Im Wirbel der Gefuehle
Demeter, bückte sich aber trotzdem nach der Waffe, um sie ihr zu reichen. »Sie werden ihn nur verärgern.«
»Der weiß doch gar nicht, was Arger bedeutet«, er-widerte sie grimmig, während sie sich über das Bettchen beugte. Mit ein paar präzise geführten Schnitten säbelte sie die Fesseln ihres Kindes auf. Sie war so aufgebracht, dass sie die Kraft verspürte, mit bloßen Händen das ganze Bettgestell auseinanderreißen zu können.
Nach getaner Arbeit lehnte sie den schweren Kavalleriesäbel an die Gitterstäbe des Bettes und befreite Marguerite von den herunterhängenden Tuchfetzen, die ihre Fesseln bildeten. Dann schnappte sie sich die Kleine an der Hüfte, hob sie hoch und nahm sie ganz fest in die Arme. Tröstend wiegte sie das völlig verängstigte Kind hin und her, wobei sie sich nicht sicher war, ob sie diese mütterliche Bewegung nur machte, um ihre Tochter zu beruhigen oder auch, um ihre eigene Aufgewühltheit in den Griff zu bekommen.
»Oh, Madame«, fing Demeter in einem weinerlichen Ton wieder an. »Sie wissen ja gar nicht, was Sie da getan haben.«
Reine reagierte nicht darauf. Mit Marguerite, die ihre Arme um den Hals ihrer Mutter geschlungen hatte und ihre Beine um deren Hüfte, schritt Reine schnurstracks durch den heruntergekommenen Raum auf die Tür zu. Von dort aus durchquerte sie den angrenzenden Salon mit den gespenstisch anmutenden Leintüchern, die über die Möbel ausgebreitet waren und der aufgrund der geschlossenen Fensterläden unheimlich düster wirkte. Während sie geradewegs auf den dunklen Treppenaufgang zuging, legte sie sich die klammernde Marguerite seitlich auf ihre Hüfte, sodass sie besser gehen konnte.
Wie ein Dämon aus der Hölle tauchte Theodore plötzlich aus der Dunkelheit von unten über der Trep-pe auf. Ein grimmig böses Lächeln spielte um seinen Mund. »Wohin des Weges, ma chere!«
Sie blieb wie angewurzelt stehen. Er jedoch schritt, ohne innezuhalten, auf sie zu. Reine schaute angsterfüllt und Hilfe suchend umher, ob es einen Ausweg gäbe. Von dem Salon, wo sie nun in der Falle saß, ging noch eine weitere Treppe wieder hinunter, jedoch befand sich der Zugang draußen auf der Galerie und die Flügeltüren, die dort hinausführten, waren von innen mit Läden verschlossen. Sie hätte keine Chance gehabt, diese zu öffnen, ohne dass er ihrer nicht habhaft würde.
»Ich habe Ihnen gesagt, dass er es nicht mögen würde«, murmelte Demeter vor sich hin und zog sich vorsichtig entlang der Wand in eine Ecke des Raumes zurück.
Reine nahm sie nur aus den Augenwinkeln wahr, richtete dann aber wieder ihre Aufmerksamkeit ganz auf Theodore und schritt energisch auf ihn zu. »Geh mir bitte aus dem Weg«, sagte sie mit Nachdruck. »Ich nehme Marguerite mit zu mir nach Hause.«
Er lachte nur. »Warum solltest du das tun, wo ihr beide doch dort seid, wo ihr hingehört?«
Seine Haare hingen ihm in klebrig feuchten Strähnen ins Gesicht, sein Hemd war durchgeschwitzt und seine Hosen voller Dreck. Aus einem tiefen Schnitt seitlich am Hals tropfte Blut. Sein ehemals weißer Kragen war rot verfärbt, und der Ärmel seines Hemdes wies eine rote Linie auf, die bis zum Handgelenk verlief. Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen und drückte ihre leise vor sich hinwimmernde Tochter enger an ihre Brust. »Es scheint so, als ob du das Duell überlebt hast. Christien, ich meine Monsieur Lenoir, hat offensichtlich sein Wort gehalten und dich verschont. Es ist vorbei. Du kannst uns jetzt gehen lassen.«
»Was redest du da?« Er hob seine Schulter und drückte sie an die blutende Wunde am Hals. »Ich habe nichts davon gesagt, dass ich verletzt werden wollte. Das war nicht gemäß unserer Vereinbarung.«
»Dachtest du wirklich, dass er es zulassen würde, sich absichtlich erstechen zu lassen? So dumm kannst du ja wohl nicht sein.«
»Bist du sicher, dass er es nicht doch zugelassen hat?« Er lachte sie höhnisch grinsend an und versuchte, wieder sein Kinn gegen seine schmerzende Verletzung zu drücken. »Natürlich mit Ausnahme dieses kläglichen Verteidigungsversuches.«
Die Vorstellung, Christien wäre von Theodore erstochen worden, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Konnte es sein, dass er es nicht geschafft hatte, sich selbst zu verteidigen? Wo war er jetzt? Und wo waren die anderen, die Sekundanten, die Arzte, die Theodores Wunde hätten behandeln müssen? Hatten sie sich alle um Christien versammelt, als er zu Boden ging und Theodore sich selbst überlassen?
»Er
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