste, und der Wettervorhersage. Wie oft kam es schon vor, dass ihr Gemüt und die diesige Welt da draußen im Partnerlook auftraten? Der Bürotag klapperte dahin. Die Sitzung der Verhandlungskommission am Vormittag hatte nicht zugelassen, dass sie einfach zu Hause blieb und ihre Mutter pflegte. Jetzt bearbeitete Leah den Papierkram und schaute immer wieder zur Uhr, um abzuschätzen, wann sie gehen konnte. Zwischendurch rief sie regelmäßig bei der Nachbarin an, um über die kreischenden Stimmen zweier Rabauken und eines Babys hinweg zu hören: » Gut, gut. Du keine Sorgen. « Wie ein Kind hatte sie ihre Mutter heute früh bei Milena abgegeben und versprochen, sie nach der Arbeit wieder abzuholen. Es traf sich gut, dass Milena grundsätzlich keine Fragen stellte. Oder zumindest keine, die Leah in dem holprigen Deutsch verstehen könnte.
    Nach jedem dieser Kontrollgespräche kam sie nicht umhin, die Liste der verpassten Anrufe durchzusehen. Zweimal zeigte das Display die Nummer des Fotostudios, einmal eine ihr nicht bekannte Handynummer. Die des Anwalts vermutlich. Irgendwann würde sie sich ihm stellen müssen, auch wenn sie über das Problem nur müde lächeln konnte. Ja, Grau war tatsächlich eine hervorragende Farbe. Sie zeichnete alles unwirklich.
    Leah holte tief Luft, wie heute schon so oft, doch diesmal fand sie tatsächlich den Mut, das Studio anzurufen. Beinahe atemlos wartete sie, dass am anderen Ende abgenommen wurde.
    »Elinor Martin, die Managerin von ›Dream Impressions‹, am Apparat, was kann ich für Sie tun?«
    Die schwungvolle Freude und die wohlige Wärme in dieser Stimme ertrug sie nur mit Mühe. Nach dem belauschten Gespräch schmeckte die Herzlichkeit der Quarkbällchen-und-jedermanns-beste-Freundin-Elinor wie ranziges Öl.
    »Dream Impressions, Elinor Martin hier, hallo?«
    »Könnte – ich – bitte – Kay – Gordon – sprechen?«, presste sie durch die Zähne hervor. Die Kollegin am Tisch gegenüber, die das verräterische Zittern ihrer Stimme bemerkt haben musste, reckte neugierig den Hals. Leah schickte ihr ein dünnes Lächeln, das sie dazu veranlasste, wieder hinter dem Monitor zu verschwinden.
    »Leah Winter, scheint mir?«
    »Ja, könnte ich … «
    »Nein, können Sie nicht.«
    Patsch! Sie hätte schwören können, dass Elinor in diesem Moment die Erfindung der schnurlosen Telefone verfluchte, die es ihr versagten, den Hörer auf die Gabel zu knallen. Störrisch drückte Leah auf Wahlwiederholung. Wenn sie sich schon dazu durchgerungen hatte, dann wollte sie die Sache gleich klären. Allerdings mit dem Chef persönlich, nicht mit seinem Anstandswauwau. Diesmal zitterte ihre Stimme kaum, wohl wissend, dass sie nicht sofort Kay am anderen Ende hören würde, nicht gleich an den Kuss denken müsste, der jetzt noch ihr ganzes Wesen durcheinanderbrachte, bis sie nicht mehr wusste, was richtig und was falsch war.
    »Elinor Martin, Managerin von Dream Impressions … «
    »Geben Sie mir Kay Gordon«, flüsterte sie. »Ich muss ihn sprechen.«
    »Nur keine Eile, der Nächste, den Sie sprechen werden, ist unser Anwalt, und bis dahin einen schönen Tag, meine Liebe.« Ihr Akzent war stärker geworden. Die » ch « -Laute klangen hart, die Vokale zog sie ein wenig länger als nötig, sodass es

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