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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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für die Konversation interessierte. »Du kannst Ryan vertrauen. Er ist ein Insider.«
    »Wenn Sie mir sagen, wohin der Preis geht?«, schmunzelte Pete unsicher.
    Ryans Antwort kam schnell und ohne jede Ironie: »Er bleibt oben. Das Cable übrigens auch.«
    »Und woher wollen Sie das wissen?«, fragte Pete verblüfft.
    »Das ist eine längere Geschichte, aber die Aussage stimmt mit achtzig Prozent Konfidenz.«
    »Sie glauben echt daran«, stellte Pete kopfschüttelnd fest.
    »Ich weiß es.«
    »Also, was ist jetzt?«, drängte Greg und schaute den Dünnen vom PM Desk herausfordernd an.
    Pete zögerte, doch dann beschloss er offenbar, dass man dem Orakel trauen konnte. Leise, dass nur sie zwei es hörten, sagte er: »Mit den Triaden lag ich vielleicht gar nicht weit daneben. Ich weiß, dass vor zwei oder drei Tagen ganze Flugzeugladungen Standardbarren nach Zürich geflogen worden sind. Ein guter Bekannter der Transportfirma hat mir ein paar Details erzählt, die mir schon sehr zu denken geben.«
    Er nippte nachdenklich an seinem dunklen ›Bitter‹.
    »Jetzt mach schon, verdammt!«, rief Greg ungeduldig.
    »Der Auftrag soll ursprünglich von einem Investment-Konzern in China kommen, und die Ladung war für fünf Granaten versichert, behauptet der Mann. In Zürich sind die Barren offenbar nicht in Banktresoren verschwunden, sondern von einer kleinen Armee unter dem Kommando zweier Schlitzaugen abtransportiert worden.«
    Greg rammte sein Glas auf den Tresen, dass es spritzte. »Was zum Teufel haben die mit dem Gold vor?«, schimpfte er. »Wollen sie den Scheiß umschmelzen?«
    »Glaube ich nicht«, schmunzelte Ryan. »Sie horten es in einem sicheren Versteck.«
    Beide schauten ihn verwundert an.
    »Sicherer als ein Banktresor?«, fragte Pete ungläubig.
    »Vielleicht nicht sicherer, aber – neutraler. Wenn ihr versteht, was ich meine.«
    Die Nebel lichteten sich zusehends über dem Bild in seinem Kopf. Und was er mit seinem inneren Auge zu sehen glaubte, war nicht geeignet, ihn zu beruhigen. Wahrscheinlich war dieser außergewöhnliche Transport nur die Spitze des Eisbergs. Jedenfalls deuteten die verheerenden Zahlen auf den Devisen- und Edelmetallmärkten darauf hin. Wenn man annahm, dass die Handlungen der Chinesen und Schweizer rational begründet waren – und davon musste er ausgehen – dann gab es fast nur eine erschreckende Erklärung.
    »Die rechnen mit einem Kollaps des Währungssystems«, murmelte er. »Es sieht genauso aus, als wollten sie noch schnell ihre Schäfchen ins Trockene bringen.«
    Pete schnitt eine Grimasse. »Die sind paranoid«, meinte er angewidert.
    Glaube ich nicht, dachte Ryan, aber er schwieg. Nach kurzem Zögern wollte er wissen: »Wer sind diese geheimnisvollen Chinesen?«
    Pete zuckte nur die Achseln.
    Während sie sich unterhielten, hatte Greg offenbar beschlossen, die Flüssigkeit in seinem Magen mit fester Nahrung zu ergänzen. Er kaute an einem fettigen Eiersandwich, leckte genüsslich die Mayonnaise von den Lippen. Keine gute Idee. Plötzlich sprang er auf und torkelte zu den Toiletten.
    »Bier und Mayo, er sollte es besser wissen«, grinste Pete kopfschüttelnd.
    Weiß im Gesicht, aber mit roten Bäckchen, kehrte Greg zurück. Ärgerlich stieß er den Teller mit dem Pubfutter zurück, dann lehnte er mit dem Rücken an den Tresen und setzte ein schiefes Lächeln auf. Ryan sah, dass der Mann litt. Der Kleine hatte genug für heute, und er selbst war immerhin etwas schlauer als vor seiner Reise nach London. Wie gerufen rauschte die flotte Fran herbei. Sie tätschelte Gregs Wange und tadelte:
    »Wir sollten nicht soviel trinken, nicht wahr?«
    »Weiß nisch, was du gesoffen hast«, lallte Greg, während er vergeblich versuchte, die Mundwinkel weiter nach oben zu ziehen.
    »Ich glaube, es ist Zeit «, meinte Ryan.
    Sie nickte, dann schlang sie ihm den Arm um den Hals, dass seine Nase genau in ihren Ausschnitt passte und flüsterte: »Komm, mein Kleiner. Ich bring dich nach Hause.«
    Er war in guten Händen, schloss Ryan, als er sich verabschiedete. Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihm, dass er den 21:15h-Zug ab Paddington noch erreichte, wenn er sich beeilte. Sobald er im Abteil des Schnellzugs saß, wählte er die Telefonnummer auf seinem Handy, die er seit seiner Versöhnung mit Jessie gemieden hatte wie die Pest.
    Alex nahm sofort ab. »Ryan«, sagte sie nur. Es hörte sich an, als hätte er sich verspätet.
    »Störe ich?«
    »Nein, natürlich nicht – schön, dass du

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