Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
und tiefdunklen Augen zu heiraten. Na ja, und mit unglaublich breiten Schultern und einer starken Hand, die einen Degen halten konnte. Nachtfalke, wie wild und unzivilisiert das klang. Trotzdem sah man etwas Weiches in seinen Augen, einen Schatten von Traurigkeit, wenn er von seinen verstorbenen Angehörigen sprach, und auch ein Gefühl der Einsamkeit, das sie gut nachempfinden konnte.
    Einschlafen konnte sie jetzt nicht mehr. Sie drehte sich um, schob ihr Kissen immer wieder hin- und her und seufzte, doch die Minuten vergingen quälend langsam, wie auf der Uhr über dem Kaminsims abzulesen war. Sie schlang erneut die Arme um ihr weiches Kopfkissen, um Ruhe zu finden.
    Bei dieser Bewegung stieß sie mit ihrem Ehering an das Kopfteil des Bettes, was ein lautes Klacken hervorrief. Sie tastete im Dunkeln mit ihrer rechten Hand die Verzierungen und die geschwungenen Linie des goldenen Rings ab, der genauso gearbeitet war wie das Pendant, das Theodore einst trug. Sie zog ihn bedächtig von ihrem Finger ab.
    Sie würde Christien Lenoir heiraten und würde dieses Schmuckstück, welches sie als Theodores Ehefrau auswies, nicht mehr benötigen.
    Vorsichtig setzte sie sich auf, ohne dabei die schlafende Marguerite zu stören, zog das Mosquitonetz beiseite und glitt sachte aus ihrem Bett. Mit sicherem Schritt begab sie sich im Dunkeln zu ihrem Schminktisch und deponierte den Ring in einer Schale mit Haarnadeln. Sie würde ihn morgen früh wegschließen und als Erinnerung für ihre Tochter aufheben.
    Sie war gerade dabei, sich wieder zurück ins Bett zu tasten, als der große Jagdhund Chalmette vor dem Haus ein warnendes Bellen von sich gab. Nachdem sie sich mit einem besorgten Blick vergewissert hatte, dass Marguerite noch schlief, begab sie sich in das angrenzende Wohnzimmer. Dort zog sie langsam die beiden dicken Vorhänge beiseite, die die Schwingtüren zur Veranda bedeckten und öffnete den Türladen einen Spalt, um hinauszuspähen.
    Ein Reiter kam in gemächlichem Tempo vom Stall herüber, umrundete das Haupthaus und bog dann über die Auffahrt in Richtung Uferstraße ab. Sobald er diese erreicht hatte, wechselte er die Gangart und galoppierte davon.
    Den Mann konnte man zwar im fahlen Licht der Mondsichel nur als einen schemenhaften Schatten im Sattel erkennen, doch dies genügte Reine, um ihn eindeutig zu identifizieren. Es war unzweifelhaft ihr frisch angetrauter Bräutigam, der sich in einer zweifelsohne nicht redlichen Angelegenheit in aller Herrgottsfrüh davonstahl. Warum sollte er sonst wohl so zeitig aus dem Haus schleichen, darauf bedacht, niemanden zu stören oder aufzuwecken?
    Wohin war er bloß unterwegs? Vielleicht zu einer Frau, die lebhafter und entgegenkommender war als sie selbst? Zu einer geselligen Runde mit seinen Waffenbrüdern?
    Verzweiflung ergriff von ihr Besitz, und Reine spürte, wie sie am ganzen Körper zitterte. Sie schloss die Augen und lehnte ihren Kopf gegen die dicken Vorhänge, die sie mit ihrer Hand zusammenhielt. Es ging also wieder von vorne los, die Lügen, die Betrügereien, das heimliche Verschwinden und damit auch die schmerzende Einsamkeit. Sie hatte eigentlich mehr von Christien Lenoir erwartet, doch sie wusste auch nicht, warum. Vielleicht hatte sie das auch nur insgeheim gehofft.
    Konnte sie das alles noch einmal ertragen? War es ihr möglich, wieder diese schmierigen Ausreden zu hören, anstelle der Wahrheit? Würde sie wieder einfach nur lächeln und behaupten, dass alles in Ordnung wäre? Hielt sie es erneut aus, dass man ihr das Gefühl gab, unzureichend zu sein, weil ihr Ehemann amüsantere Gesellschaft vorzog?
    Das war das Schicksal der Frau, wurde ihr immer wieder gesagt. Männer waren eben Männer, n ’est pas?
    Sie brauchten einen Ausgleich und ein Ventil für ihre furchtbare, männliche Energie. Doch sie mussten auch immer wieder zu ihren Frauen zurückkehren, egal welchen Ablenkungen sie sich anderweitig hingaben, so sollte es sein, oder nicht? Und es war die Aufgabe der Frau, auf diesen Moment zu warten. Eine abgeklärte Frau suchte Trost und Vergnügen bei ihren Kindern und lernte es schätzen, wenn sie mal nicht ihren ehelichen Pflichten im Bett nachkommen musste.
    Die Antwort auf all diese Fragen war eigentlich furchtbar einfach, dachte Reine. Wenn die Ehe daraus bestand, einsam auf einen nicht zähmbaren Mann zu warten, warum dann überhaupt heiraten? Und tatsächlich war die Zeit nach dem Verschwinden von Theodore sehr viel friedlicher für sie. Von da an

Weitere Kostenlose Bücher