Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
aufgefordert hatten, das Grundstück zu verlassen, weil sein autoritäres Verhalten nicht länger geduldet würde. Der König hatte sich zwar geweigert, aber die Besucher hatten sich von den Arbeitern Unterstützung geholt. Und dann war dem König nichts anderes übrig geblieben, als die Beine in die Hand zu nehmen und zu laufen! War für den alten Tattergreis gar nicht so einfach gewesen.
Der Junge kicherte und kehrte er in seine Hütte zurück.
Erschüttert blickte George sich im Schein von ein paar Kerzen im Herrenhaus um. Das Gebäude befand sich in einem schlimmeren Zustand, als er von außen angenommen hatte. Vielleicht wirkte das Haus besser, wenn die umgeworfenen Möbel entfernt worden waren. Der Auszug von Roberts dürfte mit der Zerstörung der Einrichtung gefeiert worden sein. Dadurch eine Verbesserung ihrer Lebensumstände zu erhoffen war in etwa so sinnvoll, als zu erwarten, dass sich nach einem heftigen Gewitter die Schäden selbst reparierten.
Entschlossen, sich von seinem ersten Eindruck nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, wandte er sich an Xaver. „Bis das Haus wieder in seinem ursprünglichen Zustand erstrahlen kann, gibt es noch viel zu tun.“
Der nickte mit einem tiefen Seufzer. Dann weiteten sich seine Augen. „Meinst du das ernst? Das alles … diese verdreckte Bude … wie neu? Das zählt hoffentlich nicht zu meinen Aufgaben.“
„Mal sehen“, lächelte George. „Uns bleibt vermutlich Zeit genug, das zu klären.“
„Hast du eine Ahnung, wo wir schlafen sollen?“
Wie gerufen erschien eine ältere Frau mit einem Kandelaber und knickste. „Guten Abend, die Herren. Mein Name ist Mrs. Moore. Entschuldigen Sie die Unordnung hier. Ich wurde etwas spät von Ihrer Ankunft unterrichtet, weshalb noch nicht alles fertig ist. Seit Mr. Roberts Verschwinden hat niemand mehr das Haus betreten.“
„Schon in Ordnung, Mrs. Moore. Solange kein Gespenst hier herumgeistert, um uns zu vertreiben, werden wir uns rasch eingerichtet haben.“
Die Augen der Frau weiteten sich entsetzt. „Wie bitte?“
„Nur ein kleiner Scherz, Mrs. Moore. Ich heiße George John Letham, und bei dem jungen Mann neben mir handelt es sich um Xaver Wellton. Vielleicht zeigen Sie uns einfach, wo wir unser Quartier für diese Nacht aufschlagen können. Wir sind nach der langen Fahrt doch recht müde.“
„Sicher, gnädiger Herr.“ Wieder knickste sie. Dann deutete sie den beiden Männern, ihr in den ersten Stock zu folgen. „Die Schlafzimmer habe ich bereits gesäubert. Alex hat mir geholfen, sonst wäre ich nicht fertig geworden.“ Sie öffnete die Tür von zwei nebeneinander liegenden Zimmern und ließ den Kutscher die Koffer abstellen. „Haben Sie vielleicht Hunger? Ich kann Ihnen gerne etwas zubereiten.“
George schüttelte den Kopf. „Nicht notwendig, danke. Über ein ausgiebiges Frühstück morgen Früh würden wir uns allerdings freuen.“
„Selbstverständlich. Dann werde ich dem Kutscher nun seine Schlafstelle zeigen. Gute Nacht.“ Sie entzündete auf der Kommode im Gang vor den Zimmern für George und Xaver zwei Lampen und zog sich dann mit dem Kutscher zurück.
„Eine nette Frau“, meinte George beiläufig.
Xaver verzog das Gesicht. „Sie verhält sich merkwürdig. Und wer ist Alex?“
„Das werden wir schon noch herausfinden. Zuerst lass uns versuchen ein paar Stunden Ruhe zu finden.“
Nachdem Xaver einen Blick in sein Zimmer geworfen hatte, wandte er sich um. „Ich hoffe, dein Zimmer ist gemütlicher als meines. Ein Gespenst scheint das geringste Übel, das mich am Schlafen hindern könnte.“ Dann zog er die Tür hinter sich zu.
Sein Freund lachte in sich hinein. Xaver war in den letzten Tagen unablässig am Nörgeln. Der Abschied von zu Hause war ihm offensichtlich nicht so leicht gefallen, wie er George glauben machen wollte. Lange würde keine Zeit für Heimweh bleiben.
Nun betrat auch George den Raum, in dem er künftig nächtigen würde. Nach einem kurzen Kontrollblick im Kerzenschein seiner Lampe schüttelte er den Kopf. So schlecht, wie Xaver behauptete, hatten sie es nicht getroffen.
[…]
4. Kapitel
George konnte nicht einschlafen. Der Vollmond stand gelblich leuchtend hoch über den Baumwipfeln, und sein fahles Licht tauchte das Zimmer in düsteres Zwielicht. Dunkle Schatten schienen durch den Raum zu tanzen. Die wechselnden Bilder, die die Äste des Baumes vor seinem Fenster an den Wänden malten, waren Schuld, dass er sich ruhelos hin und her wälzte.
Nach kurzem
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