Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
nicht zurückgekehrt, als sich Reine zeitig am Morgen zum Frühstück hinunterbegab. Alle anderen Bewohner des Hauses schienen nach der gestrigen Aufregung noch tief zu schlafen. Sie setzte sich auf die untere Veranda und nahm ihre erste Mahlzeit des Tages, bestehend aus warmem Gebäck und cafe au lait, nur in Anwesenheit von Chalmette ein, der sich unter ihren Füssen zusammenkauerte. Sie aß sehr bedächtig, nippte ein wenig von dem heißen Getränk und sah über das Geländer hinweg den Eichhörnchen zu, wie sie die Bäume hoch- und runterjagten. Versonnen die Landschaft betrachtend, fütterte sie ab und zu den Hund mit einer Brotkruste, die dieser begierig aufschnappte und zwischen seinen weißen Zähnen verschwinden ließ. Vögel sangen in den Bäumen, Insekten summten, und von Ferne hörte man Stimmen hinter dem Haus.
    Nach einer Weile meditativer Betrachtung bemerkte sie plötzlich, dass sie unwillkürlich immer wieder auf etwas wartete, womöglich auf ein Geräusch von Hufgetrappel, das aus der Richtung der Hauptstraße am Fluss kommen müsste. Sie wartete auf Christiens Rückkehr.
    Kurz bevor die Schritte zu hören waren, knurrte Chalmette warnend. Das wohlbekannte Schlurfen näherte sich von der Rückseite des Hauses. Reine drehte sich nach dem Mann um, der jetzt um die Ecke bog und vor der Veranda, mit seinem Hut in der
    Hand, stehen blieb. »Monsieur Kingsley, guten Morgen.«
    »Vielleicht für andere«, brummte der auch als King bekannte Monsieur Kingsley missvergnügt vor sich hin. »Für mich sieht das gar nicht nach einem guten Morgen aus.«
    Er war von stämmiger Statur, mit breiten Schultern und einem wulstigen Nacken. Sein Bauch hing über den Gürtel, die sandfarbenen Haare klebten ihm ungewaschen am Kopf, und aus seinem breiten, nichtssagenden Gesicht blickten einem zwei graugrüne, ausdruckslose Augen entgegen. In diesem Moment strahlte er erst recht alles andere als Freundlichkeit aus.
    »Ich nehme an, Sie beziehen sich auf die Ankunft von Monsieur Lenoir.« Normalerweise hätte sie ihn vielleicht zu einer Tasse Tee auf die Veranda gebeten und mit ihm den letzten Aufguss aus ihrer Silberkanne geteilt, doch sie unterließ eine entsprechende Geste, da sein abstoßendes und streitsüchtiges Gehabe ihr keinesfalls willkommen war.
    »Ich hörte, dass sie ihn heiraten werden.«
    »Woher wissen Sie ... ? «
    Sie hielt inne und erinnerte sich an Alonzo, wie er letzte Nacht am Ende des Flurs im Halbdunkeln dabeistand und alles mitbekommen haben musste. Danach hatte er es sicherlich der Köchin erzählt, da sie seine Schwester war, und diese wiederum der Küchenhilfe. Letztere befand diese Neuigkeit bestimmt als zu aufregend, um sie für sich zu behalten, und hatte sie vielleicht während des Wasserpumpens am Brunnen oder bei sonstiger Gelegenheit anderen weitererzählt. Und natürlich waren sie alle neugierig, was mit River’s Edge passierte, warum auch nicht? Schließlich betraf sie alles, was sich in diesem Haus ereignete, in gleicher Weise.
    »Das spielt doch keine Rolle«, antworte Kingsley finster. »Mir scheint, das war recht überstürzt, oder?«
    »Sie vergessen sich, Monsieur«, wies sie ihn entschlossen zurecht. Gleichzeitig hielt sie Chalmette mit einer beschwichtigenden Handbewegung davon ab, wegzuspringen, da er bei dem lauteren Tonfall schon nervös wurde und drohend knurrte. Der treue Hund hatte sich nie mit dem Aufseher anfreunden können, genauso wenig wie mit Theodore.
    »Meinen Sie? Ich glaube eher, dass sie etwas vergessen, Madame Pingre.«
    »Das würde ich gerne, wenn ich nur könnte.«
    Er sah sie für einen langen Augenblick lang an und wandte dann seinen Blick kopfschüttelnd von ihr ab. »Wir können das beide nicht, keiner von uns. Was passiert ist, ist passiert. Die Sache ist nur die, wenn Sie heiraten, verkompliziert sich die Angelegenheit erheblich. Es sei denn, Sie haben ihm bereits von jener Nacht erzählt.«
    »Nein.«
    »Das habe ich mir schon gedacht. Worauf soll das also alles hinauslaufen?«
    »Die Verbindung wurde von meinem Vater eingefädelt«, sagte sie steif. »Ich habe keinen Einfluss darauf gehabt.«
    »Sie haben versucht, sich zu widersetzen, oder?«
    Sie weigerte sich, ein so unverschämtes Verhör weiter über sich ergehen zu lassen, und wunderte sich, wie es soweit kommen konnte. Bislang hatte sich der Aulseher ihr gegenüber immer respektvoll erwiesen, ja zuvorkommend. Das änderte sich auch nicht, als Theodore verschwand. Seit sie jedoch nicht mehr die

Weitere Kostenlose Bücher