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Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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an ihrer Wange, wo Harcroft sie gegen die Mauer gedrückt hatte, rote Abschürfungen, aus denen Blut sickerte.
    „Ich nehme alles zurück“, knurrte er heiser. Er durfte nicht einmal ihre Hand drücken, musste sich eiserne Beherrschung auferlegen. „Ich bringe ihn um.“
    Das würde allerdings auch nichts besser machen. Nichts, was er jetzt tat, würde die Schmerzen ungeschehen machen,die Harcroft ihr zugefügt hatte. Sie hätte ihn gebraucht, und wieder war er nicht zur Stelle gewesen, hatte nur an sich gedacht und nicht an Kate. Keine zwei Tage waren vergangen, da er sich geschworen hatte, ihr ein guter Ehemann zu sein, und wieder hatte er versagt. Er musste all seinen Willen zusammennehmen, um ihr die Hand nicht zu zerquetschen. All seine dunklen wilden Begierden wallten in ihm auf. Ein wahrer Gentleman würde sich nicht zu solchen blutrünstigen Gelüsten hinreißen lassen, hätte sich im Zaum und könnte klar denken.
    „Ich bringe ihn um“, wiederholte Ned eisig, „sobald ich die Kraft finde, deine Hand loszulassen.“
    „Tu es nicht“, bat Kate. Im ersten Moment begriff er nicht. Sie konnte doch nicht im Ernst den Wunsch haben, Harcrofts Leben zu schonen.
    Aber sie sagte es wieder. „Tu es nicht. Halte mich fest.“ Sie sah zu ihm hoch, und in ihren leuchtenden Augen las er all die Angst, die sie vor Harcroft verborgen hatte. Und Ned erkannte, dass ihre Stärke sie schutzlos machte. Sie hatte behauptet, schwach zu sein, aber er sah in ihr eine Willenskraft, die er noch bei keinem Menschen verspürt hatte. Und sie brauchte ihn.
    Ned hielt weiterhin ihre Hand, wollte sie so lange halten, bis der Zorn aus ihm gewichen war. Die andere Hand legte er mit sanftem Druck über ihre Finger, wünschte, sein Zorn möge sich in Heilkräfte verwandeln, die ihr alle Ängste nehmen könnten. Er streichelte ihre Hand mit kreisenden Bewegungen, bis sie warm wurde und die Spannung aus ihren Schultern wich.
    Doch dieser schwache Trost vermochte ihr das Entsetzen nicht zu nehmen. In ihren Augen las er immer noch das Grauen des soeben Erlebten. Ned drehte ihre Handfläche nach außen, beugte sich darüber und hauchte sanfte Küsse auf die geröteten Stellen.
    Der Duft einer blühenden Sommerwiese entströmte ihr,und er liebkoste jedes Fleckchen ihrer zarten Haut.
    Nein, er wollte sie nicht allein lassen, um seine Mordlust an Harcroft zu stillen, so sehr er auch danach lechzte. Er wollte bleiben, wohin er gehörte. Nicht nur, weil sie ihn brauchte, sondern weil er zu schwach war, um etwas anderes zu tun, als ihren Duft zu atmen, die Süße ihrer zarten Haut an seinen Lippen zu spüren.
    Er konnte ihre Erinnerungen nicht auslöschen, ihre Blutergüsse nicht wegküssen. Wieder einmal hatte er versagt. Aber nun würde er ihr beistehen, wenn ihre Kräfte sie verließen und sie ihn brauchte.
    „Ich bin bei dir“, raunte er an ihrer Haut. „Wenn du mich brauchst, bin ich bei dir.“
    Sie zitterte noch immer. Er schloss sie in die Arme, und Kate schmiegte sich an ihn.
    „Nicht, dass du mich brauchen würdest“, hauchte er an ihrem Nacken. „Du warst, nein, du bist wunderbar. Es war ein Fehler, nach China zu gehen. So etwas tue ich nie wieder. Selbst dann nicht, wenn die Königin mich persönlich darum bittet.“ Er streichelte ihr über Rücken und Schultern.
    „Ich weiß“, flüsterte sie an seiner Hemdbrust und barg das Gesicht an seiner Schulter, und er genoss das Wunder, sie in den Armen zu halten.
    „Ich weiß“, wiederholte sie. Und dann bog sie den Kopf in den Nacken und sah zu ihm hoch. Der ernste Blick ihrer grauen Augen wärmte ihm das Herz. Sie legte ihm die Hände auf die Brust.
    „Du hast mir sehr wehgetan“, flüsterte sie, „damals, als du fortgegangen bist.“
    „Das tut mir leid.“
    „Es gab eine Zeit, in der ich mich an dir rächen wollte. Ich wollte dich leiden sehen, dich ebenso unglücklich machen, wie ich es war. Ich wollte dir ebensolche Schmerzen zufügen wie du mir.“
    Hilflos schüttelte er den Kopf, wusste nicht, was er sagen,wie er sich für all seine Fehler entschuldigen sollte. Wusste nicht, wie er ihr beweisen könnte, dass er alles wiedergutmachen wollte. „Du hast einmal gesagt, unsere Ehe kommt dir vor wie ein welkes Blatt, das vom nächsten Windstoß fortgeweht wird. Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um dieses Blatt wieder zum Grünen zu bringen, Kate.“
    Und wieder versetzte sie ihn in Erstaunen. „Es tut mir leid“, flüsterte sie. „Jetzt will ich nur dich.“ Und

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