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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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soll schon mit mir sein? Als sie sich mit vierzehn heulend in ihrem Zimmer verschanzt hatte, war ihre Mutter da, hatte ihr über den Rücken gestreichelt und irgendwann geseufzt: » Habe ich dir nicht gesagt, vertraue deine Tränen lieber einem Kissen an als einer Freundin? « Irgendwann war es zu spät gewesen für eine andere Freundin, und sie bekam nur noch Kommilitoninnen und Arbeitskolleginnen vom Leben serviert.
    »So still plötzlich?«
    »Mit Jugendknast und so kann ich nicht punkten.«
    »Meinst du, ich bin stolz auf mich? Hab die Schule abgebrochen, bin von zu Hause abgehauen, schwanger geworden – und irgendwann zwischen all dem erwachsen. Was soll’s, ich will diese Chance nutzen, es besser zu machen. Ich habe es mir verdient.« Mit einem Schwung drehte sich Nathalie um und defilierte insWohnzimmer. Sogar hier schien sie auf jede ihrer Bewegungen zu achten, als würde sie den gierigen Redakteuren irgendwelcher Modezeitschriften die neueste Winterkollektion präsentieren.
    »Mit einer Modelkarriere?« Leah folgte ihr, ein wenig neidisch auf diese Grazie. Denn nicht aus jedem hässlichen Entlein wurde ein schöner Schwan, und plötzlich wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie mit den jungen Frauen, die Kay normalerweise umgaben, niemals konkurrieren könnte.
    »Na hoffentlich mit einer Modelkarriere! Will auch nicht mein Leben lang bei McDonald ’ s Burger über die Theke schieben. Ach, schau mal! Wir werden beobachtet.«
    Die Beobachterin, weiß, schlank und athletisch, studierte die Eindringlinge. Nur die Pfoten, der Schwanz und der schmale Kopf hatten dunkelgraue Ansätze, als hätten sich Rauchzungen in das Fell gewoben. Wachsam standen die spitzen, großen Ohren von dem entstellten Kopf ab – einer längst verheilten Masse aus Haut- und Fellstücken, als hätte jemand eine Schrotflinte in das Gesicht des Tieres entladen. Sie thronte auf einem Sessel, der wie für sie aufgestellt worden war, um mit jeder müden Stofffaser seine vergangenen Blaublüter-Zeiten unter Beweis zu stellen. Die sonstige Einrichtung vermittelte eher die Gemütlichkeit von kahlen Bücherregalen Marke BILLY . Samt Plastik-Ficus vor dem Fenster.
    »Ein Typ mit einer Katze. Mit einer so hässlichen Katze. Was das wohl aussagt!« Nathalie zerrte an der obersten Schublade eines Schreibtisches, als müsste sie demonstrieren, dass zwei intensiv blaue zusammengekniffene Katzenaugen sie nicht einzuschüchtern vermochten. Flink glitten ihre Finger durch die Papiere. Sie nahm sich einen Zettel und einen Stift und begann etwas abzuschreiben.
    »Etwas Nützliches gefunden?«
    »Seine Kontakte.«
    Leah widmete sich dem Wandschrank, auch wenn sie sich angesichts Nathalies Geschäftigkeit fehl am Platz fühlte. Der Inhalt gab nicht viel her: ein paar Bücher über Fotografie, Kabelsalat in einer Schublade, Einzelteile irgendwelcher Geräte, bei denen in ihr nur ein Wunsch aufkam: Beam mich hoch, Scotty! »Wie hast du Céline eigentlich kennengelernt?«
    »Bei einem Casting. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, alle drei. Sie schlug uns vor, bei ihr einzuziehen. Wir wollten uns zusammen in diesem Business durchbeißen.« Nathalie kicherte, verstellte die Stimme und flötete, wobei ihre kratzigen Kehltöne auch eine Oktave höher noch ausbrachen: » Barbie und die drei Musketiere sozusagen. Hab ich kürzlich mit meiner Kleinen gesehen. Alles so rosarot, dass es einfach gut ausgehen musste. Aber wie es für uns ausgegangen ist, weißt du ja, und so rosarot war der Weg dorthin auch nicht. Ach, übrigens, halt mal Ausschau nach doppelten Böden!«
    Pflichtbewusst klopfte Leah eines der Schrankbretter ab, das mit einem steten dumpfen Ton antwortete. Sie musste einfach etwas finden! Seit Nathalie diesen Nick und die Fotos erwähnt hatte, war die Hoffnung da, endlich mit Sicherheit zu wissen, dass nicht Kay hinter dem Mord steckte, nicht er an der plötzlichen Stummheit ihrer Mutter schuld war. »Manchmal schien mir, du warst nicht gut auf Céline zu sprechen.«
    »Ach was! Céline halt. Unsere Wunderkerze. Kürzlich hatte sie doch tatsächlich einen Scout an der Angel, der interessante Mädchen für eine Fashion Week in St. Petersburg suchte. Sie meinte, sie würde uns alle drei da durchboxen, der Typ sei total angetan von uns … aber dann hat sie mit einem Mal einen Rückzieher gemacht.« Mit ganzer Kraft schob Nathalie die Schublade zu. »Dabei wusste sie genau, wie viel bei mir davon abhing! Aber nein. Wir durften dann auf dem Abstellgleis

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