Im Wirbel der Gefuehle
doch es gab einen beachtlichen Ansturm auf Wein und Hochprozentiges mit Eis. Die Kinder, die nach alter Tradition bei französischen Plantagenfesten nie fehlen durften, wurden aufsässig und laut, denn die angespannte Stimmung übertrug sich auch auf den Nachwuchs, sodass unweigerlich die Nerven der Eltern aufs Äußerste strapaziert wurden.
Der Regen ließ schließlich etwas nach und hörte bald ganz auf. Die Gäste, die sowieso nicht vorgehabt hatten, über Nacht zu bleiben, brachen langsam auf. Die engagierten Musiker sammelten ebenfalls ihre Instrumente ein, stiegen in ihren Wagen und fuhren zurück in die Stadt. Um Mitternacht waren nur noch die Fechtmeister, ihre Frauen und Kinder übrig, alle anderen hatten die Feier frühzeitig verlassen.
Nachdem der Abend keine weiteren Zerstreuungen bot, zogen sich nach und nach alle auf ihre Zimmer zurück. Die kleineren Kinder wurden im oberen Flur schlafen gelegt, und die schon älteren Burschen zogen sich auf ihre Lager auf der hinteren Veranda zurück. Auch die Schlafzimmertüren wurden eine nach der anderen geschlossen, und die Ehepaare begaben sich ebenfalls zu Bett. Bald glimmte auch kein Licht mehr unter den Türschlitzen hervor, und das Leben auf River’s Edge kam zur Ruhe. Reine kontrollierte noch einmal, ob es Marguerite gut ging, und zog das Moskitonetz, das um ihr provisorisches Bettchen gespannt war, enger zusammen, damit keine Lücke entstand. Danach warf sie noch einen letzten Blick auf ihre Mutter, die wie aufgebahrt schlief, und suchte sich schließlich eine Decke, um sich irgendwo hinlegen zu können.
Im Schlafzimmer herrschte nun völlige Stille, nur eine Kerze flackerte in einer Sturmlaterne auf dem Nachttisch. Ihre Mutter schlief friedlich hinter dem Vorhang des Moskitonetzes. Sie trug die Haare offen und hatte die Hände vor der Brust gefaltet. Die ganze Anspannung der letzten Stunden war von ihren Gesichtszügen gewichen, der Schlaf tat ihr gut, und das Laudanum, das Reine heimlich in ihren Kräutertee gemischt hatte, zeigte seine Wirkung. Friedlich schnarchte sie vor sich hin.
Hinter Reine öffnete sich leise knarzend die Tür. Es war ihr Vater, der zunächst auf der Schwelle innehielt, dann aber doch eintrat. »Sie sieht entspannt aus, nicht wahr? Besser, als sonst oft.«
Ihre Blicke begegneten sich stumm, bevor sie sagte: »Ich habe gerade genau das Gleiche gedacht.«
»Würdest du vielleicht bei ihr bleiben, nur für den Fall, dass sie aufwacht und noch einen ihrer Kräutertees braucht? Du weist doch am besten, wie sie ihn gerne hat.«
»Du meinst, ich soll hier schlafen?« Sie deutete auf den freien Teil des Doppelbettes.
»Ja, ja natürlich, denn in das Hochzeitszimmer kannst du ja jetzt sowieso nicht. Du musst dir keinen Stuhl zum Schlafen suchen oder dich in irgendeine Ecke zusammenkauern, vor allem nach dem, was du heute Abend durchgemacht hast. Ich muss selbst gestehen, dass ich mich ganz schön mitgenommen fühle, wie muss es dir da erst ergehen.«
Jetzt, wo er es ansprach, spürte sie die volle Last der Müdigkeit in den Gliedern, sie war so erschöpft, dass sie kaum noch vernünftig denken konnte. Sie nickte kurz und stimmte dem Vorschlag ihres Vaters zu.
»Wo willst du dann schlafen?«
»Ich werde es mir bei Paul und Nathaniel auf der Veranda bequem machen. Vinot ist auch da, weißt du, er muss ja noch wegen dieser bevorstehenden Zusammenkunft einige Vorbereitungen treffen.«
»Bist du dir sicher?«, fragte sie voller Zweifel.
»Absolut, auch wenn man sagt, dass die Nachtluft schädlich sei, daran glaube ich aber nicht. Früher, als ich noch ein Junge war, haben wie oft draußen geschlafen, wenn es heiß war. Die Abwechslung wird mir sicher gut tun.«
Sie ging spontan auf ihn zu, legte die Arme um ihn und küsste ihn auf die Wange.
»Du bist ein alter Gauner, dein Bett werde ich nicht benutzen, aber trotzdem danke für das Angebot.«
»Bitte cherie. Es wäre mir wirklich viel leichter ums Herz, wenn du neben deiner Mutter wachen würdest.«
Nach einigem Hin und Her war Reine schließlich zu erschöpft, um weiter widersprechen zu können. Ihr Vater zog sich im Ankleideraum um, legte sein Nachthemd an und hängte sich noch seinen Morgenmantel über die Schultern. Er nahm ein extra Kissen unter den Arm, wünschte ihr fröhlich eine gute Nacht
und entschwand durch den Flur. Reine zog sich aus und schlüpfte in eines der Nachthemden ihrer Mutter, dann pustete sie die Lampe aus und kletterte hinter das Moskitonetz in das
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