Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater
betrete vorsichtig das Gebäude. Wenn sich jemand darin aufhält, der nicht so wie ich ist, werde ich ihn töten.
Schritte in der Dunkelheit. Plötzliche Bewegungen.
Ich will zurückweichen, aber ehe ich reagieren kann, stürzt sich jemand auf mich. Die Beine werden unter mir weggetreten, und ich fliege in hohem Bogen auf den harten Betonboden. Ich kann nichts sehen. Als ich um mich trete und schlage und aufzustehen versuche, werde ich erneut umgeworfen. Ich spüre, wie mir jemand die Füße festhält und jemand anders die Hände fest auf meine Schultern drückt, damit ich nicht entkommen kann. Es ist noch eine dritte Person im Zimmer. Ich sehe ihren rastlosen Schatten hinter der Tür.
»Glaubst du, er ist sicher?«, fragt jemand. Sie schalten eine Taschenlampe ein; die unerwartete Helligkeit tut mir in den Augen weh.
»Schalt aus«, höre ich einen anderen Mann laut und erleichtert flüstern. »Er ist in ordnung.«
Die Hände lassen mich so schnell los, wie sie mich ergriffen haben. Ich weiche zur Wand zurück und bringe so viel Distanz wie möglich zwischen mich und die anderen in dem Raum. In dem halb fertigen Haus herrscht Halbdunkel; ich bemühe mich, etwas zu sehen. Jemand bewegt sich unmittelbar vor mir. Ich weiß, dass sich mindestens drei Personen hier aufhalten; könnten es noch mehr sein? Die Taschenlampe wird wieder eingeschaltet.
»Ganz ruhig, Mann«, sagt einer von ihnen. »Wir tun dir nichts.«
Ich weiß nicht, ob ich ihm glauben kann. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch jemandem glauben kann.
Die Person mit der Taschenlampe leuchtet ihr eigenes Gesicht an. Es ist ein Mann, Mitte, Ende zwanzig. Ich erkenne sofort, dass er wie ich ist und ich in seiner Gegenwart sicher bin. Und wenn dieser Mann keine Bedrohung darstellt, dann die anderen in seiner Begleitung gewiss auch nicht.
»Wie heißt du?«, fragt er.
»Danny«, antworte ich. »Danny McCoyne.«
»Bist du schon lange so, Süßer?«, fragt eine Frau.
»Was?«, murmle ich zurück.
»Schon lange her, seit es passiert ist?«, formuliert sie ihre Frage neu. Ich nehme an, sie meint, was zu Hause passiert ist, als ich Harry erstochen und meine Familie verloren habe.
»Ein paar Stunden«, murmle ich mit trockener Kehle. »Bin nicht sicher …«
»Ich bin Patrick«, sagt der Mann mit der Taschenlampe und streckt mir die Hand hin. Ich weiß nicht, ob er mir die Hand geben oder mir aufhelfen will. Ich strecke den Arm aus, und er hilft mir beim Aufstehen. »Bei mir ist es vor drei Tagen passiert«, fährt er fort. »Genau wie bei Nancy hier. Das ist Craig«, sagt er und richtet die Taschenlampe auf eine dritte Person auf der anderen Seite des Zimmers. »Gestern Nachmittag, nicht, Craig?«
»Gleich nach dem Essen«, antwortet Craig. Patrick richtet zwar die Taschenlampe auf ihn, aber die zeigt nur einen kleinen Ausschnitt einer enormen Wampe. Craig ist ein Riese.
»Und, was ist passiert?«, fragt Nancy. »Ein Nahestehender?«
»Der vater meiner Partnerin«, erkläre ich und verspüre eine gewisse Traurigkeit, aber keine Reue wegen meiner
Tat. »Er wandte sich einfach gegen mich. Ich dachte, er würde mich töten, daher …«
»Musstest du ihn zuerst erledigen?«, unterbricht sie mich und führt meinen Satz zu Ende. Langsam gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit in dem Haus. Ich sehe, dass Nancy nickt, und weiß sofort, dass sie ganz genau versteht, was ich tun musste und warum ich es tun musste, auch wenn ich selbst noch nicht ganz sicher bin. »Nicht mehr lange und du siehst alles klarer«, verspricht sie mir. »Bei mir war es genauso, als es mir passierte. Ich hasste mich, weil ich es tun musste, aber mir blieb keine andere Wahl. Ich war fast dreißig Jahre mit John verheiratet, und wir haben kaum einen Tag getrennt verbracht. Und dann … als hätte jemand einen Schalter gedrückt. Ich wusste, ich musste es tun.«
Dies wird allmählich zu einer Komödie der Irrungen. Haben sie alle getötet? Ich stelle die Frage und merke gar nicht, dass ich sie laut ausgesprochen habe.
»Kommt vermutlich drauf an, wo man gerade ist, wenn es passiert«, sagt Patrick. »Craig hat bis jetzt noch keinen getötet, was einen überrascht, wenn man diesen Bär von einem Mann sieht!«
Nancy führt Craigs Geschichte weiter. »Aber versucht hast du’s, Süßer«, seufzt sie. Ich sehe ihn im Lichtkreis der Taschenlampe nicken. »Eine ganze Bande von denen hatte dich bei der Arbeit in die Enge getrieben, nicht?«
»Ich hab mit vieren von denen
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