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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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einfachen Cliprahmen eingefasst. Es hatte etwas Tröstliches und Versöhnliches, die Augen aufzumachen und als Erstes – sie zu sehen. Und wenn er die Lider wieder schloss, um das Aufstehen hinauszuzögern, schmeckte Kay die Wärme ihrer Lippen auf der Piazza San Marco. Ihr Wesen füllte sein Schlafzimmer wie Sonnenlicht, ganz egal, wie trüb ihn der Tag hinter den Fenstern grüßte.
    Heute betrachtete er das Foto besonders lange, das die Wärme ihrer Haut und das Licht ihres Gemüts in einem angebissenen Stück Clementine vereinte. Um das Unausweichliche hinauszuzögern, das ihn jedoch so oder so einholen würde.
    Er hatte sich gerade rasiert, als das Telefon klingelte und einen internen Anruf meldete. Kaum hatte er abgenommen, prasselten Elinors Worte auf ihn ein: »Er besitzt doch tatsächlich die Frechheit, im Studio aufzukreuzen, mit seinem unverschämten Lächeln, und ich würde ihn zum Teufel jagen, wenn er nicht eisern behaupten würde, er hätte einen Termin mit dir … « Aus dem Hintergrund kam gedämpft Nicks Stimme: » … ein freundschaftliches Gespräch, nur ein freundschaftliches Gespräch … «, und Kay konnte sich bildhaft vorstellen, wie sein Freund sich lässig an den Türrahmen lehnte und vergnügt das Lärmen der Studiomanagerin beobachtete. Die sofort ihren Part aufnahm: »… und jetzt meint er doch allen Ernstes, mir – mir! – zuzuzwinkern, als wäre ich eines seiner Schätzchen oder Mäuschen , die bei seinem Anblick schwach werden, um ihm nur so zu Füßen zu sinken … «
    Kay wartete, bis die biologischen Gesetze sie das nächste Mal zwangen, Luft zu holen. »Lass ihn durch. Ich warte auf ihn.«
    Elinor schnaubte, während aus dem Hintergrund ein neckisches » Au revoir, ma chérie « ertönte, was die Studiomanagerin zu einem neuen Ausbruch verleitete: »Dann kannst du ihm bei der Gelegenheit auch sagen, dass er sich seine Origami-Schwäne sonst wohin stecken kann, auf meinem Schreibtisch werden sie nicht geduldet … «
    » … Kraniche, meine Herzallerliebste … «
    »… meinetwegen auch Frösche mit Flügeln! … «
    Kay räusperte sich. »Würde ich mich mit der Bitte, dass er meine Wohnung ohne sichtbare Verletzungen erreicht, zu weit aus dem Fenster lehnen?«
    »Und wie!«, schnaufte Elinor und legte auf.
    Sie würde den Kranich sorgfältig in einer Schublade aufbewahren, ihn während langwieriger Telefonate bunt anmalen und irgendwann einem Mädchen schenken, das wegen eines bevorstehenden Shootings zu nervös sein würde, damit er ihr ein bisschen Glück brachte. Eine japanische Legende besagte, dass die Götter einem einen Wunsch erfüllten, sobald der tausendste Kranich gefaltet war. Kay hoffte, dass Nick seinem Wunsch schon nahe war.
    Als Kay die Wohnungstür öffnete, stand Nick bereits auf der Treppe, die aus dem Studio zu ihr hochführte. Er trug ein schwarzes, auf die ganze Länge aufgeknöpftes Hemd mit den bis zu den Ellbogen hochgerollten Ärmeln. Über seinem muskulösen Oberkörper spannte sich ein weißes T-Shirt, der lose Knoten seiner schmalen schwarzen Krawatte hing auf Höhe seiner Brust. Egal zu welcher Jahreszeit – Nick schien niemals zu frieren. Die Garderobe vervollständigte eine eng anliegende, ebenfalls schwarze Jeans, die es kaum nötig hatte, seine durchtrainierte Figur noch mehr zu betonen. Ein bisschen der Nur-noch-kurz-die-Welt-retten-Typ. »Ich habe deine Nachricht erhalten. Was gibt’s, dass du mich so dringend sehen musstest?«
    »Gleich zur Sache? Kein Kranich für mich?«
    »Du weißt doch, die gibt es nur für meine Herzensdame.«
    »Verstehe. Dann komm erst einmal rein.« Er führte Nick ins Wohnzimmer. Die weiße Farbe mit den einzelnen schwarzen Akzenten ließ es größer wirken, die obligatorischen Dekorationselemente kaschierten die leeren Stellen in seinem Leben. Er mochte die Einrichtung vor allem wegen ihrer klaren Linien und weil er all das ohne Kummer hinter sich lassen konnte.
    Alles, abgesehen von dem Foto in seinem Schlafzimmer.
    »Willst du einen Kaffee?«
    Nick nahm auf dem Lounge-Sofa Platz, als wäre er ein Teil der Ausstattung. Zugegeben, sein nordisch blondes Haar und die deutlich dunklere Haut boten genau die Art von Kontrast, mit der auch das ihn umgebende Zimmer punktete. Aber an jedem beliebigen Ort wäre es nicht viel anders gewesen. Nick besaß eine bemerkenswerte Gabe, jeder Umgebung zugehörig zu wirken. »Nein, danke. Wenn ich noch mehr davon trinke, werde ich der beste Kandidat für ADHS -Forschungen. Also,

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