Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
Vom Netzwerk:
stattfand. Die Bodyguards bezogen im Flur ihre Posten, während Li sich mit ihm und dem Banker am runden Tisch vor dem Panoramafenster niederließ.
    »Ah – spektakulär«, bemerkte Li, dem die Aussicht hinter Glas entschieden besser gefiel als draußen.
    Bauer strahlte. »Nicht wahr? Habe ich zuviel versprochen?«
    »Keineswegs, Mr. Bauer, keineswegs.«
    »Wenn sich die Wolken noch ein wenig verziehen, zeige ich Ihnen gerne einen noch viel sensationelleren Ausblick. Ist allerdings mit Nervenkitzel verbunden.«
    »Ah – Sie scherzen wieder einmal«, kicherte Li.
    »Aber nein, es ist mein voller Ernst. Nervenkitzel, aber ungefährlich. Ich will doch meinen besten Kunden nicht verlieren.«
    »Gut, gut, gut. Der war ausgezeichnet«, freute sich Li mit einem Blick zu Danny, als müsste er ihm diese Einschätzung bestätigen.
    Bauer bot ihnen Getränke und Snacks an, die er für dieses Meeting organisiert hatte, dessen Zweck einzig Li wirklich kannte. Der schob eine Handvoll Salznüsschen in den Mund, kaute eine Weile nachdenklich, dann sagte er feierlich:
    »Nun, meine Herren. Erledigen wir zuerst unser wichtiges Geschäft. Mr. Bauer hat uns an diesen – wie sagt man – abgelegenen Ort geführt, und das ist gut so. Was wir hier tun, ist nur für unsere Augen und Ohren bestimmt. Niemand sonst wird je davon erfahren. Das verstehen Sie doch?«
    Beide nickten schweigend.
    »Gut«, fuhr er fort. Er wandte sich an den Banker. »Sie haben meine Instruktionen bei sich?«
    Bauer holte ein zusammengerolltes Blatt Papier aus der Innentasche seiner Windjacke, legte es auf den Tisch und strich es glatt. »Ich muss allerdings gestehen, dass mir Ihr Fax einige Rätsel aufgibt, Mr. Li«, bemerkte er dazu.
    Li schmunzelte vergnügt. »Ah – Nervenkitzel«, lachte er.
    Bauer verstand den Witz ebenso wenig wie Danny. »Also, Sie beschreiben hier etwa fünfzig Bankanweisungen, die wir gestaffelt ausführen sollen. Alles kleine Beträge. Soweit ist das klar und natürlich überhaupt kein Problem. Ich verstehe nur nicht, auf welche Instruktionen wir noch warten sollen.«
    »Ah – sehen Sie, Mr. Bauer, darum sind wir hier.« Li lehnte sich im Sessel zurück, schaute seine beiden Mitverschwörer prüfend an, bevor er weitersprach. Langsam, jedes Wort betonend, als müsste er sichergehen, dass sie auch alles verstanden. »Diese bescheidenen Zahlungen, meine Herren, sind die wichtigsten, die unsere Firma je veranlasst hat und noch veranlassen wird.« Er nickte eifrig, überzeugt von seinen eigenen Worten. »Ah – ich kann nicht genug betonen, dass die ganze Abwicklung streng nach den Anweisungen erfolgen muss.«
    »Das ist für unser Haus selbstverständlich, Mr. Li«, beeilte sich der Banker zu versichern, aber Li unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
    »Ich weiß, dass ich mich auf Ihre Bank verlassen kann, Mr. Bauer. Ihre Leute werden die Zahlungen genau nach unsern Instruktionen durchführen, daran zweifle ich nicht einen Augenblick. Aber nicht alle Instruktionen stehen auf diesem Papier. Ein entscheidendes Detail fehlt Ihnen noch. Das Geschäft, zu dem diese Zahlungen gehören, kann nämlich nur korrekt abgewickelt werden, wenn jede Transaktion unsern speziellen Stempel trägt.«
    Wieder wollte Bauer unterbrechen, wieder winkte Li ungeduldig ab und fuhr fort:
    »Ich meine natürlich einen elektronischen Stempel, einen speziellen Code, den Sie den Zahlungsanweisungen als Kommentar hinzufügen werden. Dieser Code ist streng geheim und darf daher nicht mit den Instruktionen zusammen aufbewahrt werden. Nicht einmal ich kenne den Code bis jetzt. Dafür ist unser Elektronikspezialist Dr. Chen hier.«
    Danny wusste zwar, was an dieser Sitzung von ihm erwartet wurde, aber der Zusammenhang mit irgendwelchen Zahlungsanweisungen war ihm ein Rätsel. Er verstand Lis Bemerkung als Aufforderung, seinen kleinen Apparat aus der Tasche zu ziehen. Das handliche, flache Gerät sah aus wie ein modernes Mobiltelefon, diente aber nur einem einzigen Zweck. Es gab nur ein solches Gerät, so wollte es der Vertrag mit ›Galaxy Boom Industries‹. Während der Testphase ihrer neuen Chips hatten sie zwar mehrere identische Kopien benutzt, doch sie alle mussten bis auf dieses Gerät vernichtet werden.
    Li nahm ihm das Kästchen aus der Hand, streichelte es liebevoll wie ein braves Kätzchen und meinte: »Dieses kleine Wunder wird uns den Code verraten.«
    So poetisch konnte man es auch ausdrücken. Für Danny war es nichts als ein Miniaturrechner, der als

Weitere Kostenlose Bücher