Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
runzelte die Stirn. Wollte sie mit dieser Berührung irgendeine Reaktion seinerseits bezwecken? Es war zwar angenehm, die Wärme ihrer Finger durch den Stoff seines Hemdes zu spüren, doch er wünschte, sie hätte alle störende Kleidung zur Seite geschoben. Und statt ihrer Hände ihren Mund benutzt.
Gerade überlegte er sie darauf hinweisen, dass sich durch dieses Handauflegen seine Verspannung nicht lösen wurde, als die Wärme ihrer Finger sich in Hitze verwandelte. Er merkte, wie Wellen von Energie von ihrer Haut aus sich in seinem Oberkörper ausbreiteten. Als hätte sie das Tor zu einer Energiequelle angezapft, die ihn nun mit Kraft durchflutete.
Er schloss die Augen, während die Sorgen der letzten Tage, ja der letzten Jahre dahinschmolzen wie Eis in der Sonne. Angenehme Gefühle und Erinnerungen aus der Vergangenheit erwachten. Hinter seinen geschlossenen Augenlidern entstanden Bilder aus glücklichen Tagen mit seinen Eltern, seinen Freunden, seinen Ratgebern. Sie schenkten ihm neue Energie, ohne dass ihm bewusst gewesen war, dass er sie benötigte.
Als Erin die Hände von seinen Schultern nahm, konnten höchstens Minuten vergangen sein, obwohl es sich wie Stunden anfühlte. Erfrischter als nach einem kurzen Nickerchen erhob Liam sich von seinem Stuhl. Ihre Gabe war offensichtlich magisch. Und sein Herz stand in Flammen.
Bewundernd blickte er in ihr wunderschönes Gesicht. „Das war bemerkenswert. Die Schmerzen sind vollkommen verschwunden. Ihr besitzt Zauberhände.“
„Dankeschön“, meinte sie mit einem Lächeln. Sie errötete und überlegte, weshalb sie sich an ihre Fähigkeit erinnert hatte. „Wollen wir jetzt gehen?“
Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Frauen um drei junge Damen mit einer mehr als zweifelhaften Vergangenheit handelte. Erin gestand sich ein, dass sie mit der Art, wie sie ihren Lebensunterhalt bestritten, nicht einverstanden war. Da die Frauen sie jedoch herzlich begrüßten, sah sie keine Veranlassung, sich ihre Missbilligung anmerken zu lassen. Stattdessen plauderte sie mit ihnen über den Alltag im Lager, nachdem Liam sie alleine gelassen hatte.
Von den Frauen erfuhr sie schließlich Liams vollen Namen. Einen Moment glaubte sie, sich an ein Detail eines Zusammentreffens mit Liam vor ihrem Unfall erinnern zu können. Sie sah ihn vor sich, wie er sie in Siegerpose hämisch angrinste. Erins Gefühle bei diesen Bildern waren am besten als unangenehm zu bezeichnen. Doch diese Szene verschwamm schnell vor ihrem inneren Auge.
Recht schnell erkannte Erin, dass die Frauen kein Wissen von der Zubereitung komplizierter Mahlzeiten besaßen. Sie selbst war sich nicht im Klaren darüber, ob sie in ihrem früheren Leben gelernt hatte, wie man richtig mit Fleisch, Gemüse und Kräutern umging. Als sie vor dem Feuer stand, übernahmen ihre Hände jedoch die Arbeit wie von selbst. Erin kochte, buk und dünstete mit Hilfe ihrer neuen Freundinnen, und bald roch es im ganzen Lager nach den leckeren Speisen.
Mittags versammelten sich die Männer neugierig um den Herd. Das Essen wurde aufgetragen, und die Männer machten sich gierig darüber her. Sie schienen froh, endlich wieder eine ausgiebige Mahlzeit zwischen die Zähne zu bekommen. Selbst Liam lobte Erins Kochkünste, bevor er zu seinen vernachlässigten Aufgaben zurückkehrte.
Erins Euphorie verschwand, als sie einen Blick auf die Tische warf, die die Männer gerade verlassen hatten. Dort türmten sich dreckige Teller und Besteck. Sie zeigte sich wohl alleine für die Entfernung des Chaos‘ zuständig, denn die anderen Frauen waren „anderweitig beschäftigt“.
Worin ihre Beschäftigung bestand, wurde Erin rasch klar. Sobald die Männer das Essen beendet hatten, beobachtete Erin, wie sie mit breitem Grinsen knobelten. Daraufhin kamen drei der Kerle auf die Frauen und sie zu und blieben beinahe verlegen stehen. Erin konnte sich ihr Verhalten nicht erklären. Die Frauen reichten den dreien schließlich ihre Hände. Dann verschwanden die Paare in drei Zelten.
Erin billigte nicht, worum die Männer gewürfelt hatten. Doch sie konnte es den Männern nicht ankreiden. Sie mussten ihre Vergehen lediglich mit ihrem Gewissen und ihren Frauen vereinbaren können. Dennoch hatte es ihr einen kleinen Stich versetzt. Die Männer schienen sie nicht zu bemerken. Nay, sie wäre mit keinem mitgegangen, aber dennoch … Vielleicht wenn Liam …
Entsetzt schüttelte sie den Kopf. Nur daran zu denken, war aus ihrer Sicht bereits verwerflich.
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