Im Visier des Todes
sie mir vorgestellt habe. Wobei … « – sie schaute sich um und senkte die Stimme, – »ist da vorn nicht zufällig Dita von Teese?«
Er drückte sie fester an sich. »Ja.«
»Und da drüben … «
»Ja. Gehen wir ein Stück?«
»Mh.« Sie lehnte ihren Kopf an ihn. Seine Nähe schien nicht nur in Gerüchen zu schweben, die zu ihr herüberwehten, nicht nur im Rhythmus der Straßenmusik und der frischen Luft, die sie mit jedem Atemzug trank. Seine Nähe … das war Paris, die Lichter in der Nacht, das berauschende Gefühl, im Herzen der Welt zu sein, das nur für sie allein schlug.
Jemand packte sie am Arm. »Hab ich dich gefunden, du kleine Nutte!«
Mit einem Ruck wurde sie von Kay fortgerissen, herumgedreht und grob durchgeschüttelt, Finger krallten sich in ihr Fleisch. »Hab ich dich nicht gewarnt?« Der ranzige Atem wehte ihr ins Gesicht. Der Obdachlose. Für einen Moment glaubte sie zu träumen, einen bösen Flashback zu haben. Sein strohiges Haar hing ihm bis zu den Schultern, einige Strähnen klebten auf dem verschwitzten Gesicht. Etwas Spitzes drückte sich gegen ihren Bauch. Ein Messer. »Hab ich das? Hab ich das? Aber du, kleine Schlampe, kannst nicht die Finger von ihm lassen, was?«
»Nimm deine Hände von ihr!«
Kay … Sie merkte, wie er versuchte, den Typen von ihr fortzuzerren. Der Mann wirbelte sie herum. Seine Hand packte sie an der Kehle, drückte zu. »Du hättest tot sein sollen! Du!« Aber der Hass galt nicht ihr. Nur das Messer, das sich bei jedem Wort etwas mehr gegen ihre Seite drückte.
Kay wich zurück und hob die Hände. »Lass sie gehen! Du willst doch mich, oder? Lass sie gehen!«
Der Typ keuchte. »Dich … und alles, was du hast.« Sein Griff wurde fester. Leah bekam kaum noch Luft, während der Obdachlose sie zwang, Schritt für Schritt zurückzuweichen. Ihr Atem ging röchelnd. Sie sah, wie in Kays Augen der Schmerz aufstieg.
»Lass sie gehen, und du kannst mich haben.«
Sie wollte den Kopf schütteln und konnte es nicht. Durch die verengte Kehle drang kein Ton. Nur lautlos beschworen ihn ihre Lippen: Tu es nicht … Tu es nicht … Gib ihm keine Gelegenheit, dich umzubringen …
Von allen Seiten kamen aufgeregte Stimmen. Die Galerie war nur wenige Meter entfernt, irgendjemand würde ihnen helfen. Irgendjemand.
»Deine Nutten liegen dir sehr am Herzen, was?«
Sie kämpfte um jeden Schluck Luft. Langsam stieg in ihrem Kopf ein Rauschen auf. Ein diesiger Schleier verhüllte die Lichter, Kays Gestalt. Seine Worte drangen durch die Nacht, die unbeirrbar auf sie zurückte: »Du willst doch nichts von ihr. Ich bin derjenige, der deinen kleinen Jungen getötet hat. Weißt du noch? Er ist allein in einer Schlucht gestorben, als ich weggelaufen bin. Von ihr willst du nichts. Es war mein Anblick, den Mom nicht ertragen konnte. Meinetwegen hat sie dich verlassen. Ich war es, der sterben sollte. Ich bin es, der noch lebt.«
»Monster!«, schnitt es heiser in den Takt der Straßenmusik, die immer dumpfer klang. Leah wurde ein Stück zur Seite gestoßen. Ein Schlag ins Gesicht schleuderte sie zu Boden. Die aufgeschürfte Haut an ihren Händen und Knien brannte. Die Lichter der Stadt jagten um sie herum. Aufgeregte, laute Stimmen. In der Nähe zuckte das Blitzlicht einer Kamera. Angst. Panik. Sie durfte nicht nachgeben, sich von den Blitzlichtern nicht zerreißen lassen.
Sie tastete umher. Versuchte, sich aufzurappeln, kam aber nicht hoch, sondern sackte immer wieder zu Boden. »Kay … «
»Du hättest tot sein sollen! Du! Du und deine Nutten!« Die Schreie bohrten sich in ihr Inneres wie Messerstiche. Durch den Nebel ihrer Gedanken nahm sie den Türsteher wahr, der den Typen von Kay wegzerrte. Wieder ein Blitzlicht, laute Stimmen, Gerangel, als der Obdachlose sich zu befreien versuchte und um sich schlug.
»Kay … « Sie sah ihn nicht mehr, rief nach ihm, bis zur Entkräftung. »Kay … «
Sie spürte eine Hand an ihrer Wange.
»Alles in Ordnung?« Seine Stimme. Nichts mehr, nur seine Stimme. »Hat er dich verletzt?«
Benommen schüttelte sie den Kopf. »Kay.« Als würde sie keine Worte mehr kennen außer seinem Namen.
Er hielt sie an den Schultern fest. »Fehlt dir etwas? Hat er … «
Wieder schüttelte sie den Kopf. Mit zitternder Hand wischte sie sich die Haare aus dem Gesicht. Ihre Finger waren nass vom schmutzigen Pfützenwasser, das Kleid hatte sich mit Dreck vollgesogen. Sie zupfte den Stoff zurecht. Ein Riss an der Seite entblößte ihren Oberschenkel. »Ich
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